Berlin (Reuters) - Die deutschen Einzelhändler haben im vergangenen Jahr dank Preiserhöhungen einen Umsatzrekord erzielt.

Die Einnahmen übertrafen das Ergebnis des alten Rekordjahres 2021 um 8,2 Prozent, wie das Statistische Bundesamt am Freitag zu seiner vorläufigen Schätzung mitteilte. Inflationsbereinigt (real) sank der Umsatz hingegen um 0,3 Prozent. "Die Differenz zwischen den nominalen und realen Ergebnissen spiegelt die hohen Preissteigerungen im Einzelhandel wider", erklärten die Statistiker. 2021 war der reale Umsatz noch um 0,8 Prozent gewachsen.

"Viele Verbraucherinnen und Verbraucher halten angesichts großer Unsicherheit ihr Geld lieber zusammen", sagte der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE), Stefan Genth, mit Blick auf die Kaufkraftverluste durch die hohe Inflation. "Die Konsumstimmung befindet sich trotz wiederholter leichter Aufwärtsbewegungen seit Monaten auf eher niedrigem Niveau."

Einen empfindlichen Rückschlag musste im vergangenen Jahr der lange boomende Versand- und Internethandel hinnehmen: Dessen Umsatzminus von real 8,1 Prozent fiel überdurchschnittlich stark aus. "Allerdings hatte diese Branche während der Corona-Krise enorme Umsatzzuwächse erzielt", so die Statistiker. 2021 gab es einen realen Zuwachs von 12,3 Prozent.

Zuletzt zeigte der Trend für den gesamten Einzelhandel überraschend deutlich nach oben. Im November - in dem traditionell das wichtige Weihnachtsgeschäft mit Aktionen wie dem "Black Friday" beginnt - wurde real 1,1 Prozent mehr umgesetzt als im Vormonat. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten hier mit einem Plus von 1,0 Prozent gerechnet. "Trotz Energiepreisdebakel und schlechter Verbraucherlaune hält sich der Umsatz erstaunlicherweise", kommentierte der Chefvolkswirt der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank, Alexander Krüger, diese Entwicklung. "Ein herber Konsumeinbruch ist bislang jedenfalls ausgeblieben." Die zunehmende Krisengewöhnung spreche gegen einen Konsumabsturz und "für eine milde Rezession".

Im November habe es eine ganze Reihe von positiven Nachrichten für die Verbraucher gegeben, fügte Chefvolkswirt Thomas Gitzel von der VP Bank hinzu. Die von der deutschen Bundesregierung in Aussicht gestellten Entlastungen bei Gas- und Strompreisen und die gute Situation am Arbeitsmarkt gehörten dazu, auch seien die Spritpreise gefallen. "Die Sorgen vieler privater Haushalte ließen im November etwas nach und damit saß der Geldbeutel wieder etwas lockerer", sagte Gitzel.

Im Oktober hatte die Teuerungsrate mit 10,4 Prozent den höchsten Stand seit 1951 erreicht, seither aber etwas nachgelassen. Für dieses Jahr rechnen viele Experten ebenfalls mit sinkenden Realeinkommen, auch wenn die Inflation nicht mehr so hoch ausfallen dürfte wie 2022. "Für 2023 sind die Rahmenbedingungen sicherlich ebenfalls herausfordernd", sagte HDE-Hauptgeschäftsführer Genth.

(Bericht von Rene Wagner, redigiert von Kerstin Dörr - Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com)