- von Tom Käckenhoff und Christoph Steitz

Düsseldorf/Frankfurt (Reuters) - Die IG Metall will sich in die Gespräche zur Verselbstständigung der Thyssenkrupp-Marinetochter einschalten und hat sich offen für eine Beteiligung von Finanzinvestoren gezeigt.

"Wir sind mit dem Unternehmen im engen Austausch", sagte der Bezirksleiter der IG Metall Küste, Daniel Friedrich, in einem am Freitag veröffentlichten Interview der Nachrichtenagentur Reuters. Die Gewerkschafter würden in den kommenden Tagen eine sogenannte Begleitkommission aus den Betriebsräten und der IG Metall zusammenstellen. Es gehe darum, in den Verhandlungs-Prozess einzusteigen und mit den potenziellen Investoren eine Best Owner Vereinbarung zu schließen. "Es ist Druck auf den Gesprächen." Jetzt gehe es darum, konkreter zu werden und hart zu verhandeln.

"Wir lehnen den Einstieg von Private Equity bei Thyssenkrupp Marine Systems (TKMS) nicht grundsätzlich ab", betonte der Gewerkschafter. Es gebe durchaus positive Erfahrungen mit Finanzinvestoren, wie etwa KKR beim Gabelstapler-Hersteller Kion und dem Rüstungselektronikkonzern Hensoldt. Es gehe um die Frage, ob es ein langfristiges, strategisches Interesse gibt. "Wir sind da offen, solange auch klar ist, wie bei einem Exit die Mitbestimmung und Arbeitsplätze geschützt sind", sagte Friedrich. Die Bundesregierung oder weiterhin Thyssenkrupp müssten als Ankerinvestor mit einem Mindestanteil von 25,1 Prozent im Boot bleiben. Die IG Metall hat großen Einfluss bei Thyssenkrupp und verfügt im Aufsichtsrat des Konzerns über die Hälfte der Sitze.

Ein Sprecher von Thyssenkrupp verwies auf die Aussagen auf der Hauptversammlung im Februar. "Wir streben für Marine Systems eine eigenständige Aufstellung an", hatte die scheidende Konzernchefin Martina Merz gesagt. Man sei auch offen für Partnerschaften und mit der Bundesregierung im Gespräch. Der angekündigte Rücktritt von Merz ändere nichts, sagte Friedrich. "Das Unternehmen will eine Verselbstständigung."

Konzern-Vorstandsmitglied Oliver Burkhard - früher IG Metall-Chef in NRW - hatte im vergangenen Jahr die Führung der Marinetochter übernommen und Gespräche mit potenziellen Partnern und Investoren aufgenommen. Insidern zufolge hatte es erste Unterredungen mit den Finanzinvestoren CVC, Carlyle und KKR gegeben. CVC sei nicht interessiert. Die drei Unternehmen lehnten eine Stellungnahme ab.

HOFFNUNGEN AUF NATIONALEN CHAMPION ERFÜLLTEN SICH NICHT

Thyssenkrupp Marine Systems beschäftigt rund 6500 Mitarbeiter. Standorte sind unter anderem Kiel, Hamburg, Bremen und Emden. Das Unternehmen baut U-Boote, Fregatten, Korvetten und Anlagen zur Bergung alter Munition, etwa in der Nord- und Ostsee. Hinzu kommen die Wartung und weitere Dienstleistungen. Die Geschäfte sind langwierig. Zwischen dem Beginn der Verhandlungen mit den Kunden bis zur Auftragsvergabe und der Produktion können deutlich mehr als zehn Jahre vergehen. Der Auftragsbestand lag zuletzt bei über 13 Milliarden Euro.

Über die Zukunft der Marine-Werften wird bereits länger gerungen. Überlegungen für einen Zusammenschluss von Thyssenkrupp Marine Systems mit der Lürssen-Werft aus Bremen und weiteren Unternehmen zu einem nationalen Champion blieben ohne Ergebnis. Lürssen hatte im Oktober 2021 sein Marinegeschäft vom Yachtgeschäft getrennt und in das Unternehmen Naval Vessels Lürssen (NVL) abgespalten.

"Ich bin davon überzeugt, dass in Deutschland eine nationale Konsolidierung in nächster Zeit nicht ansteht", sagte Friedrich. Der Blick solle sich nach Skandinavien und den Niederlanden richten. Es gebe da auch schon Gespräche der Verteidigungsministerien. Die Industrie sei mit ersten Kontakten auch dabei. Eine nordeuropäische Konsolidierung wäre in Europa der nächste Schritt. "Wir denken dabei an Damen in den Niederlanden, Saab in Schweden, Kongsberg in Norwegen."

(Bericht von Tom Käckenhoff, Christoph Steitz, Mitarbeit Emma-Victoria Farr; redigiert von Sabine Wollrab. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)