Gutes Timing / Kommentar zur Lage der Fluggesellschaft Condor von Lisa
Schmelzer
Frankfurt (ots) - Die Fluggesellschaft Condor hat den Branchenkollegen einiges
voraus. Als Airlines nach Ausbruch der Coronavirus-Pandemie tief in die Krise
rutschten, befand sich Condor längst im Krisenmodus - ausgelöst durch die
Insolvenz der Muttergesellschaft Thomas Cook vor etwas mehr als einem Jahr.
Obwohl die Fluglinie wirtschaftlich gut dastand, musste sie unter einen
Schutzschirm flüchten, um sich dem Zugriff der Gläubiger der Mutter zu
entziehen.

Im Rückblick könnte man nun fast von gutem Timing sprechen. Denn unter dem
Schutzschirm, der Ende November verlassen wird, wurde ein strikter
Sanierungskurs eingeschlagen, der dem Unternehmen nun zugutekommt. Lufthansa und
andere werkeln noch an Sparmaßnahmen und ringen mit Gewerkschaften um
Zugeständnisse, das hat Condor längst abgearbeitet. Unter den deutschen Airlines
ist die Ferienfluggesellschaft derzeit sicher die mit der günstigsten
Kostenstruktur.

Nun soll der Neustart erst einmal ohne Investor gelingen, denn diesen - die
Mutterfirma der polnischen Lot - hatte die Coronakrise wenige Wochen nach der
Einigung in die Flucht getrieben. Auch das könnte sich am Ende als Segen
erweisen, denn nun kann Airline-Chef Ralf Teckentrup das Unternehmen ohne zu
viel lästige Einmischung von außen für die Zeit nach der Krise noch
wetterfester
machen. Finanziell abgesichert ist die Condor zunächst durch
Überbrückungsdarlehen der KfW im Volumen von 550 Mill. Euro. Geld wird angeblich
keines verbrannt, da nur geflogen wird, wenn das mindestens kostendeckend
möglich ist.

Nun hängt für die Condor und die gesamte Branche viel davon ab, wie es mit den
Reisebeschränkungen wegen der Coronavirus-Pandemie weitergeht. Viele hoffen,
dass es dank Schnelltests bald wieder möglich sein wird, mehr zu reisen, doch
noch hält die Politik an ihrem rigiden Quarantäneregime fest. Dabei sorgt nicht
das Reisen für die Verbreitung des Virus, sondern das Ignorieren von
Verhaltensregeln wie Abstand halten und Maske tragen.

Am Ende könnte Condor dann doch noch bei einem alten Bekannten landen. Denn wenn
die Wettbewerbsbehörden bereit wären, aufgrund der besonderen Umstände das ein
oder andere Auge zuzudrücken, könnte es doch noch zur Annäherung zwischen
Condor
und der ehemaligen Mutter Lufthansa kommen. Für die Lufthansa wäre auch die
anstehende Erneuerung der Condor-Langstreckenflotte kein großes Problem -
ausreichend Flugzeuge hat die deutsche Fluglinie bestellt und wird sie selbst
auf absehbare Zeit vermutlich nicht alle brauchen.

(Börsen-Zeitung, 23.10.2020)

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