"Die Investoren gehen aktuell davon aus, dass die US-Notenbank Fed im Dezember an der Zinsschraube drehen wird", sagte Jochen Stanzl, Analyst des Online-Brokers CMC Markets. "Das stärkt den US-Dollar, schwächt den Euro und macht damit europäische Aktien gegenüber ihren US-Pendants attraktiver."

Enttäuschende Ausblicke von Konzernen wie Daimler verdarben Aktienanlegern allerdings die Kauflaune. Dax und EuroStoxx50 schlossen jeweils kaum verändert bei 10.710,73 und 3077,65 Punkten. Der Euro verbilligte sich um mehr als einen halben US-Cent auf 1,0862 Dollar. Dadurch werden Waren einheimischer Firmen auf dem Weltmarkt wettbewerbsfähiger. Am Donnerstag hatte EZB-Chef Mario Draghi einer baldigen Drosselung der Wertpapierkäufe eine Absage erteilt. Das sogenannte Tapering werde erst 2017 oder danach ein Thema, betonte Andrew Bosomworth, Portfoliomanager des Vermögensverwalters Pimco. Derzeit pumpt die Europäische Zentralbank (EZB) monatlich 80 Milliarden Euro in die Finanzmärkte, um die Konjunktur anzukurbeln.

DAIMLER UND GE ENTTÄUSCHEN - SAP UND MICROSOFT ERFREUEN

Ernüchternde Nachrichten von den Unternehmen überschatteten aber die Erleichterung über eine Fortsetzung des sogenannten Quantitative Easing (QE). Zwar hätten einige Firmen mit ihren Zwischenbilanzen die recht hohen Markterwartungen übertroffen, sagte Susan Joho, Ökonomin der Bank Julius Bär. "Aber die Realität sieht ernüchternder aus: die Vorhersagen der Unternehmen sind schwach."

Als Beispiel hierfür gilt Daimler. "Die Zahlen waren super, aber der Ausblick dämpft", sagte ein Börsianer. Der Autobauer fuhr im abgelaufenen Quartal zwar ein Rekordgewinn ein. Wegen des schwächelnden Lkw-Geschäfts schraubte er seine Gesamtjahresziele aber zurück. Seine Aktien gaben daraufhin als Dax-Schlusslicht 2,1 Prozent nach. Auch Siemens-Rivale General Electric (GE) schraubte trotz Zuwächsen im Quartal seine Umsatzprognose herunter. Die des US-Mischkonzern gaben 1,9 Prozent nach. Vor diesem Hintergrund büßte der US-Standardwerteindex Dow Jones bei Handelsschluss in Europa 0,5 Prozent ein.

SAP entzückte hingegen mit einer leichten Anhebung seiner Gewinn-Prognose. Das Wachstum im Lizenzgeschäft lege nahe, dass der Software-Konzern die Erwartungen dort künftig übertreffen könne, urteilten die Experten der Baader Bank. SAP-Titel legten um 3,4 Prozent zu. An der Wall Street verteuerten sich Microsoft zeitweise sogar um 5,6 Prozent auf ein Rekordhoch von 60,45 Dollar. Wie SAP profitierte das weltgrößte Software-Haus vom Trend zu Internet-basierten Angeboten, dem sogenannten Cloud-Geschäft.

FUSION ZWEIER ZIGARETTEN-MULTIS - PORTUGAL IM BLICK

Daneben sorgte die geplante Übernahme von Reynolds durch British American Tobacco (BAT) für Gesprächsstoff. Der britische Anbieter von "Lucky Strike"-Zigaretten will den "Camel"-Hersteller aus den USA für 47 Milliarden Dollar übernehmen. Analyst Owen Bennett von der Investmentbank Jefferies wertete den Deal positiv. "Dann wird mehr als 40 Prozent des BAT-Gewinns aus den USA kommen, statt bislang weniger als 20 Prozent." BAT-Titel konnten ihre Anfangsgewinne dennoch nicht halten. Mit einem Minus von 2,9 Prozent waren sie Schlusslicht im Londoner Auswahlindex FTSE. An der Wall Street stiegen Reynolds um knapp 20 Prozent auf ein Rekordhoch von 56,55 Dollar und steuerten damit auf den größten Tagesgewinn der Firmengeschichte zu.

Am Anleihemarkt warteten Anleger gespannt auf die Entscheidung der Rating-Agentur DBRS zur Kreditwürdigkeit Portugals. Sollten die Bonds das Landes das Gütesiegel "Investment Grade" verlieren, würden sie aus dem EZB-Ankaufprogramm herausfallen. Die Rendite der zehnjährigen Titel lagen mit 3,192 Prozent in Reichweite ihres am Vortag markierten Sechs-Wochen-Tiefs.