Von Matthias Goldschmidt
FRANKFURT (Dow Jones)--Das zweite Quartal der Commerzbank steht - wieder einmal - unter dem Eindruck der Restrukturierung. Rückstellungen für den massiven Stellenabbau und eine Sonderabschreibung wegen der geplatzten Auslagerung der Wertpapierabwicklung an HSBC haben die Bank voraussichtlich tief in die roten Zahlen gedrückt. Beim operativen Ergebnis ist ihr hingegen eine niedrigere Risikovorsorge zugute gekommen. Neben den Fortschritten beim Konzernumbau ist bei der Zahlenvorlage der Ausblick von Interesse. Ist ein Nettogewinn in diesem Jahr trotz der hohen Aufwendungen noch in Reichweite? Die Analysten bezweifeln dies.
WORAUF ANLEGER ACHTEN SOLLTEN:
SONDERBELASTUNGEN - Analysten rechnen mit einem Nettoverlust von 504 Millionen Euro. Es ist ein Verlust mit Ansage und zum Teil auch ein Zeichen dafür, dass die Bank bei ihrem Restrukturierungsprogramm, das einen Abbau von 10.000 Stellen vorsieht, gut vorankommt. Denn sie kann im zweiten Quartal den großen Teil der noch ausstehenden Sonderbelastungen verbuchen. Zuletzt kam jedoch eine unerwartete Sonderabschreibung von 200 Millionen Euro hinzu, weil die schon - vor Jahren vereinbarte - Auslagerung der Wertpapierabwicklung an die HSBC geplatzt ist.
OPERATIV - Im operativen Geschäft dürfte es allerdings zu einem Gewinn gereicht haben. Ein wichtiger Grund dafür ist die deutlich zusammengeschrumpfte Risikovorsorge. Im zweiten Quartal des Vorjahres hatte die Bank - wie die Konkurrenz auch - aus Sorge vor reihenweisen Kreditausfällen wegen der Pandemie die Risikovorsorge deutlich aufgestockt.
BGH-URTEIL - Es gibt aber auch im operativen Geschäft Belastungsfaktoren. Dazu zählen mögliche Gebühren-Rückforderungen nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zu Bankgebühren. Das Gericht hatte bestimmte AGB-Klauseln für unwirksam erklärt und damit eine jahrelange Praxis beendet, wonach die Zustimmung des Kunden zu Änderungen - etwa bei den Bankgebühren - als erteilt gilt, wenn sie ihm zwei Monate im Voraus mitgeteilt werden und er nicht widerspricht. In den Telefonkonferenzen zum zweiten Quartal werden mögliche Belastungen daraus Thema sein.
AUSBLICK - Ob es für einen Nettogewinn im laufenden Jahr reicht, wofür die Bank im Mai noch Chancen gesehen hatte, ist fraglich. Die Analysten erwarten im Gesamtjahr einen Verlust von über 300 Millionen Euro. Die Bank rechnet aber mit einem "deutlich" positiven operativen Ergebnis und einem leichten Ertragswachstum, auch wenn das zweite Quartal hier eine Delle aufweisen dürfte.
Nachfolgend eine Auswertung der Prognosen von Analysten zum zweiten Quartal und Gesamtjahr 2021:
=== . PROG PROG PROG 2. QUARTAL 2Q21 ggVj Zahl 2Q20 Erträge vor Risikovorsorge 1.923 -15% 16 2.273 Zinsüberschuss 1.166 -10% 16 1.294 Risikovorsorge 137 -71% 16 469 Provisionsüberschuss 839 +6% 16 792 Verwaltungsaufwand 1.673 +10% 16 1.526 Operatives Ergebnis 56 -73% 16 205 Ergebnis vor Steuern -530 -- 16 211 Ergebnis nach Steuern/Dritten -504 -- 16 183 Ergebnis je Aktie -0,43 -- 16 0,15 . PROG PROG PROG GESAMTJAHR Gj21 ggVj Zahl Gj20 Erträge vor Risikovorsorge 8.333 +2% 17 8.186 Zinsüberschuss 4.732 -5% 17 4.975 Risikovorsorge 901 -48% 17 1.748 Provisionsüberschuss 3.437 +4% 17 3.317 Verwaltungsaufwand 6.147 -0,2% 17 6.160 Operatives Ergebnis 766 -- 17 -233 Ergebnis vor Steuern -357 -- 17 -2.597 Ergebnis nach Steuern/Dritten -315 -- 17 -2.870 Ergebnis je Aktie -0,30 -- 17 -2,33 ===
- alle Angaben in Millionen Euro, Ausnahme Ergebnis je Aktie in Euro
- Bilanzierung nach IFRS
- Quellen: Angaben des Unternehmens, Kursziel von S&P Global Intelligence
- ggVj = Veränderung in Prozent gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum
- das Geschäftsjahr entspricht dem Kalenderjahr
- alle Angaben ohne Gewähr
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DJG/mgo/jhe
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August 03, 2021 23:45 ET (03:45 GMT)