Von Olaf Ridder

FRANKFURT (Dow Jones)--Nach dem erwarteten weiteren Nettoverlust im angelaufenen Geschäftsjahr rechnet Siemens Energy im folgenden Geschäftsjahr 2023/24 wieder mit schwarzen Zahlen. Noch ein Jahr später soll es dann auch bei Siemens Gamesa keine Verluste mehr geben. Diese Einschätzung passe, sagte Siemens-Energy-Chef Christian Bruch auf entsprechende Nachfrage bei der Bilanzpressekonferenz in München.

Bruch verwies auf den Geschäftsplan von Siemens Gamesa bis 2027. Dort sei zu lesen, dass für das laufende Jahr noch eine negative Marge von 4 Prozent erwartet werde. Ab 2024 werde Siemens dann hoffentlich "ins richtige Fahrwasser" kommen und in den Folgejahren auch substanzielle Beiträge liefern.

Er wolle "schrittweisen Fortschritt sehen", sagte Bruch mit Blick auf die seit Jahren kriselnde spanische Tochter, und darüber hinaus bessere Vorhersagbarkeit. Und dann sei es nicht entscheidend, wann 1 oder 2 oder 3 Prozent Marge geliefert würden. Es gehe auch darum, dass sich in den neuen Kundenverträgen eine bessere Risiko-Chancen-Verteilung in der Preisstruktur abbilde. Hier gebe es deutliche Fortschritte in den Kundengesprächen.

"Deshalb bin ich zuversichtlich, dass der neue Auftragseingang sehr solide ist. Aber wir sitzen natürlich auf einem riesigen Bestand, der teilweise noch aus 2019 und 2020 stammt", so Bruch. "Und da müssen wir durch. Das wird ein paar Quartale dauern." Den "schmerzhaften" Auftragsbestand bei Siemens Gamesa, der mit weiteren Verlusten verbunden sei, bezifferte er auf etwa 2 Milliarden Euro.

Auf Seiten von Gas and Power sei man dagegen voll im Plan, so Bruch, trotz allen Gegenwinds "von hunderten Millionen". Es dürfe nicht vergessen werden, dass hier zwei Drittel des Konzernumsatzes erzielt würden.

Bruch verteidigte die geplante Übernahme der restlichen gut 32 Prozent an Siemens Gamesa, die das Münchner Unternehmen bei vollständiger Annahme des Angebots etwa 4,2 Milliarden Euro kosten wird. In der aktuellen Struktur seien Prozesse außerordentlich kompliziert und langsam, auch mit dem Listing an der Börse in Madrid, sagte Bruch. Ziel sei es, die Führung von Siemens Gamesa bei Zentralfunktionen zu entlasten - etwa bei der Finanzierung, bei Personalfragen oder IT. Die operative Verantwortung bleibe aber klar bei der Führungscrew der spanischen Tochter.

Die Übernahme diene aber nicht dazu, nur ein Problem zu lösen, so Bruch. Siemens Energy nutze vielmehr eine Opportunität. Noch stamme erst 10 Prozent der weltweiten Energieerzeugung aus erneuerbaren Quellen. Die tatsächliche Energiewende "kommt jetzt erst", so Bruch. "Ich glaube man unterschätzt, wie groß der Umschwung sein wird." Das werde man erst in vier, fünf oder acht Jahren sehen. "Aber das ist, was mich dabei treibt."

Bis zum 20. Dezember, so Finanzchefin Maria Ferraro, werde man wissen, ob es mit 75 Prozent Siemens-Gamesa-Anteil für ein Börsen-Delisting im nächsten Jahr reicht oder ob sogar eine Zwangsabfindung der Restaktionäre möglich wird. Dazu müsste Siemens Energy nach Abschluss der Annahmefrist am 13. Dezember nach spanischem Recht über 96,7 Prozent der Anteile verfügen.

Zur Finanzierung will Siemens Energy nach der kürzlichen Platzierung einer Pflichtwandelanleihe über 960 Millionen Euro weiteres Eigenkapital aktivieren. Wie hoch eine eventuelle Kapitalerhöhung ausfallen müsse, werde erst klar sein, wenn die Annahmequote feststeht, sagte Ferraro. Sie peilt etwa 1,5 Milliarden Euro an.

Unter Zeitdruck sieht sie sich bei der Umsetzung nicht. Die Brückenfinanzierung über knapp 2 Milliarden Euro stehe bis November 2024. Von Seiten des Free Cashflow ist unterdessen kurzfristig nichts zu erwarten. Ihn erwartet das Unternehmen im neuen Jahr in niedrig bis mittel dreistelliger Millionenhöhe negativ.

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November 16, 2022 06:08 ET (11:08 GMT)