Frankfurt (Reuters) - Die Börsen haben ihre durch Zinssenkungsfantasien ausgelöste Rally am Donnerstag zunächst nicht fortsetzen können.

Der deutsche Leitindex Dax verlor 0,2 Prozent auf 16.629 Punkte, der EuroStoxx50 gab 0,3 Prozent auf 4469 Zähler nach. Zuletzt hatte der Dax am Mittwoch mit 16.727,07 Punkten ein frisches Allzeithoch markiert. Seit Anfang November kommt er inzwischen auf ein Plus von mehr als zwölf Prozent.

Befeuert wurde die Aktien-Rally von der Erwartung schon bald sinkender Zinsen im Euro-Raum und in den USA. Viele Analysten halten diese Spekulationen jedoch für überzogen. "Die US-Notenbank Fed hat sicherlich keine baldigen Zinssenkungen vor, aber ihre künftigen Schritte sind von den Daten abhängig", sagte Joe Saluzzi, Manager beim Broker Themis Trading. Daher warteten die Investoren mit Spannung auf den für Freitag anstehenden offiziellen Arbeitsmarktbericht der US-Regierung.

In den USA hievte ein Kursanstieg bei der Google-Mutter Alphabet die Futures für die wichtigsten Indizes leicht ins Plus. Der Technologieriese hatte am Mittwoch ein neues Modell der Künstlicher Intelligenz (KI) vorgestellt.

ÖLPREISE GEHEN AUF ERHOLUNGSKURS

In Europa hatten sich in den vergangenen Tagen vor allem die Zinssenkungsfantasien mit Blick auf die Europäische Zentralbank (EZB) noch einmal verstärkt. Händler wetten angesichts der rückläufigen Inflationsdaten darauf, dass es bereits im März eine 85-prozentige Chance für eine geldpolitische Lockerung der EZB geben könnte. Gehe es nach den eingepreisten Hoffnungen der Anleger, dürfte die Notenbank die Zinsen im neuen Jahr insgesamt um 1,5 Prozentpunkte senken, sagte Jürgen Molnar von RoboMarkets. "Ob EZB-Direktorin Isabel Schnabel das allerdings meinte, als sie von einer nun unwahrscheinlich gewordenen, weiteren Zinserhöhung sprach, darf bezweifelt werden." Volkswirte rechnen nach einer Umfrage der Nachrichtenagentur Reuters mehrheitlich mit einer ersten Zinssenkung der EZB im zweiten Quartal des kommenden Jahres.

Am Ölmarkt erholten sich die Preise nach dem Sturz auf ein Sechs-Monats-Tief wieder etwas. Die Nordseesorte Brent und das US-Leichtöl WTI verteuerten sich jeweils um gut ein Prozent auf 75,19 und 70,20 Dollar je Fass. Es könne sich jedoch um eine kurzfristige Erholung handeln, sagte Tina Teng, Marktanalystin bei CMC Markets. Die Anleger sorgten sich weiterhin um die schleppende Nachfrage und den Konjunkturabschwung in den USA und China.

Bei den Einzelwerten kam eine geplante Restrukturierung beim Chemieriesen BASF bei Anlegern gut an. Die Aktie rückte um 2,3 Prozent vor. Das Agrarchemiegeschäft sowie das mit Batteriematerialien sollen aus der BASF SE herausgelöst und in rechtlich eigenständige Einheiten überführt werden.

Gefragt waren auch Teamviewer mit einem Plus von zwei Prozent. Der Softwarekonzern hat kurz nach Abschluss eines Aktienrückkaufs den Kauf von weiteren Anteilsscheinen im Volumen von 150 Millionen Euro angekündigt. Das vorangegangene Programm in gleicher Höhe war Ende November abgeschlossen worden.

Bergab ging es dagegen für viele Fluggesellschaften. Der Branchenindex verlor 1,2 Prozent. Die Analysten von JP Morgan nehmen zum Luftfahrtsektor eine vorsichtigere Haltung ein. Vor dem Hintergrund eines schwächeren Wirtschaftswachstums sei es möglich, dass große Kapazitätsausweitungen die Renditen drückten. Die Bewertung der Lufthansa-Titel senkten die Experten auf "Underweight" von "Overweight". Die Lufthansa-Aktien sackten um 3,6 Prozent ab. Die ebenfalls heruntergestuften Titel von Air France-KLM verloren 5,5 Prozent.

(Bericht von Daniela Pegna, Anika Ross und Zuzanna Szymanska, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)