Washington/Stockholm (Reuters) - Elektroautos, Halbleiter, Mineralien: US-Präsident Joe Biden belegt eine Reihe von chinesischen Produkten aus Sorge vor einer Importflut zulasten heimischer Hersteller mit Sonderzöllen.

Auf Elektroautos werden sie von 25 auf 100 Prozent erhöht, wie die Regierung in Washington am Dienstag mitteilte. Damit dürfte der Weg für chinesische Elektroautos in die USA de facto versperrt sein. Allerdings werden schon jetzt kaum Fahrzeuge aus der Volksrepublik in die USA exportiert. Das US-Präsidialamt sprach von inakzeptablen Risiken für die wirtschaftliche Sicherheit, die durch unfaire Handelspraktiken Chinas entstünden. Mit ihnen werde die Welt mit billigen Gütern überflutet.

"China verwendet dieselbe Strategie wie schon zuvor, um sein eigenes Wachstum auf Kosten anderer anzukurbeln, indem es trotz heimischer Überkapazitäten weiter investiert und die globalen Märkte mit Exporten überschwemmt, die aufgrund unfairer Praktiken unterbewertet sind", begründete die Wirtschaftsberaterin des Weißen Hauses, Lael Brainard, die Maßnahmen.

China kündigte Vergeltungsmaßnahmen an. Das Handelsministerium erklärte, die Regierung in Peking sei höchst unzufrieden mit den neuen Zöllen und werde entschlossene Maßnahmen ergreifen, um seine Rechte und Interessen zu verteidigen. Die USA müssten ihre "Verfehlungen" umgehend korrigieren und die Zusatzzölle stoppen.

SCHOLZ ABLEHNEND

In Europa prüft die EU-Kommission Anti-Dumping-Zölle auf chinesische Elektroautos. Bundeskanzler Olaf Scholz und der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson äußerten sich ablehnend. Er könne sich noch nicht abschließend zu der Untersuchung der EU-Kommission äußern, sagte Scholz in Stockholm. "Allerdings möchte ich darauf hinweisen, dass gegenwärtig jedenfalls 50 Prozent der Importe von Elektrofahrzeugen aus China von westlichen Marken kommen, die selbst dort produzieren und nach Europa importieren", sagte er. "Das ist vielleicht auch ein Unterschied zu anderen Ländern und Nordamerika in dieser Frage."

Dazukomme, dass viele europäische Hersteller ihre Fahrzeuge auf dem chinesischen Markt erfolgreich verkauften. "Strafzölle als Patentlösung sind keine gute Idee für große Import- und Exportländer wie Deutschland und Schweden", sagte Kristersson. BMW-Chef Oliver Zipse warnte in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" vor Gegenmaßnahmen der Regierung in Peking, etwa, wenn wichtige Rohstoffe für E-Autos verknappt würden. "Hier wird viel zu kurz gedacht." Der europäische Markt werde keinesfalls von billigen chinesischen Fahrzeugen überschwemmt.

In diesem Jahr kommt nach einer Studie der Organisation Transport & Environment ungefähr jedes vierte Elektroauto, das in Europa verkauft wird, aus China. Allerdings handelt es sich dabei vor allem um die Produkte westlicher Hersteller: Die Renault-Tochter Dacia etwa fertigt das Billigauto Spring in China. BMW importiert aus China den elektrischen Mini sowie den iX3. Tesla betreibt in Shanghai ein wichtiges Werk für das Model 3. Chinesische Hersteller dürften auf einen Marktanteil von etwa elf Prozent bei den E-Autos kommen, hieß es in der Studie - mit steigendem Anteil. So strebt BYD bis 2025 einen Anteil von fünf Prozent am europäischen E-Automarkt an.

HÖHERE US-ZÖLLE AUF ANDERE PRODUKTE

Die höheren US-Zölle beschränken sich nicht auf Autos: Lithium-Ionen-Batterien für E-Fahrzeuge und andere Batterieteile werden statt mit 7,5 künftig mit 25 Prozent Zoll belegt. Für Solarzellen wird der Satz auf 50 Prozent verdoppelt, ebenso für Halbleiter. Für bestimmte Mineralien werden die Zölle auf 25 Prozent gesetzt. Dazu kommen Medizinprodukte wie Schutzausrüstung, für die künftig 25 Prozent Abgaben fällig werden sowie Spritzen und die dazugehörigen Nadeln mit einem Satz von 50 Prozent.

Der Demokrat Biden hatte 2022 eine Überprüfung der von seinem republikanischen Vorgänger Donald Trump eingeführten Maßnahmen angeordnet. Die USA importierten im vergangenen Jahr Waren im Wert von 427 Milliarden Dollar aus China, exportierten aber nur 148 Milliarden Dollar dorthin. Das enorme Handelsdefizit wird seit Jahrzehnten kritisiert.

(Bericht von Trevor Hunnicutt, Jeff Mason und Andreas Rinke, geschrieben von René Wagner und Christina Amann, redigiert von Thomas Seythal. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)