Basel/Tokio (awp) - Der Pharmakonzern Roche überrascht den Markt kurz vorm Jahreswechsel mit einer Vielzahl von Nachrichten. Allen voran hat der Pharmakonzern einen positiven Studienerfolg zu vermelden. In einer Phase-III-Studie hat Roche mit seinem Mittel Emicizumab (ACE910) in der Behandlung von Patienten mit Hämophilie A, die gleichzeitig inhibitorische Antikörper gegen den Blutgerinnungsfaktor VIII entwickelt haben, den primären Endpunkt erreicht.

Wie Roche in der Medienmitteilung am Donnerstag berichtet, zeigen die Studienergebnisse bei jenen Patienten, die prophylaktisch mit Emicizumab behandelt wurden, gegenüber denen, die nicht behandelt wurden, eine statistisch bedeutsame Reduktion bei der Zahl der Blutungen. Die Studie habe zudem alle sekundären Endpunkte erreicht.

Eine der grossen Herausforderungen der Bluterkrankheit sei die Bildung von inhibitorischen Antikörpern gegen den Faktor VIII, wird Sandra Horning, Leiterin der globalen Produktentwicklung, in der Mitteilung zitiert. Daher sei die prophylaktische Wirkung von Emicizumab eine gute Nachricht für betroffene Patienten.

CHUGAI KOMMT MIT AVASTIN VORAN

Einen Schritt weiter ist auch die japanische Roche-Tochter Chugai gekommen. Sie hat für das Mittel Avastin vom japanischen Ministerium für Gesundheit, Arbeit und Soziales den "Orphan Drug Status". Die Behörde erteilt Avastin diesen Status in der Behandlung des malignem Mesotheliom des Brustfells (Pleuramesotheliom). Mesotheliome wiederum sind diffus wachsende Tumore. Sie sind oft schwer zu diagnostizieren. Männer sind häufiger betroffen.

Die Zahl der Patienten, die in Japan an diesem speziellen Tumor erkrankt sind, wird in der Mitteilung auf etwa 2'000 geschätzt. Es gebe einen hohen medizinisch bislang nicht erfüllten Bedarf bei jenen Patienten, deren Aussichten eher schlecht seien, wird Chugais Senior Vice President, Yasushi Ito, in der Mitteilung zitiert. Angesichts der bisherigen Daten einer Studie in Frankreich und einer Phase-II-Studie in Japan sei er aber zuversichtlich, dass Avastin in dieser Indikation künftig Patienten zur Verfügung stehen werde, fügt der Manager hinzu.

In der besagten Phase-II-Studie (JO39183) überprüft die Roche-Tochter derzeit die Sicherheit und Toleranz einer Kombination aus Avastin, Cisplatin und Pemetrexed bei Patienten, die zuvor noch nicht eine Chemotherapie hatten.

CHUGAI HOLT LIZENSIERT MITTEL EIN

Darüber hinaus hat Chugai sein Krebs-Portfolio noch über eine Lizenzvereinbarung mit PharmaMar um das Mittel PM1183 (Lurbinectedin) erweitert. Im Rahmen dieser Vereinbarung werde PharmaMar eine Einmalzahlung in Höhe von 30 Mio EUR erhalten sowie Lizenzgebühren im zweistelligen Bereich, heisst es in der Mitteilung. Zusammen mit weiteren Meilensteinen könnte die Summe somit auf bis zu 100 Mio EUR steigen.

Das spanische Unternehmen PharmaMar werde die klinische Entwicklung von PM1183 in den ersten beiden Indikationen, Platin-resistenter Eierstockkrebs und kleinzelliger Lungenkrebs, selber vorantreiben. Chugai wiederum werde Meilensteinzahlungen entrichten, sobald die Studien beginnen und die notwendigen Zulassungsanträge einreichen.

ROCHE VERÖFFENTLICHT DATEN ZUM MS-MITTEL OCREVUS

Jenseits der Onkologie hat Roche selbst noch am Morgen mitgeteilt, die vielversprechenden Resultate von verschiedenen Phase-III-Studien zum MS-Medikament Ocrevus (Ocrelizumab) im New England Journal of Medicine veröffentlicht zu haben. Die Daten der drei Studien "Opera I", "Opera II" und "Oratorio" würden belegen, dass Ocrevus das erste und bisher einzige Medikament in der Entwicklungsphase sei, das für beide Formen der Multiplen Sklerose wirksam sei. Ausserdem zeigten alle drei Studien ein vorteilhaftes Sicherheitsprofil.

ANALYSTEN VORSICHTIG OPTIMISTISCH

In ihren Kommentaren fokussieren sich die Analysten allerdings ausschliesslich auf die Nachricht zu Emicizumab. Der Tenor ist bei allen Analysten gleich: Die Tatsache, dass der primäre Endpunkt erreicht wurde, ist positiv. "Aber der Teufel liegt im Detail", wie Tim Race, Analyst bei der Deutschen Bank, schreibt. Er zielt damit auf vier Fälle mit schweren Nebenwirkungen ab.

Der Erfolg des Mittels in der Behandlung von Patienten mit Hämophilie A, die gleichzeitig inhibitorische Antikörper gegen den Blutgerinnungsfaktor VIII entwickelt haben, unterstützten das kommerzielle Potenzial des Mittels, bestätigt auch Analyst Vincent Meunier von Morgan Stanley. Allerdings müsse die Wechselwirkung mit dem Mittel FEIBA von Shire nochmals genauer überprüft werden - immerhin sei es hier bei einigen Patienten zu schweren Nebenwirklungen gekommen.

Bei der ZKB schreibt Analyst Michael Nawrath, er gehe für die "Patientengruppe mit Inhibitoren, denen sonst wenig geholfen werden kann, von einer Zulassung aus". Die Vermarktung dürfte Anfang 2018 beginnen, und 2020 dürfte ein Marktanteil von rund 20% erreicht sein, schreibt der Experte weiter.

An der Börse fällt die Reaktion auf die Vielzahl der Nachrichten vorsichtig freundlich aus. Mit einem Kursplus von 0,1% halten sich die Genussscheine aber etwas besser als der Markt. Dieser tritt zeitgleich auf der Stelle (SPI: +0,01%).

hr/rw