Ittigen (awp) - Der Telekomkonzern Swisscom veröffentlicht am Donnerstag, 2. Mai, die Ergebnisse zum ersten Quartal 2024. Zum AWP-Konsens haben insgesamt sieben Analysten beigetragen.

Q1 2024E
(in Mio Fr.)    AWP-Konsens     Q1 2023A  
 
Umsatz           2734              2747          
EBITDA           1137              1164             
EBIT              544               573                
Reingewinn        417               442               
 

FOKUS: Das Geschäft der Swisscom dürfte im Startquartal in den üblichen Bahnen abgelaufen sein. Analysten rechnen mit einem leichten Rückgang bei Umsatz und Gewinn. Dabei dürfte das Geschäft in der Schweiz erodiert haben, während Fastweb in Italien gewachsen sein wird. Der Rückgang im Telekomgeschäft könnte durch höhere Geräteverkäufe teilweise kompensiert werden. Der Fokus wird nicht auf den Geschäftszahlen liegen. So erwartet man Aussagen der Swisscom-Spitze zur künftigen Expansion in Italien nach der Übernahme von Vodafone Italia sowie zu den Mehrkosten für den Glasfaserausbau nach der Weko-Verfügung (s. Pro Memoria). Ebenfalls von Interesse ist, ob die Swisscom die Weko-Verfügung ans Bundesverwaltungsgericht weiterzieht.

ZIELE: Für das laufende Jahr strebt der Telekomkonzern einen Umsatz von rund 11,0 Milliarden Franken an. Für Swisscom Schweiz ohne Fastweb wird mit einem Umsatz von rund 8,5 Milliarden Franken gerechnet, für Fastweb mit einem Umsatz von 2,6 bis 2,7 Milliarden Euro. Der Betriebsgewinn (EBITDA) soll mit 4,5 bis 4,6 Milliarden Franken leicht tiefer ausfallen als im Vorjahr. Dabei erwartet der Swisscom-Konzern ohne Fastweb einen EBITDA von rund 3,7 Milliarden Franken und Fastweb einen EBITDA von rund 0,9 Milliarden Euro. Die Investitionen sollen sich auf rund 2,3 Milliarden Franken belaufen. Bei Erreichen der Ziele will Swisscom auch für 2024 eine unveränderte Dividende von 22 Franken pro Aktie ausschütten.

An den bisherigen Ausbauzielen für das Glasfasernetz hält die Swisscom auch nach der Weko-Verfügung (s. Pro Memoria) fest: Bis Ende 2025 will die Swisscom die Glasfaserabdeckung auf 57 Prozent erhöhen, bis 2030 auf 75 bis 80 Prozent.

PRO MEMORIA: Mitte März gab die Swisscom die Übernahme von Vodafone Italia für 8,0 Milliarden Euro bekannt. Der Kauf wird vollständig mit Schulden finanziert. Vodafone Italien soll mit der Mailänder Swisscom-Tochter Fastweb zusammengelegt werden. Dadurch entsteht der zweitgrösste Telekomanbieter Italiens hinter dem Platzhirsch TIM mit einem kombinierten Umsatz von 7,3 Milliarden Euro und einem kombinierten Betriebsgewinn vor Abschreibungen und Amortisationen (EBITDA) nach Leasing von 2,4 Milliarden Euro.

Vodafone Italien und Fastweb ergänzen sich gut: Während Fastweb ein Breitbandnetz hat, steuert Vodafone Italien ein Mobilfunknetz bei. Mit dem Zusammenschluss von Fastweb und Vodafone Italien werden Synergien von jährlich 600 Millionen Euro ab dem Jahr 2029 erwartet. Auf der anderen Seite fallen einmalige Kosten von rund 700 Millionen Euro für die Integration an. Die Übernahme führt laut Swisscom zu einem deutlichen Wertzuwachs. Der Telekomkonzern will die Dividende von bisher 22 Franken auf 26 Franken ab dem Jahre 2026 erhöhen. Und in den Folgejahren soll die Dividende weiter steigen. Der Deal soll voraussichtlich im ersten Quartal 2025 abgeschlossen werden, wenn die Regulatoren zustimmen. Eine Zustimmung der Swisscom-Aktionäre ist dagegen nicht erforderlich.

Die Ratingagentur Moody's wird das Emittenten-Rating für Swisscom von "A1" möglicherweise senken. Sie hat das Rating nach dem Vodafone-Deal in den Status "Review" hinsichtlich einer Abstufung versetzt. Auch die weiteren Ratings von Swisscom und deren Tochtergesellschaft Swisscom Finance B.V. werden auf eine mögliche Senkung überprüft. Zuvor lautete der Ausblick "stabil". Die 8-Milliarden-Übernahme von Vodafone Italien verschlechtere die Kredit-Schlüsselzahlen der Swisscom materiell, so Moody's. Im Vergleich zu früher werde damit die Finanzierungspolitik der Swisscom weniger konservativ.

Die Swisscom hat vergangene Woche im Glasfaserstreit eine Busse von der Wettbewerbskommission (Weko) erhalten. Die Kartellwächter halten die Bauweise des Glasfasernetzes für wettbewerbswidrig und haben den Telekomkonzern eine Strafzahlung von 18,4 Millionen Franken aufgebrummt. Im Dezember 2020 hatten die Wettbewerbshüter den Glasfaserausbau der Swisscom mit vorsorglichen Massnahmen gestoppt. Die von der Swisscom geänderte Netzarchitektur mit nur einer Zuleitung von der Telefonzentrale bis zum Strassenschacht verstösst laut Weko gegen das Kartellrecht. Die Wettbewerbskommission pocht auf einen Ausbau mit einer Zuleitung für jeden Haushalt. Allerdings ist diese Bauweise teurer, als nur eine Zuleitung von der Telefonzentrale bis zum Strassenschacht vor den Häusern zu verlegen. Die Swisscom hat aus Kostengründen die billigere Variante gewählt und trotz des Vetos der Weko lange daran festgehalten. Im Oktober 2022 hatte die Swisscom dann die Kehrtwende vollzogen. Denn der Druck durch eine halbe Million blockierte Anschlüsse, die nicht in Betrieb genommen werden dürfen, wurde zu gross. Nun baut der Konzern wieder Direktleitungen von der Telefonzentrale bis zu den Haushalten. Zudem hat der "blaue Riese" zehntausende blockierte Anschlüsse umgebaut und dadurch mit Direktleitungen versehen. Die Höhe der Mehrkosten wollte die Swisscom nicht beziffern. Der Konzern prüft einen Rekurs gegen den Weko-Entscheid vor Bundesverwaltungsgericht.

Das Bundesgericht hat vor zwei Wochen eine Beschwerde der Swisscom gegen einen Entscheid der Wettbewerbskommission (Weko) gutgeheissen. Die Weko hatte die Swisscom 2015 wegen einer Kartellrechtsverletzung bei einer Ausschreibung der Post mit über 7 Millionen Franken gebüsst. Das höchstinstanzliche Gericht hob ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts auf, welches den Weko-Entscheid weitestgehend bestätigt hatte. Wie aus dem Bundesgerichtsurteil hervorgeht, hatte Swisscom beim Zuschlag für ein Netzwerk der Post zwar eine marktbeherrschende Stellung. Sie erzwang aber weder gegenüber der Konkurrentin Sunrise noch gegenüber der Post unangemessene Preise. In beiden Fällen fehlte das Element des Erzwingens. Bei der Preisfestsetzung für Vorleistungsprodukte, auf welche Sunrise angewiesen war, verhielt sich Swisscom gemäss dem Bundesgericht korrekt. Zudem sei nicht erwiesen, dass die Preise unangemessen oder krass überhöht waren.

Ausserdem hat das Bundesgericht die Beschwerde der drei Telekommunikationsunternehmen Swisscom, Salt und Sunrise gegen das Baureglement der Gemeinde Sufers GR teilweise abgewiesen. Mit diesem Entscheid präzisiert es die Kompetenzen von Gemeinden in diesem Bereich. Das Ende November 2019 im Rahmen der Gesamtrevision der Ortsplanung verabschiedete Baugesetz von Sufers sieht vor, dass der Bau und die Erweiterung von Antennen auf ein Minimum beschränkt werden müssen. Gutgeheissen hat das Gericht eine Beschwerde von Salt, Sunrise und Swisscom in Bezug auf den Nachweis des Versorgungsbedarfs. Es schreibt, dass der Bau von Anlagen seit der Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes nicht mehr von einem staatlich festgestellten Versorgungsbedarf abhängig sei. Eine regulatorische Bestimmung sei deshalb nicht zulässig.

Eine Schadenersatzklage der Swisscom gegen Sunrise in Höhe von 90 Millionen Franken ist vom Tisch. "Wir haben uns in der Zwischenzeit mit der Swisscom geeinigt", sagte Sunrise-Chef André Krause im Interview mit der "Handelszeitung". Ob Geld geflossen ist, wollte er nicht sagen: "Wir haben Stillschweigen über die Details vereinbart." Die Swisscom hatte im Januar 2023 die Klage wegen eines Mobilfunk-Mitbenutzungsvertrags eingereicht, den der Kabelnetzbetreiber UPC mit der Swisscom abgeschlossen hatte, dann aber platzte, weil UPC von Sunrise übernommen wurde.

Mitte Februar hat die Swisscom einen Festnetz-Grossauftrag der Migros an Sunrise verloren. Der zweitgrösste Telekomanbieter hat vom Detailhändler den Auftrag zur Vernetzung von über 2000 Migros-Standorten und rund 2500 Filialen erhalten. Für Sunrise handelt es sich um den grössten Firmenauftrag der Konzerngeschichte. Zum Auftragsvolumen wollten Sunrise und Migros keine Angaben machen. Die Mobilfunkabos der Migros-Angestellten bleiben indes bei der Swisscom. Dagegen hat die Swisscom-Tochter Cablex vom Energieversorger BKW den Auftrag zum Auswechseln von 400'000 Stromzählern erhalten.

Die Swisscom baut künftig das Angebot an Versicherungen aus: Neben den bisherigen Versicherungen für Geräte und Cybersicherheit will der Telekomkonzern künftig auch Freizeitversicherungen, Hausrat- und Privathaftpflichtversicherungen oder Mietkautionsversicherungen vertreiben. Auch eine Motorfahrzeugversicherung, eine Zahlungsausfallversicherung und eine Tierversicherung ist geplant. Dazu arbeitet die Swisscom mit den Versicherungskonzernen Zürich Versicherungs-Gesellschaft, Axa sowie der Europäischen Reiserversicherung ERV zusammen. Angaben zur Grösse des Geschäfts machte die Swisscom nicht.

Die Swisscom hat die Löhne ab April um 1,9 Prozent gesteigert. Die Erhöhung kommt den rund 10'000 Angestellten des Telekomkonzerns zugute, die dem Gesamtarbeitsvertrag (GAV) unterstehen. Kaderleute erhalten weniger Aufschlag.

Die Swisscom und Ericsson haben Mitte April ihren Lieferantenvertrag verlängert. Ericsson wird damit für weitere drei Jahre die Hard- und Software für das Swisscom-Mobilfunknetz in der Schweiz liefern.

Anfang März hat die Swisscom Aktienmehrheit von Camptocamp übernommen. Das Unternehmen zählt zu den führenden Schweizer Entwicklern und Integratoren von Open-Source-Lösungen. Über finanzielle Details wie den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart.

AKTIENKURS: Die Aktien von Swisscom haben sich seit Jahresbeginn flach entwickelt, während sich der Gesamtmarkt (SMI) kaum verändert hat. Bereits im 2023 entwickelten sich die Titel unterdurchschnittlich.

ab/jb/ls