FRANKFURT (dpa-AFX) - Aussagen zur Geschäftsentwicklung und erneuerte Forderungen eines Großaktionärs zur Aufspaltung des Konzens haben Thyssenkrupp am Freitag Auftrieb gegeben. Um die Mittagszeit gewannen die Aktien des Industrie- und Stahlkonzerns 3,81 Prozent auf 26,14 Euro. Damit waren sie einer der Favoriten der Anleger im freundlichen Dax und zudem so teuer wie seit gut vier Monaten nicht mehr. Über den im vergangenen Sommer erreichten 27,07 Euro winkt gar der höchste Kurs seit 2011.

Als Treiber der aktuellen Kursentwicklung sieht Björn Voss vom Analysehaus Warburg Research die Aussagen von Unternehmenschef Heinrich Hiesinger auf der laufenden Hauptversammlung. Die bestätigten Ziele für das Geschäftsjahr 2017/18 (per Ende September) seien positiv. Demnach dürfte der Umsatz im niedrigen bis mittleren einstelligen Prozentbereich steigen. Das bereinigte operative Ergebnis soll von 1,7 Milliarden auf 1,8 bis 2,0 Milliarden Euro zulegen.

Ermutigend klingen für Voss auch die planmäßig laufenden Vorbereitungen zum Zusammenschluss der Stahlsparte in einem Gemeinschaftsunternehmen mit der indischen Tata Steel . Die Transaktion soll laut Hiesinger bis Jahresende abgeschlossen sein. Die erfreuliche Stahlkonjunktur belege zudem die gute Nachfrage aus der Autoindustrie und lasse vermuten, dass ein häufig im Winter zu beobachtender Preisknick diesmal nicht eintreten werde, so der Analyst weiter.

Der Chef des schwedischen Finanzinvestors Cevian, Lars Förberg, bekräftigte derweil in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur Bloomberg seine schon mehrfach geäußerte Kritik, dass der Konzern zu komplex aufgebaut sei. Thyssenkrupp sollte daher weiter aufgespalten werden, um einen Mehrwert für die Anteilseigner zu schaffen - dann könnte die Aktie "eher 50 als 25 Euro wert sein".

Schützenhilfe für Cevian kam von Ingo Speich, Fondsmanager beim Aktionär Union Investment. Er kritisierte den Umbau als zu langsam und halbherzig und verlangte, Gelegenheiten zu Gemeinschaftsunternehmen oder Verkäufen von Bereichen wie dem Werkstoffhandel, dem Anlagenbau oder dem U-Boot-Geschäft zu nutzen. Hiesinger warb bei den Aktionären dagegen für einen "integrierten Konzern". Angesichts eines wenig verlässlichen Umfeldes sei es "gut, nicht zu eng aufgestellt zu sein".

Die Aussagen des Unternehmenschefs auf der Hauptversammlung enthielten insgesamt nichts substanziell Neues, kommentierte ein Börsianer. Auch die Cevian-Forderungen, die die Aktie bereits jüngst gestützt hätten, "sind schon eine ganze Zeit da". Aber dass Förberg den Nutzen einer Konzernaufspaltung in dem Bloomberg-Gespräch quantifiziert habe, "sorgt natürlich nochmal für Fantasie".

Derweil hält Analyst Voss die vom Cevian-Chef in Aussicht gestellte Wertverdoppelung der Aktie für zu optimistisch - er ginge bei einer Zerschlagung von Thyssenkrupp von einem rund 50-prozentigen Kursanstieg aus. Allerdings sei eine solche Zerschlagung angesichts der Historie des Traditionskonzerns ohnehin unrealistisch. Abgesehen vom Stahlgeschäft "dürfte Thyssenkrupp in drei Jahren im Wesentlichen so wie heute dastehen", glaubt der Experte. Lediglich den Stahlhandel könnte Thyssenkrupp noch abgeben./gl/jkr/jha/