- von Christian Krämer

Berlin (Reuters) - Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier reagiert auf die lautstarke Kritik von Branchenverbänden und kündigt weitere Hilfen für Unternehmen in der Corona-Krise an.

Es werde einen Härtefallfonds geben, sagte der CDU-Politiker am Dienstag in Berlin. Außerdem sollen auch große Konzerne Zugang zu den Überbrückungshilfen III bekommen, also Zuschüsse zu ihren Fixkosten im ersten Halbjahr 2021 erhalten. Eine klare Öffnungsperspektive nach Monaten des Lockdowns gibt es aber auch nach dem zweieinhalbstündigen Spitzengespräch von Altmaier mit mehr als 40 Verbänden nicht. Einige Verbände reagierten darauf mit scharfer Kritik, andere betonten, jetzt schnell gemeinsam Vorgaben zu erarbeiten.

Die Einzelheiten zum Härtefallfonds sollen in den nächsten Tagen mit dem Bundesfinanzministerium ausgearbeitet werden, wie Altmaier ergänzte. Ziel sei es, Unternehmen zu helfen, die bislang durch das Raster fallen. Regierungskreisen zufolge soll der Fonds ein Volumen von etwa zwei Milliarden Euro haben. Der Bund werde 1,5 Milliarden Euro beisteuern. Die Länder sollten den Fonds dann noch mit eigenen Beträgen aufstocken. Dazu gebe es mit ihnen Gespräche.

Bei der Überbrückungshilfe sollen auch Firmen mit Jahreserlösen von über 750 Millionen Euro Anträge stellen können. Davon dürften weniger als 100 Unternehmen profitieren, hieß es in Regierungskreisen. Bisher waren große Konzerne von diesen Hilfen ausgeschlossen, konnten aber andere Programme der Regierung nutzen, wie etwa die Lufthansa den Wirtschaftsstabilisierungsfonds.

Altmaier deutete baldige Besserungen für Unternehmen an, die zum Teil seit Anfang November zwangsweise geschlossen sind, um die Corona-Infektionszahlen zu drücken. "Wir haben die begründete Hoffnung, dass es für viele Bereiche eine Öffnungsperspektive beim nächsten Mal geben wird." Bund und Länder beraten Anfang März wieder über den Corona-Kurs. Altmaier schränkte allerdings ein, dass die Infektionszahlen weiter deutlich zurückgehen müssten. In der ARD hatte er zuvor bereits betont, dass der Gesundheitsschutz vorgehe. Es könne nur getan werden, was verantwortbar sei. "Die Wirtschaft kann nicht florieren, wenn wir eine dritte Welle an Infektionen bekommen."

"HAUSAUFGABEN NICHT GEMACHT"

Im Vorfeld der nächsten Bund/Länder-Runde will Altmaier die Vorstellungen der Wirtschaft bündeln. Dann werde sich zeigen, ob es einen Konsens gebe. Hygienekonzepte und zusätzliche Tests spielten eine große Rolle, um womöglich gleichzeitig öffnen zu können. Die Bundesvorsitzende der Jungunternehmer, Sarna Röser, sagte, es dürfe nicht nur auf Infektionszahlen geschaut werden. Auch die Auslastung der Intensivstationen und die Impfquote der Risikogruppe müssten berücksichtigt werden. "Wir haben keine Zeit mehr für Hinhalte-Taktiken." Auch in Altmaiers CDU ist der Corona-Kurs nicht unumstritten: "Es reicht eben nicht aus, immer nur an Inzidenzzielen herumschrauben", sagte der Chef der Mittelstandsunion, Carsten Linnemann, dem "Spiegel". "Damit verspielt man Vertrauen."

Der Verband der Familienunternehmer kritisierte, Altmaier habe seine Hausaufgaben nicht gemacht und deswegen keine eigene Öffnungsstrategie. Die FDP sprach von einem "Reinfall" und einer "therapeutischen Gesprächsrunde". Altmaier hätte schon längst einen Härtefallfonds vorlegen können - statt ihn nun anzukündigen. "Das reicht nicht, Altmaier muss endlich liefern", sagte der FDP-Fraktionsvize im Bundestag, Michael Theurer.

Das Treffen war auch eine Möglichkeit, die konkreten Probleme erneut zu schildern. "Die Not ist riesig", sagte beispielsweise Guido Zöllick vom Hotel- und Gaststättenverband Dehoga. Es gebe immer mehr Wut bei den Unternehmern. Hotels und Gaststätten seien sechs der vergangenen zwölf Monate geschlossen gewesen, viele Firmen kämpften um die Existenz. "Wir wollen arbeiten und keine Förderung des Staates entgegennehmen."

FORDERUNGEN BEREITS NACH HILFEN FÜR ZWEITES HALBJAHR

Die Tourismusbranche betonte, trotz Pandemie müsse die Wirtschaft mit geeigneten Konzepten arbeiten können. "Wir brauchen endlich eine politische Lösung, die mit und trotz Corona dauerhaft ein Maximum an öffentlichem Leben, Freizeit und Mobilität garantiert", so Michael Frenzel, der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Tourismuswirtschaft. "Dass sie auch ein Jahr nach Pandemie-Beginn noch immer fehlt, ist ein Skandal."

Der Reiseverband DRV beklagte, die Corona-Hilfen würden weiterhin nur schleppend ausgezahlt. "Vielen Unternehmen geht die Puste aus", sagte DRV-Präsident Norbert Fiebig. "Schon jetzt muss eine Verlängerung der Hilfen über Juni hinaus auf den Weg gebracht werden." Der Mittelstandsverband BVMW forderte eine schnelle Entbürokratisierung der Antragsverfahren sowie eine Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis Ende August. Das nächste Treffen müsse ein Mittelstandsgipfel im Kanzleramt sein.