PARIS/LONDON (awp international) - Die europäischen Börsen haben nach den kräftigen Gewinnen am Vortag eine gemächlichere Gangart eingeschlagen. Der Leitindex EuroStoxx 50 stieg am Freitag um 0,57 Prozent auf 3868,50 Punkte. Auf Wochensicht bedeutet dies ein Plus von 4,88 Prozent.

Der französische Cac 40 legte am Freitag um 0,58 Prozent auf 6594,62 Punkte zu, während der britische FTSE 100 um 0,78 Prozent auf 7318,04 Punkte fiel. Laut Marktanalyst Michael Hewson von Handelshaus CMC Marktes gerieten zum Wochenschluss die defensiveren Bereiche des Marktes unter Druck, was insgesamt schwerer wog als die Gewinne der konjunktursensiblen Sektoren. Derweil war die Wirtschaft Grossbritanniens zwar in den Sommermonaten geschrumpft, aber nicht so stark wie befürchtet.

Wenn es vor dem Wochenende auch bedächtiger zuging, so hat sich die Lage an den Finanzmärkten mit den überraschend günstigen US-Inflationsdaten vom Vortag doch merklich aufgehellt. "Auch wenn nicht alle Probleme aus der Welt geschaffen wurden und vor allem geopolitische Risikofaktoren bleiben, ist damit vorerst eine weitere Stabilisierung an den internationalen Kapitalmärkten wahrscheinlich", schrieb Carsten Mumm, Chefvolkswirt beim Vermögensverwalter Donner & Reuschel.

Trotzdem bleibt abzuwarten, wie weit die Aufwärtsbewegung trägt. "Was die am Donnerstag in einem wahren Short-Squeeze entstandenen Kursgewinne wert sind, dürften erst die nächsten Tage zeigen", warnte Kapitalmarktstratege Jürgen Molnar vom Handelshaus Robomarkets vor übertriebenem Optimismus. "Am Donnerstag wurden viele Profis, die auf fallende Kurse spekulieren, gezwungen, ihre Positionen zu schliessen, was die Rally noch einmal befeuerte."

Aus Branchensicht gefragt waren erneut die Sektoren, die in den vergangenen Monaten am meisten unter den Zinserhöhungssorgen gelitten hatten. So gewannen die konjunktursensiblen Technologiewerte 1,7 Prozent. Aktien der Beteiligungsgesellschaft Prosus kletterten an der EuroStoxx-Spitze um 6,6 Prozent, nachdem die asiatischen Werte im Portfolio kräftig zugelegt hatten. Den dritten Platz sicherten sich die Anteilscheine des niederländischen Zahlungsdienstleisters Adyen mit einem Plus von 5,9 Prozent.

Luxusgüteraktien verzeichneten ebenfalls deutliche Gewinne. Gute Geschäftszahlen bescherten den Papieren von Richemont in Zürich ein Plus von 10,5 Prozent. Damit waren die Aktien der beste Wert im Leitindex SMI . Zudem hatte die chinesische Führung ihre strikten Corona-Bestimmungen etwas gelockert. So wurde die Zeit, die Einreisende in Quarantäne verbringen müssen, leicht verringert. Das Land ist wichtiger Absatzmarkt für Luxusgüter. Daher waren auch andere Titel wie LVMH und Swatch gefragt und zogen um jeweils etwa drei vier Prozent an. Die Hoffnungsschimmer in China stützten darüber hinaus Rohstoff- und Ölwerte .

Am Ende des Feldes rangierten dagegen die defensiven Sektoren, die sich in den vergangenen Wochen vergleichsweise gut gehalten hatten. Hier wurden nun offensichtlich Positionen reduziert beziehungsweise in stark gefallene Werte anderer Branchen umgeschichtet. Am stärksten gaben die Pharma- und Gesundheitstitel nach./la/he