FRANKFURT (Dow Jones)--Auf die letzten interessanten Handelstage an den Börsen können sich Anleger in den nächsten zwei Wochen einstellen. Denn sehr viel Zeit bleibt den Märkten nicht, um eine Jahresendrally auf die Beine zu Stellen. Schließlich ist Weihnachten schon in genau vier Wochen, und traditionell bereiten Profianleger schon ein, zwei Wochen davor den Jahresabschluss vor. An den Märkten kehrt dann eher Ruhe ein und die Volumina dünnen so stark aus, dass erzielte Kursveränderungen oft nicht nachhaltig sind.

Chancen auf eine Jahresendrally sind aber allemal vorhanden: Denn mit der Aussicht auf irgendwie und irgendwann fallende Zinsen dreht die Börse am größten Hebel, der ihr zur Verfügung steht. Allein die Aussicht, dass man bei den Aktienbewertungen nicht noch mehr Abschläge vornehmen muss, ist schon Gold wert und erleichtert die Arbeit der Analysten ungemein. Aber viel weniger klar ist der Ausblick auf die Konjunktur - und damit die Gewinnerwartungen der Unternehmen. Gerade die Einkaufsmanager-Indizes (PMI) und der Ifo-Index in der abgelaufenen Woche zeigten ein durchwachsenes Bild.


   Konjunktur und Margen werden wohl keine Kurstreiber 

Große Fantasien auf konjunktur- und umsatzgetriebene Gewinne lassen sie nicht zu. Und auch weiter steigende Margen als Gewinntreiber dürften immer unwahrscheinlicher werden. Zum einen ist diese Masche auf Kundenseite mittlerweile erkannt, zum anderen sind immer mehr Produkte auf Preispunkte gestiegen, bei denen das Absatzvolumen einbricht.

Viele Quartalszahlen der letzten Berichtssaison enthüllten daher schon fallende Stückumsätze, die nur noch wegen erhöhter Margen als Umsatzanstieg in Euro kaschiert werden konnten. Ohne Aussicht auf steigende Gewinne aus einem starken Absatzanstieg heraus, bleibt der Börse damit nur die Hoffnung auf sinkende Zinsen, und damit eine Ausweitung der Aktienbewertungen als Kurstreiber.


   Zinsentspannung viel weniger klar als erhofft 

Und so klar, wie es der Markt gerne hätte, ist die Situation an der Inflations- und Zinsfront noch lange nicht: Schon dass Fed-Protokoll zeigte, dass es keinen Grund gibt, sich auf schnelle Zinserleichterungen einzustellen. Die US-Notenbank machte klar, dass die Sätze noch länger hoch bleiben und die Inflation zäh ist.

Auch andere Signale unterstrichen dies: So stieg in einer wichtigen Durchleitungswirtschaft wie Singapur die Inflation wieder an. Getrieben von einem Anstieg der Transportkosten, die sich Monate später dann als höhere Produzentenpreise (PPI) in Europa zeigen werden. Und in Schweden machte die Notenbank im Rahmen ihrer Zinspause klar, dass dennoch eine weitere Zinserhöhung kommen könnte.

Die Daten der kommenden Woche dürften daher genau mit Blick auf Zins- und Inflationsdruck unter Lupe genommen werden. So zum Beispiel die US-Neubauverkäufe am Montag; ein erneuter starker Einbruch dieses zinsempfindlichen Marktes könnte die Fed in Zukunft milder stimmen. Dazu kommen zahlreiche Daten zum Verbrauchervertrauen vieler Länder. Saisonal sind es die wichtigsten des Jahres, da eine gute Verbraucherstimmung als Voraussetzung für gute Umsätze im anstehenden Weihnachtsgeschäft gilt.


   Inflationsdaten könnten Trigger für Aktienrally werden 

Weitere Einkaufsmanager-Indizes wie der Chicago-PMI und der ISM-Index werden sowohl hinsichtlich einer gesunden Wirtschaft als auch auf ihre Signale für inflationären Lohndruck hin interpretiert. Gleiches gilt für das Beige Book der Fed und die Revision des US-BIP für das dritte Quartal. Nur bei den neuen PMIs aus China erwartet man einhellig schwache Daten. Das Wiedererwachen Chinas als globale Konjunkturlokomotive wäre derzeit eine Überraschung.

Direkte Indikatoren für die künftige Zins- und Inflationspolitik kommen aus Deutschland und Europa mit den aktuellsten Verbraucherpreisen (CPI). Sollte es hier klare Zeichen für eine Fortsetzung der Disinflation geben, dürften dies vor allem Europas Aktienmärkte als Beweis sehen, dass der Zinshöhepunkt überschritten wurde. Eine Jahresendrally mit einem DAX deutlich über 16.000 Punkten wäre dann denkbar.

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November 24, 2023 06:26 ET (11:26 GMT)