LONDON (dpa-AFX) - Nach Bekanntwerden der Covid-19-Erkrankung des britischen Premierministers Boris Johnson und seines Gesundheitsministers Matt Hancock wächst die Kritik am Umgang der britischen Regierung mit dem Coronavirus-Ausbruch. John Ashton, ein ehemaliger Regionaldirektor des Nationalen Gesundheitsdiensts NHS, warf der Regierung Trägheit vor. Das gelte sowohl für die Maßnahmen im Land als auch für deren persönliches Verhalten, beide seien "zu langsam" gewesen.

Am Montag hatte der Premierminister eine Ausgangssperre verhängt und die Briten dazu aufgerufen, nur noch das Haus zu verlassen, wenn unbedingt notwendig. Doch noch am Mittwoch stellte sich Johnson im beengten Parlament den Fragen von Abgeordneten.

"Ich war überrascht, dass die Fragestunde abgehalten wurde - es war eindeutig unnötig", sagte Ashton dem "Guardian". Die "Financial Times" zitierte ein Kabinettsmitglied mit dem Vorwurf, einige Minister seien "sehr zögerlich" gewesen, die eigenen Ratschläge zur sozialen Distanz in die Praxis umzusetzen. Ein anderes Regierungsmitglied beschwerte sich der Zeitung zufolge, der Nationale Sicherheitsrat Cobra habe noch bis vor wenigen Tagen "zusammengepfercht" in einem abhörsicheren Sitzungsraum getagt.

Der Premierminister hatte angekündigt, von seiner Dienstwohnung aus in der Downing Street zu arbeiten. Seine Symptome seien mild, hatte er betont. Neben Hancock hatte sich auch der oberste britische Berater in medizinischen Fragen, Chris Whitty, in Selbstisolation begeben.

In London geht nun die Sorge um, dass die Entscheidungsfähigkeit der Regierung beeinträchtigt sein könnte, sollten noch weitere Kabinettsmitglieder infiziert sein. Vorsorgliche Tests weiterer soll es aber zunächst nicht geben. "Alle folgen den Ratschlägen der Gesundheitsbehörde", sagte ein Downing-Street-Sprecher auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Die laute, sich in Selbstisolation zu begeben, sobald Symptome auftreten./cmy/DP/men