FRANKFURT (dpa-AFX) - Das neue Jahr ruft bei den VW-Aktionären die Abgasaffäre wieder in böse Erinnerung. Nachdem der Kurs der Volkswagen-Vorzugsaktien bereits zu Wochenbeginn im Zuge des allgemeinen Kursrutsches am Markt um fünfeinhalb Prozent unter die Räder gekommen war, sackten die Papiere am Dienstag am Ende des schwachen Dax um weitere 4,79 Prozent auf 120,35 Euro ab. Grund dafür war die Einreichung einer Klage im Abgasskandal durch die US-Regierung, was zu wilden Spekulationen über die drohenden Strafzahlungen für die Wolfsburger führte.

Anleger hatten zwar erwartet, dass das US-Justizministerium dem Konzern den Einsatz von Betrugssoftware und Verstöße gegen das Luftreinhaltegesetz "Clean Air Act" vorwirft. Doch die Details der Klageschrift sorgten für starke Verunsicherung: Als offensichtliche Überraschung bezeichnete Analyst Marc-Rene Tonn vom Analysehaus Warburg den Umstand, dass Strafzahlungen nicht nur pro Fahrzeug, sondern auch pro Gesetzesverstoß erfolgen könnten.

ANALYST: ÜBER MÖGLICHE STRAFHÖHE KANN NUR SPEKULIERT WERDEN

Laut dem Analysten Holger Schmidt von der Frankfurter Investmentbank Equinet ergibt sich damit im schlimmsten Fall eine erschreckend hohe Rechnung: Schmidt zufolge werden VW Verstöße gegen vier Paragraphen des "Clean Air Act" vorgeworfen. In der 31-seitigen Klageschrift sei die Rede von Strafen bis zu 37 500 US-Dollar pro betroffenem Fahrzeug, 600 000 Stück an der Zahl. Zusammen würde dies durch reine Addition die schwindelerregende Summe von knapp 90 Milliarden Dollar ergeben.

Dieser Betrag sei jedoch nur ein rein theoretischer Wert, relativierte Schmidt. Er sei weiterhin davon überzeugt, dass über die Höhe möglicher Strafen nur spekuliert werden könne. Klar scheine gleichwohl zu sein, dass die US-Regierung entschlossen sei, die Position von Volkswagen in den USA weiter zu schwächen. Damit versuchten die Vereinigten Staaten zugleich, die Marktposition der heimischen Autohersteller zu stärken.

STIMMUNG GEGENÜBER VW KÖNNTE WIEDER INS NEGATIVE KIPPEN

Zusammen mit der am Montag erneut aufgekommenen Sorge um eine Abkühlung des für Volkswagen wichtigen chinesischen Marktes werde die Stimmung gegenüber den VW-Aktien nun wohl wieder ins Negative kippen, befürchtete Schmidt. Dabei hatte sich der VW-Kurs in den letzten Monaten um in der Spitze fast 60 Prozent vom Kursrutsch erholt. Die Papiere der Wolfsburger profitierten dabei von der Nachricht, dass deutlich weniger Fahrzeuge von Falschangaben bei CO2-Werten betroffen sind als befürchtet.

Zuvor hatten die Vorzugsaktien im Zuge des Skandals um manipulierte Abgaswerte bis Anfang Oktober fast die Hälfte an Wert eingebüßt. Insgesamt wurde mehr als 30 Milliarden Euro Börsenwert in Vorzügen und Stämmen vernichtet./la/das