Vergangene Woche kehrte die Risikobereitschaft an den Finanzmärkten trotz gemischter Daten zurück, da die Hoffnung auf eine Einigung über die Anhebung der Schuldenobergrenze in den USA wächst. Getragen von Technologiewerten und dem Bankensektor legten die führenden Indizes wieder zu. DAX und Nikkei schwangen sich zu neuen Rekorden auf, während der Nasdaq die höchsten Stände seit über einem Jahr markierte.
Wochenperformance*
DAX
16275  +2.27%Chart
STOXX EUROPE 600
468.85  +0.72%
Chart STOXX EUROPE 600
S&P 500
4191.98  +1.65%
Chart S&P 500
NIKKEI 225
30808.35  +4.83%
Chart NIKKEI 225
GOLD
1977.30$  -1.61%
Chart GOLD
BRENT OIL
75.84$  +2.32%
Chart BRENT OIL
EURO / US DOLLAR
1.08$  -0.47%
Chart EURO / US DOLLAR
Tops / Flops der Woche

Tops

Aston Martin (+29%): Der Automobilgigant Geely will seine Beteiligung an dem britischen Luxusautobauer aufstocken. Der chinesische Hersteller erwirbt 42 Mio. Aktien vom Mehrheitsaktionär Yew Tree und zeichnet weitere 28 Mio. Aktien für 234 Mio. GBP. Dies entspricht einem Aufschlag von 45% auf den Schlusskurs vom Mittwoch. Als nunmehr drittgrößter Aktionär des Konzerns kann Geely die technologischen Ambitionen von Aston Martin sowie seine Expansion auf dem chinesischen Markt unterstützen. 

Palantir (+23%): Günstiges Umfeld für den US-amerikanischen Spezialisten für Datenanalyse: Letzte Woche hatte das Unternehmen solide, über den Erwartungen liegende Quartalszahlen bekannt gegeben, die von der starken Nachfrage nach seiner neuen Plattform für künstliche Intelligenz getragen wurden. Diese Woche erhielt die Unternehmensgruppe Unterstützung von Ark Investment, der auf Technologie spezialisierten Investmentgesellschaft von Cathie Wood, die über mehrere ihrer Fonds mehr als 1,26 Mio. Palantir-Aktien für knapp 13 Mio. USD erworben hat.

ESI Group (+21%): Das auf virtuelle Prototypen und Simulationen spezialisierte französische Midcap-Unternehmen hat mehrere informelle Übernahmeangebote erhalten. Zu den Bietern gehören Private-Equity-Gesellschaften wie Francisco Partners und TA Associates sowie der französische Großkonzern Dassault Systèmes. Man habe dazu zwar - so das Unternehmen - erste Gespräche geführt, doch sei bisher alles andere als sicher, ob die Transaktion auch erfolgreich vollzogen werden kann. Zur Höhe des Angebots machte die ESI Group keine Angaben. 

Air France-KLM (+15%): Die europäischen Fluggesellschaften erhalten durch die wieder anziehende Nachfrage und den Ölpreisrückgang Auftrieb. Die französisch-niederländische Air France-KLM profitiert darüber hinaus von positiven Analystenkommentaren. So haben JPMorgan, UBS, Barclays und Deutsche Bank ihre Empfehlungen oder Kursziele nach oben korrigiert. Die Luftfahrtgesellschaft hat darüber hinaus angekündigt, mit dem Flughafen Amsterdam-Schiphol eine Einigung im Zusammenhang mit den Flugstreichungen im Jahr 2022 erzielt zu haben. 

Faurecia (+14%): Rückenwind für den französischen Autozulieferer: Für 300 Mio. EUR erwarb der Automobilkonzern Stellantis eine Beteiligung von 33,3% an Symbio, dem von Michelin und Faurecia gegründeten Joint Venture für Brennstoffzellen. Die beiden bisherigen Gesellschafter halten damit weiterhin jeweils ein Drittel am Gemeinschaftsunternehmen. Symbio verfügt nun über noch bessere Voraussetzungen für die weitere Expansion in Europa und den USA. Darüber hinaus profitiert Faurecia von günstigen Analysteneinschätzungen. Zu nennen ist hier vor allem die Investmentbank Goldman Sachs, die ihre Empfehlung auf "Kaufen" hochgestuft und ein Kursziel von 25 Euro ausgegeben hat. 

Alstom (+12%): Nachdem Alstom in der Vorwoche die Märkte enttäuscht und die Umsatz- und Renditeziele aufgrund der Inflation um ein Jahr verschoben hatte, stieg der Titel nun wieder in der Gunst der Anleger. Der Bahntechnikanbieter unterzeichnete mit Export Development Canada (EDC), der Exportkreditagentur des Landes, eine über drei Jahre laufende Vereinbarung über eine strategische Partnerschaft. Damit kann der französische Konzern eine Kreditlinie von 2,3 Mrd. EUR in Anspruch nehmen, um seine Projekte im Bereich der nachhaltigen Mobilität voranzutreiben. Darüber hinaus profitierte der Kurs von positiven Analystenkommentaren. 

ThyssenKrupp (+10%): Die brodelnde Gerüchteküche sorgte für einen Kurssprung der Aktie des deutschen Industrie- und Stahlkonzerns: Die Wasserstoff-Sparte Nucera, an der das Unternehmen 66% hält, soll im Juni an die Börse gehen. Diese Meldung kam an den Märkten gut an, denn mit dem dadurch generierten Mittelzufluss könnte der Mutterkonzern seine Restrukturierung fortführen. ThyssenKrupp musste im April nach dem überraschenden Abgang von Martina Merz einen neuen Vorstandsvorsitzenden ernennen und steht unter Druck, sich von seiner Stahlsparte zu trennen. 

Flops

John Wood (-36%): Die John Wood Group blickt auf eine schwierige Woche zurück. Apollo Global Management hatte vor vier Monaten die Absicht verkündet, den britischen Dienstleister der Öl- und Gasbranche für ca. 2,2 Mrd. GBP zu kaufen und das Unternehmen von der Börse zu nehmen, doch der amerikanische Investor hat seine Pläne nun doch aufgegeben. John Wood ist jedoch zuversichtlich, 2024 wieder einen positiven freien Cashflow zu erzielen, da die Quartalsergebnisse solide sind und die verschiedenen Geschäftsbereiche eine gute Dynamik verzeichnen.  

Embracer (-20%): Der schwedische Videospiel-Anbieter enttäuschte: Das Unternehmen gab eine Gewinnwarnung für das laufende Geschäftsjahr heraus und senkte seine Gesamtjahresprognose für das bereinigte EBIT. Auch von der Ankündigung, eine Vereinbarung mit Amazon abschließen zu wollen, konnte man nicht profitieren. Laut dieser könnte die Spielesparte des Versandriesen eine Onlineerweiterung von "Der Herr der Ringe" entwickeln, an dem das schwedische Unternehmen die Rechte hält. 

Elior (-17%): Elior sorgte für Enttäuschung. Der französische Caterer korrigierte sein Jahresumsatzziel nach oben und die Vorgabe zum Verlust im 1. Halbjahr nach unten. Gleichzeitig senkte er jedoch seine Margenprognose, da er angesichts des hartnäckigen Inflationsdrucks mit einem verlangsamten Volumenwachstum im 2. Halbjahr rechnet. Der seit der Gesundheitskrise hoch verschuldete Konzern muss zudem die Integration von Derichebourg Multiservices bewältigen. 

Sea Limited (-17%): Der an der New Yorker Börse notierte chinesische Riese mit Aktivitäten in den Bereichen Videospiele, E-Commerce und Finanzdienstleistungen präsentierte durchwachsene Quartalsergebnisse. Der Umsatz stieg im Berichtszeitraum den Erwartungen entsprechend um 5%. Der Gewinn verfehlte die Erwartungen dagegen deutlich und wurde durch eine außerplanmäßige Abschreibung gedämpft. Das Unternehmen hat seine Kosten deutlich gesenkt. Das rückläufige Spielegeschäft sorgt weiterhin für Gegenwind, der allerdings durch die brummende E-Commerce-Sparte spürbar ausgeglichen wird.

Grab (-13%): Grab präsentierte ebenfalls eine gemischte Bilanz. Die an der Nasdaq notierte indonesische App für Liefer- und Mitfahrdienste meldete unerwartet hohe Quartalseinnahmen, die sich im Berichtszeitraum mehr als verdoppelt haben, sowie einen deutlich geringeren Verlust. Das Liefergeschäft ist allerdings aufgrund des frühen Ramadans auf seinen wichtigsten Märkten um 9% geschrumpft. Die Einnahmen des Mitfahrdiensts stiegen in den letzten drei Monaten dagegen um 72%. 

Sonova (-10%): Der Schweizer Spezialist für Hörimplantate und Zubehör geriet diese Woche kräftig ins Rutschen, nachdem seine für das abgelaufene Quartal gemeldeten Ergebnisse hinter den Erwartungen blieben. Das Unternehmen profitiert nach wie vor von einem günstigen demografischen Umfeld. Der Wettbewerb wird jedoch rauer und sein Technologievorsprung schrumpft. Mehrere Analysten befeuerten die Kursverluste, indem sie ihr Kursziel bzw. ihre Empfehlung für die Aktie senkten.

Chart Rohstoffe
Rohstoffe

Energie: Die wöchentlichen Ölvorräte legten diese Woche um sage und schreibe 5 Mio. Barrel zu, während Ökonomen mit einem Rückgang um 1,3 Mio. Barrel gerechnet hatten. Dennoch verteuerte sich Rohöl in den letzten fünf Handelstagen um etwa 3%. Grund dafür ist der Ausblick der Marktteilnehmer auf die Zukunft, die vor allem aus zwei Gründen einen Anstieg der Preise verspricht. Erstens kündigte das US-Energieministerium den Kauf von Rohöl an, um seine strategischen Reserven langsam wieder aufzufüllen. Derzeit ist von 3 Mio. Barrel die Rede. Das ist zwar relativ wenig ist, aber die Botschaft ist klar: Die USA bauen ihre strategischen Reserven wieder auf, die bekanntermaßen seit letztem Jahr rasant geschrumpft sind. Zweitens erhöhte die Internationale Energieagentur ihre Prognose zum Nachfragewachstum 2023 und rechnet folglich für die zweite Jahreshälfte mit einer Angebotsverknappung. Vor diesem Hintergrund legten die Ölpreise zu: Die Nordseesorte Brent notierte bei 76 USD, die amerikanische Referenzsorte WTI bei 72 USD je Barrel. Beim europäischen Erdgas lag der Referenzpreis am niederländischen Handelsplatz TTF (Rotterdam) bei 30 EUR/MWh und damit auf einem seit November 2021 nicht mehr erreichten Niveau.

Metalle: Abwärtsbewegung made in China. China hat Mühe, den Konjunkturmotor wieder in Fahrt zu bekommen. Dies implizieren auch die jüngsten Indikatoren für die Industrieproduktion des Landes, die nicht gerade für Begeisterung sorgen.  Die Industrieproduktion ist zwar gegenüber dem Vorjahr um 5,6% gestiegen, doch der Markt hatte nach Aufhebung der Coronabeschränkungen mit dem Doppelten gerechnet. Nicht überraschend also, dass die Preise für Industriemetalle diese Woche an Boden verloren. Die Tonne Kupfer wird an der London Metal Exchange mit 8.100 USD gehandelt. Die Preise von Blei, Aluminium und Zinn gaben ebenfalls nach. Lediglich Aluminium erholte sich zwischenzeitlich auf 2.280 USD. Im Segment der Edelmetalle rutschte der Goldpreis unter die Marke von 2.000 USD je Feinunze.

Agrarprodukte: Russland und die Ukraine haben vereinbart, das Abkommen zum Getreideexport über das Schwarze Meer um zwei Monate zu verlängern. Die Unsicherheit in Chicago hat somit nachgelassen, zumindest bis die nächsten Verhandlungen anstehen. In der Folge ist der Preis für Weizen und Mais auf 620 bzw. 560 Cent je Scheffel gesunken.
Chart Rohstoffe
Makroökonomie

Marktstimmung: Wem darf man glauben? Die Wirtschaftsdaten aus den USA waren ambivalent. Anfang der Woche bestätigten der Empire State Manufacturing Index und die Einzelhandelsumsätze, dass die Wirtschaft an Schwung verliert. Zum Wochenschluss fielen dann die wöchentlichen Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe und der Philly Fed Index für das verarbeitende Gewerbe (etwas) robuster aus als erwartet. Unter dem Strich bestärkte das die Markterwartungen, dass die US-Notenbank die Zinsen im Juni nicht antasten wird, obgleich die Falken etwas aufgeholt haben (die Prognosen liegen bei zwei Drittel zu ein Drittel für eine Pause bzw. eine Erhöhung). In ihren zahlreichen Kommentaren sind sich die Zentralbanken alle einig: Die Inflationsgefahr ist noch nicht gebannt! Wenn der Markt der EZB und der BOE glaubt, dass sie die Zinsschraube weiter anziehen werden, hört er nicht mehr auf die Fed. Gleichzeitig sehen die Anleger das Ringen um die US-Schuldenobergrenze inzwischen gelassen. Bislang ist zwar offiziell noch keine Einigung erzielt, aber die milderen Töne führender Politiker der Demokraten und Republikaner machten Anlegern wieder Mut.

Devisen: Der Dollar steigt und steigt und steigt. Vor dem Hintergrund des bereits erwähnten günstigeren makroökonomischen Umfelds und der Meldungen zum US-Haushalt setzte er seinen Aufwärtstrend auch diese Woche fort. Die Finanzmärkte rechnen für den Juni eher nicht mit weiter steigenden Zinsen, wenngleich es dafür noch eine gewisse Restwahrscheinlichkeit gibt. Allerdings war diese Möglichkeit noch zu Monatsbeginn quasi ad acta gelegt worden. Obwohl also die EZB zuletzt eine aggressivere Gangart an den Tag gelegt hatte, ist der EUR/USD-Kurs wieder unter 1,08 gefallen. Gegenüber dem Yen wertete der Greenback noch stärker auf und stieg auf 138,169 JPY. Die Devisenhändler nehmen nun die Marke von 140 JPY ins Visier, die zuletzt im November 2022 überschritten worden war.

Anleihen: In dieser Woche waren aktuelle Konjunkturdaten eher dünn gesät. Dennoch dürfte die Veröffentlichung der US-Einzelhandelsumsätze einen bedeutenden Wendepunkt markiert haben. Diese stiegen im April um 0,4% und ließen die Rezessionsangst in den Vereinigten Staaten schwinden. Darüber hinaus ließen die Daten zu den wöchentlichen Erstanträgen auf Arbeitslosenhilfe die Aktienindizes auf ein neues Jahreshoch anziehen. Die Anleiherenditen folgten einem ähnlichen Muster: 10-jährige US-Treasuries testen derzeit die Widerstandslinie von 3,64%, während 10-jährige deutsche Bundesanleihen aktuell mit knapp unter 2,55% rentieren. Aus der Beobachterperspektive interessant dürfte die weitere Entwicklung der Indizes sein, sobald diese wichtigen Schwellen überschritten werden, was bestätigen würde, dass sich die Anleger nun eher auf die Rezessionsrisiken und weniger auf die Inflationsängste fokussieren.

Kryptowährungen: Der Bitcoin tendierte auch diese Woche seitwärts und lag bei Redaktionsschluss im Bereich von 27.000 USD. Der Ether legte seit Montag leicht um 1% zu und stieg erneut auf über 1.800 USD. Das Ökosystem der Kryptowährungen tut sich nach wie vor schwer, starke Impulse zu generieren, die dem gesamten Markt wieder Auftrieb verleihen könnten. Waren Kryptoassets bislang sehr stark mit dem Nasdaq korreliert, wurde in den letzten Tagen offenbar, dass sie nicht von der wiederkehrenden Risikobereitschaft profitieren konnten, die unter anderem durch den diese Woche verzeichneten Höhenflug der US-Aktienindizes zum Ausdruck kam. 

Termine: Nächste Woche werden am Dienstag wichtige Wirtschaftsindikatoren erwartet: Um 9.15 Uhr werden der Einkaufsmanagerindex für das verarbeitende Gewerbe und der Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor für Frankreich veröffentlicht. Die gleichen Indikatoren für Deutschland folgen dann um 9.30 Uhr, für Großbritannien um 10.30 Uhr und für die USA um 15.45 Uhr. Am Mittwoch steht dann Großbritannien im Rampenlicht. Dort wird die jährliche Inflationsrate (VPI zum Vorjahr) veröffentlicht, und der Präsident der Bank of England, Bailey, wird sich um 11.30 Uhr und um 15.00 Uhr zu Wort melden. Außerdem erwarten die Anleger mit Spannung den Ifo-Geschäftsklimaindex für Deutschland um 10.00 Uhr und das Protokoll der FOMC-Sitzung am Abend. Am Donnerstag werden das BIP für das Quartal (BIP zum Vorquartal, zweite Lesung) und die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe in den USA bekannt gegeben. Beide sind wichtige Indikatoren für die Beurteilung der Wirtschaftslage. Ende der Woche erwarten die Anleger in den USA den Kern-Verbraucherpreisindex (Entwicklung der Verbraucherpreise für Privathaushalte, ohne volatile Elemente).
Kurs und Volumen
Am Scheidepunkt
Die Marktteilnehmer beobachten und antizipieren eine Einigung im Streit um eine Anhebung der US-Schuldenobergrenze. Die Wirtschaft hält sich relativ gut und die meisten Unternehmen haben passable Ergebnisse veröffentlicht. Zudem deuten die Frühindikatoren erneut auf eine Verlangsamung der Inflation hin. Die Wirtschaftslage scheint sich stetig zu verbessern (auch wenn die Rezessionsgefahr noch lange nicht gebannt ist) und die Anleger haben dies vorweggenommen, indem sie riskante Anlagen wie Technologiewerte kauften, die seit Jahresbeginn stark gestiegen sind.
Wir wünschen Ihnen allen eine gute Woche!
*Die Wochenperformance der Indizes und Aktien bezieht sich auf den Zeitraum von der Eröffnung der Märkte am Montag bis zur Erstellung dieses Newsletters am Freitag.
Die Wochenperformance von Rohstoffen, Edelmetallen und Währungen bezieht sich auf den 7-Tage-Zeitraum von Freitag bis Freitag (bis zur Erstellung des Newsletters). Diese Vermögenswerte notieren auch an Wochenenden.