Börsen-Zeitung: Tempo statt Ausdauer / Kommentar zum Nestlé-Deal mit
Starbucks von Daniel Zulauf
Frankfurt (ots) - Ulf Mark Schneider weiß, dass er schnell liefern
muss. Das sagte dem Nestlé-CEO schon vor einem Jahr der New Yorker
Hedgefonds-Manager Daniel Loeb, als er in einem öffentlichen
Schreiben an die Konzernführung den Finger in eine wunde Stelle
legte: Der Nahrungsmittelmulti wachse zu langsam, verdiene zu wenig
und seine Aktienperformance sei schwach, kritisierte der
Großinvestor, um mit einem Betrag von 3,5 Mrd. Dollar gleich selber
eine Wette auf die Wende einzugehen.
Passiert ist seither wenig - oder zumindest wenig, was Loeb
erfreuen könnte. Der Aktienkurs von Nestlé ist in den vergangenen
zwölf Monaten um 5% gefallen. Auf den gewünschten Verkauf der
L'Oréal-Beteiligung, der Nestlé rund 25 Mrd. sfr in die Kasse spülen
würde, muss der Investor weiter warten.
Dafür bemüht sich Schneider redlich, innerhalb des großen
Markenportfolios die richtigen Akzente zu setzen. Man kann das
Lizenzabkommen mit Starbucks diesbezüglich durchaus als Meilenstein
werten. Nicht nur lässt Nestlé ihrer strategischen Präferenz zur
Weiterentwicklung des überaus lukrativen Kaffeegeschäfts konkrete
Taten folgen. Wegweisend ist die Akquisition auch deshalb, weil sie
mit der Tradition bricht, dass Nestlé in Sachen Kaffee alles selbst
kann und in Sachen Marken keine fremde Unterstützung braucht. Nicht
nur Finanzinvestoren begrüßen diesen Tabubruch, zumal sich Nescafé
und Nespresso im wichtigen US-Markt nach jahrzehntelangen
Fehlversuchen nie richtig durchgesetzt haben.
Dank des Lizenzabkommens mit Starbucks könnte Nestlé im
Kaffeegeschäft tatsächlich schneller vorankommen als bisher - vor
allem in den USA, aber nicht nur dort. Ein Problem ist aber, dass
Nestlé die Marke Starbucks zwar benutzen, aber nur sehr begrenzt
beeinflussen kann. Dafür scheint es im Moment zwar keine
Notwendigkeit zu geben, aber wer weiß schon, wie sich das Verhalten
der Konsumenten und die Akzeptanz der Kaffeehauskette in Zukunft
entwickeln?
Der große Erfolg, den sich Nestlé mit Innovationen in den eigenen
Kaffeemarken weltweit gesichert hat, belegt eine
betriebswirtschaftliche Binsenwahrheit: Ein Wert, den sich ein
Unternehmen mit Kreativität und Ausdauer selbst erarbeitet, bringt
langfristig mehr als eine opportunistische Akquisition, die bloß
Tempo erzeugt. Solche Zukäufe sind in der Regel zu sehr von
wechselhaften Modetrends und Marktstimmungen abhängig, als dass sie
nachhaltig Werte für die Unternehmen und ihre Aktionäre schaffen.
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