Kommentare, Einschätzungen und Entwicklungen zur Energieversorgung und -sicherheit in Deutschland:


Söder hält Machtwort des Kanzlers "für eine reine Scheinlösung" 

CSU-Chef Markus Söder hat das Machtwort des Kanzlers im Streit um die Laufzeit der Atomkraftwerke als "eine reine Scheinlösung" verurteilt. Es komme "zu spät" und sei "in der Sache viel zu wenig", sagte Söder der Süddeutschen Zeitung. Deshalb verschaffe das Machtwort "der Ampel lediglich eine Atempause". Das Problem sei nur vertagt, spätestens im März werde man wieder vor denselben Problemen stehen. Nach Ansicht Söders werde der Strom aus den Akw länger benötigt werden. "Anstatt endlich die notwendigen Entscheidungen zu treffen, geschieht in der Koalition alles immer nur scheibchenweise und deutlich zu langsam", klagte der bayerische Ministerpräsident.


Scholz: Am 15. April ist mit Atomkraft in Deutschland Schluss 

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat einem Weiterbetrieb der drei noch laufenden Atomkraftwerke über den 15. April hinaus eine Absage erteilt. "Am 15. April ist mit den Atomkraftwerken in Deutschland Schluss, und deshalb wird es auch keine neuen Brennelemente mehr geben, die irgendwie für deutsche Kraftwerke hergestellt werden", sagte er. Die drei Akw sollten nächstes Jahr weiterlaufen, "soweit das die jeweiligen Kapazitäten überhaupt hergeben". Vielleicht sei "der eine schon am 20. März zu Ende und der andere schafft es bis zum 15. April - das hängt davon ab, was noch in den Brennstäben drin ist".


Merz: Scholz' Machtwort in Atomstreit löst nicht Versorgungsproblem 

Unionfraktionschef Friedrich Merz (CDU) hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) vorgeworfen, mit seinem Machtwort im Atomstreit lediglich die Beilegung des Koalitionskonflikts im Blick gehabt zu haben, nicht aber die angespannte Energielage. "Es löst nicht das Versorgungsproblem für Deutschland. Die privaten Haushalte, die Betriebe warten seit Monaten auf konkrete Hilfen", kritisierte Merz vor der Sitzung der CDU/CSU-Bundestagsfraktion. Zwar sei die Koalition aus SPD, Grünen und FDP aktuell wohl noch nicht am Ende, aber die Ausübung der Richtlinienkompetenz durch Scholz zur Herstellung der Koalitionsdisziplin sei nur noch durch eine Vertrauensfrage des Bundeskanzlers im Bundestag zu toppen.


Lindner: Akw-Weiterbetrieb "gute Entscheidung" 

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) sieht in der Entscheidung zum Betrieb dreier Atomkraftwerke bis ins Frühjahr 2023 "ein ganz klares Preissignal", weil nun 1,7 Terrawatt zusätzlicher Strom aus dem Akw Emsland zur Verfügung stehe. "Das reduziert die Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger, und ist deshalb eine gute Entscheidung", sagte Lindner dem Nachrichtensender Welt. Zudem arbeite die Regierung "unter Hochdruck auch an Lösungen für den Winter 2023 und 2024". Lindner wollte sich aber nicht auf die Möglichkeit einer weiteren Laufzeitverlängerung festlegen. Er rate davon ab, die Debatte "über das, was noch irgendwann kommen könnte", zu eröffnen, denn man kenne die Rahmenbedingungen noch nicht. Auch FDP-Fraktionschef Christian Dürr sprach in einem Statement von einer "richtigen Entscheidung". Nötig seien stabile Energienetze.


Grünen-Fraktionsspitze wirbt um Zustimmung zu Scholz' Atomkurs 

Die Spitze der Grünen-Bundestagsfraktion hat an ihre Abgeordneten appelliert, den Vorschlag von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zur Schlichtung des Atomstreits zu unterstützen. Der Bundeskanzler habe seine Richtlinienkompetenz ausgeübt und daher sollte man inhaltliche Vorbehalte hinten anstellen, wie Grünen-Fraktionschefin Britta Haßelmann erklärte. Sie erwartet, dass ihre Fraktion bei ihrer Sitzung den Vorschlag für den von Scholz angeordneten Leistungsbetrieb der Kernkraftwerke Isar 2, Neckarwestheim 2 sowie Emsland über den 31. Dezember hinaus bis längstens zum 15. April 2023 trotz Kritik unterstützen wird.


Video zeigt Ausmaß der Zerstörung an Nord Stream 1 

Unterwasseraufnahmen haben erstmals das volle Ausmaß der Zerstörungen an der Pipeline Nord Stream 1 durch eine Explosion Ende September veranschaulicht. Auf von der Zeitung Expressen veröffentlichten Videos war zu sehen, dass mindestens 50 Meter der Gasleitung zerstört oder unter dem Meeresboden begraben wurden. Die am Montag in 80 Metern Tiefe gefilmten Aufnahmen zeigten unter anderem große Risse und verbogenes Metall. Trond Larsen, Drohnenpilot der norwegischen Firma Blueye Robotics, sagte zu Expressen, nur "extreme Gewalt kann solch dickes Metall auf diese Weise verbiegen". Es sei zudem "eine sehr große Auswirkung auf den Meeresgrund" um die Pipeline zu sehen gewesen, ergänzte Larsen, der die Unterwasserdrohne für die Aufnahmen lenkte. Die dänische Polizei erklärte unterdessen, ihre Untersuchungen der Pipelines Nord Stream 1 und 2 in der dänischen Wirtschaftszone hätten bestätigt, dass die Zerstörungen "durch starke Explosionen verursacht" worden seien. Die Polizei kündigte an, ein gemeinsames Ermittlungsteam mit dem dänischen Geheimdienst PET zu bilden. Es sei aber noch zu früh zu sagen, ob bei den Ermittlungen eine internationale Kooperation mit Schweden und Deutschland möglich sei.


Habeck kann mit Scholz-Machtwort im Atomstreit "gut leben" 

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat sich hinter das Machtwort von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Atomstreit gestellt. "Ich kann mit diesem Weg gut leben", sagte Habeck in den ARD-Tagesthemen. Zuvor hatte Scholz in einem Brief an die Minister des Bundesumweltministeriums, des Bundeswirtschaftsministeriums und des Bundesfinanzministeriums entschieden, dass die verbliebenen drei deutschen Atomkraftwerke bis zum 15. April 2023 im Streckbetrieb bleiben sollen. Habecks Parteikollege Jürgen Trittin sieht die Koalition hingegen nach der Entscheidung des Bundeskanzlers einem "extremen Stresstest" ausgesetzt, wie er am Morgen im Deutschlandfunk sagte.


Netzagentur-Chef lobt "klugen Kompromiss" im Akw-Streit 

Nach dem Machtwort von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu den Akw-Laufzeiten dringt der Chef der Bundesnetzagentur, Klaus Müller, auf den Erneuerbaren-Ausbau. "Alle Kraft muss jetzt auf den Ausbau der Erneuerbaren Energien und den Netzausbau gerichtet werden", sagte Müller der Funke-Mediengruppe. "Klar begrenzte Weiternutzung der Atomkraftwerke, ein ambitioniertes Energieeffizienzgesetz, Kohleausstieg in Westdeutschland bis 2030 und Gaskraftwerke, die auf Wasserstoffnutzung vorbereitet werden. Das ist insgesamt ein kluger Kompromiss für die Versorgungssicherheit." Hingegen erklärte die Geschäftsführerin beim Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, Antje von Broock, die Kanzler-Entscheidung wirke "nur auf den ersten Blick wie eine notwendige Rettungsaktion" zum Winter. "In Wahrheit musste der Bundeskanzler seine Richtlinienkompetenz nutzen, um die vollkommen unsachlich argumentierende FDP auf Linie zu bringen."


Mützenich: Machtwort von Scholz im Atomstreit war "notwendig" 

SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich hat im Interview mit dem Deutschlandfunk das Machtwort von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im Atomstreit zwischen den Grünen und der FDP verteidigt und zugleich eingeräumt, dass es nicht das Mittel der ersten Wahl sei. Aber Scholz habe tagelang versucht, einen Kompromiss mit den beiden Koalitionspartnern, den Grünen und der FDP, zu finden. "Von daher war es jetzt notwendig, diese Entscheidung zu treffen", sagte Mützenich. "Die ist in der Tat nicht alltäglich und es ist auch nicht immer das Mittel der ersten Wahl." Es sei notwendig, die Frage des Streckbetriebs zeitnah zu klären.


Scholz spricht Machtwort - drei Atomkraftwerke laufen bis April 

Im Atomstreit der Ampel-Koalition hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ein Machtwort gesprochen: Alle drei noch am Netz befindlichen deutschen Atomkraftwerke sollen bis Mitte April 2023 laufen können, heißt es in einem am Montag veröffentlichten Schreiben von Scholz an das Bundeskabinett. Der Kanzler berief sich dabei auf seine Richtlinienkompetenz innerhalb der Bundesregierung. "Es wird die gesetzliche Grundlage geschaffen, um den Leistungsbetrieb der Kernkraftwerke Isar 2, Neckarwestheim 2 sowie Emsland über den 31.12.2022 hinaus bis längstens zum 15.4.2023 zu ermöglichen", heißt es in dem Schreiben von Scholz. Dies soll demnach durch weitere energiepolitische Maßnahmen ergänzt werden.


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October 18, 2022 10:45 ET (14:45 GMT)