Los Angeles (Reuters) - Die enorme Nachfrage nach Behandlungen zur Gewichtsreduktion und ein Ausbau der Produktionskapazitäten lässt die Umsätze mit Abnehmspritzen explodieren.

Experten gehen davon aus, dass diese Medikamente bis Anfang der 2030er Jahre auf einen weltweiten Jahresumsatz von rund 150 Milliarden Dollar kommen könnten. Noch vor einem Jahr lagen die höchsten Umsatzschätzungen in einem Bereich von 100 Milliarden Dollar. "Es ist sehr ungewöhnlich, dass ein Medikament die Fantasie von Millionen von Menschen beflügelt", sagt Michael Kleinrock, Senior Research Director beim Marktforschungsinstitut IQVIA. Im vergangenen Jahr beliefen sich die weltweiten Ausgaben für Adipositas-Medikamente nach Schätzungen von IQVIA auf 24 Milliarden Dollar und könnten bis 2028 131 Milliarden Dollar erreichen.

Um die Adipositas-Medikamente, die schon Tesla-Chef Elon Musk und Reality-Star Kim Kardashian beim Abnehmen geholfen haben sollen, gibt es seit längerem einen regelrechten Hype. Die Abnehmspritze Wegovy von Novo Nordisk sorgt für ein längeres Sättigungsgefühl und führt Studiendaten zufolge in Kombination mit einer Umstellung der Ernährung und sportlicher Betätigung zu einer durchschnittlichen Gewichtsabnahme von rund 15 Prozent. Das Mittel gehört zur Klasse der sogenannten GLP-1-Agonisten, die ursprünglich zur Behandlung von Typ-2-Diabetes entwickelt wurden. Neben Novo Nordisk ist auch der US-Pharmakonzern Eli Lilly mit dem Mittel Zepbound im Rennen. Weitere Mittel befinden sich in der Entwicklung.

Die meisten Krankenversicherer decken die neuen Therapien nicht ab. In Deutschland sind sie von der Erstattung durch die gesetzlichen Krankenkassen komplett ausgeschlossen, da Arzneimittel zur Regulierung des Körpergewichts hierzulande als sogenannte Lifestyle-Medikamente gelten. Die Behandlung kostet monatlich einige Hundert Euro, laut Kleinrock sind jedoch immer mehr Menschen bereit, die Medikamente aus eigener Tasche zu zahlen. Die Arzneimittelhersteller hoffen auf eine Erstattung in der Zukunft und haben weitere Studiendaten veröffentlicht, die die Gesundheitsförderung und den medizinischen Nutzen der Abnehmspritzen belegen sollen.

Ob das Umsatzvolumen von 131 Milliarden erreicht wird, hängt Kleinrock zufolge auch davon ab, wie lange Patienten die Abnehmspritzen verwenden, ob die Arzneien künftig auch zur Behandlung anderer Krankheiten eingesetzt werden und damit auch von den Kassen erstattet werden können. Für einen deutlichen Schub dürfte zudem die Ausweitung der Produktion bringen, an der die Hersteller gegenwärtig arbeiten. Sowohl bei Wegovy als auch bei Zepbound ist das Angebot angesichts der hohen Nachfrage nach wie vor eingeschränkt.

BMO Capital Markets schätzt nun, dass der jährliche Umsatz mit Abnehmmedikamenten bis 2033 150 Milliarden Dollar erreichen wird, verglichen mit einer Vorjahresprognose von über 100 Milliarden in den frühen 2030er Jahren. Leerink prognostiziert bis 2032 einen Jahresumsatz von gar 158 Milliarden Dollar. "Es gibt eine hohe Verbrauchernachfrage und einen ungedeckten medizinischen Bedarf", sagt David Song, Portfoliomanager des Tema Obesity & Cardiometabolic ETF. "Mehr als 100 Millionen Amerikaner sind fettleibig, und noch mehr sind übergewichtig. Es gibt Schätzungen, nach denen weltweit fast eine Milliarde Menschen fettleibig sind."

(Bericht von Deena Beasley in Los Angeles und Patrick Wingrove in New York, geschrieben von Patricia Weiß, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)