Tokio (Reuters) - Nach der Zinswende in Japan könnte die Notenbank schon bald eine weitere Erhöhung folgen lassen.

Entsprechende Signale kamen am Freitag von Zentralbankchef Kazuo Ueda in einem Zeitungsinterview. Seiner Ansicht nach dürfte die Inflation vom "Sommer zum Herbst hin" durch üppige Tariferhöhungen angeheizt werden, wie er der Zeitung "Asahi" sagte. Die Bank of Japan (BoJ) könne mit ihrer "Geldpolitik darauf reagieren". Dies gilt Experten als bislang klarster Hinweis, dass eine weitere Zinserhöhung in den kommenden Monaten anstehen dürfte.

Womöglich könnten die kurzfristigen Zinsen vom aktuellen Niveau von 0 bis 0,1 Prozent bereits auf der Sitzung im Juli angehoben werden: "Die Märkte haben eine weitere Zinserhöhung bis etwa zum Herbst eingepreist und sie wird zu einem realistischen Szenario", sagte Naoya Hasegawa, Chef-Anleihenstratege bei Okasan Securities.

Laut Ueda kommt ein nachhaltiges und stabiles Erreichen des Inflationsziels der BoJ von zwei Prozent in Sichtweite. "Die Möglichkeit, dies zu erreichen, dürfte sich zunehmend erhöhen", fügte er hinzu.

YEN IM FOKUS

Ueda hat auch den Kurs der Landeswährung Yen verstärkt im Blick. Durch den Verfall der Währung werden Importe wie etwa Energie teurer, was wiederum die Inflation anheizt und höhere Lohnforderungen zur Folge haben dürfte. Auch Japans Finanzminister Shunichi Suzuki treibt die Schwäche der Währung um. Er sagte vor Reportern, es würden keine Optionen ausgeschlossen, um einen übermäßigen Rückgang des Yen-Kurses zu verhindern. Die japanische Landeswährung hat seit Jahresbeginn zum Dollar mehr als sieben Prozent an Wert eingebüßt.

Der Yen war trotz des Ausstiegs der Zentralbank aus ihrer ultralockeren Politik jüngst im Abwärtstrend, da Händler davon ausgingen, dass die nächste Zinserhöhung noch einige Zeit auf sich warten lassen würde. Nach den Äußerungen des Notenbankchefs erreichte die Landeswährung ein Zweiwochenhoch zum Dollar.

Die BoJ hatte im März erstmals seit 17 Jahren den Leitzins erhöht. Sie gab damit zugleich ihre seit 2016 gefahrene Linie auf, eine Art Strafgebühr von 0,1 Prozent auf Überschussreserven zu erheben, die Banken bei ihr parken. Sie legte den Tagesgeldsatz als neuen Leitzins fest, der in einer Spanne von 0 bis 0,1 Prozent gehalten werden soll. Notenbankchef Ueda sprach von einer Rückkehr zu einer "normalen Geldpolitik", die wie bei anderen Zentralbanken auf kurzfristige Zinssätze abziele.

Im Gegensatz zu anderen führenden Industrienationen kämpft Japan nicht mit einem zu starken Preisauftrieb. Vielmehr steckte das Fernostland in einer langen Phase der Deflation - eine Abwärtsspirale aus sinkenden Preisen und Löhnen, die die Wirtschaft ausbremste. Mittlerweile liegt die Teuerungsrate allerdings seit über einem Jahr über der Zielmarke der BoJ von zwei Prozent.

(Bericht von Leika Kihara, geschrieben von Reinhard Becker, Mitarbeit Daniela Pegna, redigiert von Kerstin Dörr; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)