Zürich (awp) - Die Branche für börsenkotierte Fonds (ETF) hat ein turbulentes erstes Quartal hinter sich. Nach einem Rekord-Start kam im Februar ein herber Einbruch. Im März hat sich die Branche davon zwar etwas erholt, mit weltweiten Zuflüssen von knapp 18 Milliarden US-Dollar hinkt der Monat den mehr als 100 Milliarden vom Januar aber weiter deutlich hinterher.

Der März selbst war auch auf Wochensicht von einer grossen Schwankungsbreite gekennzeichnet. Wie die Statistiken von iShares und der Bank of America Merrill Lynch (BofAML) zeigen, flossen Mitte März Rekordsummen von mehr als 40 Milliarden US-Dollar in Aktien-ETFs. Nur eine Woche später zogen Investoren in grossem Stil Mittel aus diesen ETFs ab. Das Resultat: ETFs auf US-Aktien erlebten mit annähernd 25 Milliarden den zweitgrössten wöchentlichen Abfluss ihrer Geschichte.

Einen ähnlichen Rekord stellten in der letzten März-Woche ETFs auf europäische Aktien auf. Die Abflüsse lagen in dem Zeitraum bei 3,4 Milliarden US-Dollar. Einen noch stärkeren wöchentlichen Abfluss hatte diese Anlageklasse nur auf der Höhe der Finanzkrise im April 2012 verzeichnet.

VERSCHIEDENE FAKTOREN HABEN VOLATILTIÄT GETRIEBEN

Bleibt die Frage, was die Investoren zuletzt so umgetrieben hat. Bei den Gründen sind sich die Experten mehr oder weniger einig: "Zuletzt haben einige der führenden Indikatoren in Europa auf eine Abschwächung des Wachstums hingedeutet", erklärt Christian Gast von iShares gegenüber AWP. "Aber auch der Wahlausgang in Italien und vor allem die Sorge um die Folgen eines zunehmenden Protektionismus haben gerade den europäischen ETFs zuletzt zugesetzt", führt der Head iShares und Index Investing bei BlackRock Schweiz weiter aus.

Dass die erhöhte Volatilität gerade den ETFs auf EU-Aktien teilweise so stark zugesetzt hat, liegt für Nima Pouyan, Leiter der Invesco Power Shares Schweiz, besonders an den Diskussionen um Import-Zölle. Da sowohl die EU und innerhalb der EU Deutschland sehr exportorientiert sind, hätte es diese Region besonders deutlich getroffen, so der Experte gegenüber AWP.

NEUBEWERTUNG DER RISIKEN

Wie Marlène Hassine Konqui gegenüber AWP hervorhebt, geht die erhöhte Volatilität an den Märkten mit einer Neubewertung der Risiken einher. Diese Neubewertung sieht die Leiterin des Lyxor ETF Research besonders deutlich im Bereich der festverzinslichen Anlagen (Fixed Income, FI).

Gerade im März haben vor allem ETFs auf Staatspapiere und US-Treasuries mit kurzen Laufzeiten deutliche Zuflüsse verzeichnet. Das dürfte vor allem daran liegen, dass sie weniger stark von den Schwankungen in den Zinserwartungen betroffen sind.

Gleichzeitig haben im Bereich der Festverzinslichen ETFs auf Hochzinsanleihen (High Yield) und jene mit einer guten Bonität (Investment Grade) erneut Abflüsse verzeichnet. Dieser Trend hält bei diesen Anlageklassen nun seit Monaten an und wird vor allem mit der Zinspolitik der US-Notenbank Fed erklärt, die ihren Kurs einer allmählichen Normalisierung weiter fortsetzt.

JAPAN WEITER STARK GEFRAGT

Bei all den Abflüssen gab es aber auch Lichtblicke im März. So haben etwa ETFs auf japanische Aktien ihren starken Lauf fortgesetzt. Eine gute Gewinnentwicklung zusammen mit dem nach wie vor intakten Ausblick für das weltweite Wirtschaftswachstum habe sich hier stützend ausgewirkt, fasst Gast von iShares den Trend zusammen.

Weiterhin stark gefragt sind auch ETFs auf Aktien aus den Schwellenländern. Wie den Statistiken zu entnehmen ist, haben sie im bisherigen Jahresverlauf mit Ausnahme von zwei Wochen Zuflüsse verzeichnet. Experten wie Konqui von Lyxor sehen darin den möglichen Beginn eines geldpolitischen Scheideweges zwischen den entwickelten Märkten und den Schwellenländern. Denn Länder wie Brasilien und Russland seien nach wie vor im Prozess der Zinssenkungen.

Und noch eine weitere Anlageklasse hat im ersten Quartal vermehrt im Fokus gestanden: Gold. Manche Stimmen sprechen von einem erratischen Lauf der Zu- und Abflüsse bei Gold-ETFs. Auf eine starke Woche sei in der Regel ein deutlicher Abfluss gefolgt. Wie Aneeka Gupta von ETF Securities beobachtet, waren Gold-ETFs gerade im Zuge der angespannten Handelsbeziehungen zuletzt klarer gefragt.

Insgesamt sehen die Experten die Stärke der Branche aber auch in dem aktuellen Marktumfeld untermauert. "Wir sehen insbesondere in volatilen Phasen, dass Investoren vermehrt zu ETFs greifen um flexibel und taktisch im Markt agieren zu können", erklärt Sven Württemberger, Leiter Vertrieb Passive Investments Schweiz von der Deutschen AM.

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