Für Großbritannien kommen die Verschiebungen im Welthandel zur Unzeit. Das Vereinigte Königreich tut sich nach dem Austritt aus der EU im Jahr 2020 ohnehin schwer, einen neuen Kurs in der Weltwirtschaft einzuschlagen. Mit dem Brexit ging der einfache Zugang zum großen EU-Binnenmarkt verloren. Brexit-Befürworter hatten argumentierten, bilaterale Handelsabkommen mit anderen Ländern könnten diesen ersetzen, und wollten ansonsten die Globalisierung verstärken. Inzwischen ist die Dynamik des Freihandels ins Stocken geraten und scheint gar auf dem Rückzug. "Damals, als die Brexit-Abstimmung stattfand, konnte sich niemand vorstellen, dass wir in den USA ein Wiederaufleben der Industriepolitik erleben würden", meint Klimaökonom Gernot Wagner von der Columbia Business School.

Jetzt sieht sich die britische Regierung mit Forderungen aus allen Teilen der Wirtschaft des Landes konfrontiert, auf die interventionistische Wende in der Weltwirtschaft mit einer eigenen Industriestrategie zu reagieren.

Zwar bekam der britische Automobilsektor kürzlich einen Schub, als der Eigentümer von Jaguar Land Rover beschloss, vor Ort ein neues Batteriewerk für Elektrofahrzeuge zu bauen, aber insgesamt bleiben die grünen Investitionen weit hinter denen in den USA zurück. Finanzminister Jeremy Hunt hat versprochen, die Reaktion des Vereinigten Königreichs werde im Herbst verkündet. Die Erwartungen daran dämpfte er jedoch. Großbritannien werde sich nicht "in einem verzerrenden globalen Subventionswettlauf mit unseren Freunden und Verbündeten messen." Hunt sagte, Großbritannien müsse seine Förderung auf Felder ausrichten, auf denen das Land einen klaren Wettbewerbsvorteil habe.


 Neue Allianzen entstehen 

Länder, die im Subventionswettlauf nicht konkurrieren können, könnten stattdessen darauf setzen, ihre wohlhabenden Handelspartner stärker an sich zu binden und so von ihrer Industriepolitik zu profitieren, sagte der Handelsexperte Chad Bown vom Peterson Institute for International Economics, einer Denkfabrik in der US-Hauptstadt Washington. So hätten es Kanada und Mexiko getan, als sie ein Freihandelsabkommen mit den USA schlossen. Die indonesische Regierung beteiligt sich an dem von den USA geführten Indo-Pacific Economic Framework for Prosperity, einem Wirtschaftspakt, von dem sie hofft, dass er den Marktzugang für ihre Mineralien verbessern wird.

Indonesiens Investitionsminister Bahlil Lahadalia hat im vergangenen Jahr die Idee verkündet, ein Opec-ähnliches Kartell für Nickel zu bilden, jenes unverzichtbare Material für E-Autobatterien, dessen Förderung sein Land dominiert. Der Schritt wäre eine Reaktion auf den Protektionismus von Ländern, die Elektrofahrzeuge herstellen. Über eine Opec-ähnliche Organisation ließe das Fördervolumen für Nickel mit anderen großen Exporteuren so koordinieren, dass die Preise hoch bleiben.

Analysten bezweifeln, dass ein solcher Plan umsetzbar ist, auch weil andere Nickelproduzenten mächtige Handelspartner wie die USA und China nicht verärgern wollen. Vergleichbare Ideen für eine Opec-ähnliche Organisation der Produktion von Lithium waren bereits von linken Politikern in Lateinamerika aufgebracht, aber dann nicht umgesetzt worden. Indonesien und Simbabwe haben Exportbeschränkungen für Mineralien wie Nickel, Bauxit und Lithium eingeführt und verlangen als Voraussetzung für den Export von ausländischen Unternehmen, dass sie Verarbeitungsanlagen im Land aufbauen. "Ich bin kein Fan dieser Maßnahmen, aber sie erfreuen sich großer Beliebtheit", sagte Professor Simon Evenett von der Universität St. Gallen in der Schweiz. "Es wird eindeutig die Preise in die Höhe treiben und die Unsicherheit und das Risiko erhöhen."

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August 17, 2023 05:56 ET (09:56 GMT)