Washington/London (awp/dpa) - Trotz der Turbulenzen im Finanzsektor haben nach der US-Notenbank Fed auch andere Zentralbanken ihre Geldpolitik im Kampf gegen die hohe Inflation weiter gestrafft. Am kräftigsten an der Zinsschraube drehte die Schweizerische Nationalbank (SNB).

Die Hüter des Frankens erhöhten den SNB-Leitzins am Donnerstag um 0,5 Prozentpunkte auf 1,5 Prozent. Es war der vierte Zinsschritt in Folge. Letzten Sommer hatte die SNB die Zinsschraube mit einem Schritt um einen halben Prozentpunkt erstmals seit fünfzehn Jahren wieder angezogen.

Die jüngste Zinserhöhung sei "absolut notwendig" gewesen, sagte SNB-Chef Thomas Jordan am Donnerstag vor den Medien. "Je mehr sich die Inflation verfestigt, desto schwieriger wird es, sie zu bekämpfen."

Inflation hat angezogen

In der Tat hat seit der letzten geldpolitischen Lagebeurteilung der SNB im Dezember die Teuerung in der Schweiz wieder markant angezogen. Sie lag zuletzt mit 3,4 Prozent weiter klar über dem SNB-Zielband von 0 bis 2 Prozent.

"Inzwischen finden Preiserhöhungen auf breiter Basis statt", stellte Jordan fest. Der Inflationsdruck sei auch aufgrund sogenannter Zweitrundeneffekte nochmals angestiegen. Zudem sei es nicht auszuschliessen, dass zusätzliche Zinserhöhungen nötig würden, um die Preisstabilität in der mittleren Frist zu gewährleisten.

Die EZB hatte vergangene Woche trotz der Turbulenzen den Leitzins um 0,50 Prozentpunkte angehoben. Für die Zukunft legte sich die Notenbank angesichts der aktuell hohen Unsicherheit nicht fest.

Übrige Zinserhöhungen halb so gross

Die übrigen wichtigen Zentralbanken erhöhten den Leitzins lediglich um einen Viertel Prozentpunkt. Am Mittwoch hatte die Fed, deren Linie viele andere Notenbanken folgen, die Marschroute vorgegeben. Die Notenbank der grössten Volkswirtschaft der Welt erhöhte ihren Leitzins ebenfalls um 0,25 Prozentpunkte - er liegt nun in einer Spanne von 4,75 bis 5,0 Prozent.

Die Entscheidung war an den Märkten nach den Zusammenbrüchen mehrerer US-Banken in den vergangenen Wochen mit Spannung erwartet worden. Es ist die neunte Zinsanhebung in Folge. Mit dem Schritt setzt die Fed ihren Kampf gegen den Anstieg der Konsumentenpreise fort, nimmt aber von einer aggressiveren Zinspolitik Abstand, um die Märkte wegen der Unruhe im Bankensektor nicht zu sehr zu verunsichern.

Weitere Erhöhungen möglich

US-Notenbankchef Jerome Powell machte deutlich, dass die Fed die Zinsen falls nötig auch weiter anheben werde. Gleichzeitig erwarte man, dass die jüngsten Bankenausfälle die Nachfrage ausbremsen könnten und so einen ähnlichen Effekt wie Zinserhöhungen haben könnten.

"Das bedeutet im Prinzip, dass die Geldpolitik weniger Arbeit zu erledigen hat", sagte Powell. Im Moment gebe es aber noch eine grosse Unsicherheit. Hoffnungen von Anlegern auf baldige Zinssenkungen erfüllte die Federal Reserve (Fed) nicht. Die US-Börsen reagierten am Mittwoch mit deutlichen Kursverlusten, zum Handelsstart am Donnerstag ging es aber zunächst wieder nach oben.

Bank of England mit elftem Zinsschritt

Die Bank of England hob den Leitzins ebenfalls um einen Viertel Prozentpunkte auf 4,25 Prozent an, wie sie am Donnerstag in London mitteilte. Es ist bereits die elfte Zinserhöhung seit Ende 2021, als der Zins noch knapp über der Nulllinie lag.

Inzwischen hat der Zins einen 15-jährigen Höchststand erreicht. Höher war das Niveau zuletzt in der Finanzkrise 2008. Den künftigen Kurs liess die Bank of England aber weitgehend offen und kündigte für Mai eine umfassende Bewertung der Wirtschaftslage an.

Norwegen beendet Zinspause

Weiter hat die Notenbank von Norwegen ihre Zinspause beendet und den Leitzins im Kampf gegen die hohe Inflation wieder angehoben. Der Leitzins steige um 0,25 Prozentpunkte auf 3,00 Prozent, teilte die Zentralbank ebenfalls am Donnerstag mit. Die Notenbank machte deutlich, dass der Leitzins im Mai erneut angehoben werden könnte.

Mit der jüngsten Erhöhung erreichte der Leitzins in Norwegen den höchsten Stand seit 2009. Norwegens Notenbank hatte sich 2021 als eine der ersten Zentralbanken von der Nullzinspolitik verabschiedet und begonnen, die Leitzinsen anzuheben. Ab dem Mai 2022 wurde das Tempo der Zinserhöhungen deutlich erhöht. Seit vergangenen Dezember hatte die Notenbank aber vorübergehend eine Zinspause eingelegt.

jb/tv