Sperrfrist: Redebeginn

Rede des Vorsitzenden des Aufsichtsrats,

Dr. Manfred Bischoff,

anlässlich der ordentlichen Hauptversammlung der Daimler AG

Stuttgart, 31. März 2021

Es gilt das gesprochene Wort!

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Sehr geehrte Aktionärinnen und Aktionäre, verehrte Aktionärsvertreterinnen und -vertreter, meine Damen und Herren,

im Namen des Aufsichtsrats und des Vorstands begrüße ich Sie alle herzlich und eröffne hiermit die virtuelle ordentliche Hauptversammlung der Daimler AG 2021. Als Aufsichtsratsvorsitzender übernehme ich satzungsgemäß deren Leitung.

Meine Damen und Herren,

wir alle haben gehofft, dass die mit der COVID-19-Pandemie verbundenen Einschränkungen bis zum Frühjahr 2021 überstanden seien. Unsere Hoffnung hat sich leider nicht erfüllt. Vor diesem Hintergrund hat der Vorstand mit Zustimmung des Aufsichtsrats beschlossen, auch die ordentliche Hauptversammlung 2021 nach den Regelungen des COVID-19- Maßnahmengesetzes in der Fassung vom 22. Dezember als rein virtuelle Hauptversammlung ohne physische Präsenz der Aktionärinnen und Aktionäre oder ihrer Bevollmächtigten abzuhalten. Lediglich die Stimmrechtsvertreter der Gesellschaft sind vor Ort anwesend. Die Hauptversammlung wird in voller Länge im Internet über den zugangsgeschützten e-service für im Aktienregister eingetragene Aktionärinnen und Aktionäre, deren Vertreter, geladene Gäste und akkreditierte Medienvertreter in Deutsch und Englisch übertragen. Bis zum Beginn der Beantwortung Ihrer Fragen ist die Übertragung auch allgemein im Internet zugänglich.

[Ausblick & Rückblick]

Meine Damen und Herren,

das Jahr 2020 war für unser Unternehmen das herausforderndste in meiner Amtszeit als Aufsichtsratsvorsitzender. Die Pandemie und ihre Folgen wurden zum Stresstestfür viele Unternehmen in vielen Branchen. Daimler hat an allen Produktions- und Verwaltungsstandorten frühzeitig wirksame Gegenmaßnahmen ergriffen. Unsere oberste Priorität war und ist dabei, die Gesundheit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schützen. Daneben galt es, die Transformation in eine nachhaltige emissionsfreie Mobilität weiter mit voller Kraft voranzutreiben. Hinzu kam, dass sich die Erwartungen für Wachstumsraten im Automobilsektor abschwächten, währenddessen mussten die Risiken durch politische Konflikte für den freien Güter- und Warenverkehr im Blick behalten werden. Nicht zuletzt ist das Bewusstsein für Nachhaltigkeit insbesondere Klimaschutz in allen

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unseren Hauptmärkten signifikant gewachsen. Unser Unternehmen hat dementsprechend seine Schwerpunkte für die Strategie überarbeitet und zum Teil neu definieren.

Der Vorstand hat in enger Abstimmung mit dem Aufsichtsrat rechtzeitig Maßnahmen zur Liquiditätssicherung und zur Kostenreduzierung ergriffen ohne die Konzentration auf die technologischen Zukunftsfelder aufzugeben.

Ich meine, unser Unternehmen hat diesen Stresstest mit Bravour bestanden.

Gestatten Sie mir heute, dass ich neben dem Blick auf das abgelaufene Jahr und die Herausforderungen für die Zukunft auch einen kritischen Blick auf die letzten 15 Jahre meiner Amtszeit im Aufsichtsrat werfe. Denn diese Erfahrungen sind wesentlich für unser heutiges Handeln.

Springen wir zurück ins Jahr 2007. Im Oktober 2007 hatten wir unsere Aktionäre zu einer außerordentlichen Hauptversammlung eingeladen. Es war meine erste Hauptversammlung als Vorsitzender des Aufsichtsrats. Einziger Tagesordnungspunkt der Verwaltung war der Verkauf unserer Anteile an Chrysler mit der Umfirmierung der Gesellschaft von DaimlerChrysler AG in Daimler AG. Dieser Verkauf war für alle, insbesondere für den Vorstand, aber auch für den Aufsichtsrat, ein schwieriges Eingeständnis: Unternehmerische Entscheidungen betreffen immer die Zukunft und sind damit dem Risiko ausgesetzt, dass man sich irrt. Deshalb gehört zum unternehmerischen Handeln auch der Mut, Fehleinschätzungen möglichst rasch zu korrigieren.

Daimler war gerade dabei, sich wieder auf seine Stärken zu konzentrieren, als uns 2008 die Finanzkrise mit voller Kraft traf. Auch, weil wir auf eine solche Krise nicht vorbereitet waren. Im Jahr 2009 wurde dann der Grundstock für den Wachstumspfad der zukünftigen Jahre gelegt. Es galt das Ziel, die Konkurrenz bei Absatz und Rentabilität bis 2020 zu überholen. Erreicht werden sollte das mit einer nie da gewesenen Modelloffensive und gleichzeitigen, zum Teil schmerzlichen, Rationalisierungsmaßnahmen. Die neue S-Klasse feierte 2013 in neuer Designsprache ihre Premiere und wurde ein voller Erfolg. Das Fahrzeug läutete eine Zeitenwende und den Beginn des Aufschwungs für Daimler ein.

Ich erinnere mich noch gut an ein Gespräch mit Dieter Zetsche, in dem ich ihm sagte, wenn die neue S-Klasse ein Flop wird, müssen zwei Leute gehen. Du und ich. Seine Antwort: "'Ich', verstehe ich, aber warum Du?" "Weil ich Dich in dieser Strategie unterstützt habe", war meine Antwort.

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Die folgenden Jahre zeigten dann einen stetigen Aufwärtstrend. Das von Dieter Zetsche ausgerufene und vom Aufsichtsrat unterstützte Ziel, auch umsatzseitig größter Premiumhersteller zu werden, war dazu die Triebfeder in einem positiven Marktumfeld. Und so kam es, dass wir in 2017 das beste Ergebnis der Unternehmensgeschichte mit über 10 Milliarden Euro hatten. Die Strategie auf Wachstum zu setzen war voll aufgegangen. Der Vorstand erwartete auf Basis der verfügbaren Prognosen auch für die nachfolgenden Jahre die gleichen Wachstumsraten wie bisher. Der Aufsichtsrat folgte dieser Einschätzung. Bereits 2018 zeigten sich dann erste Anzeichen eines sich abschwächenden Automobilmarktes. In 2018 und 19 zeigte sich auch, dass unsere Kosten mindestens im gleichen Maße wie unser Umsatz gestiegen waren. Die Kritiker, die sagen, dies hätte man doch schon viel früher sehen müssen, haben dies 2017 nicht gesagt. Im Nachhinein sind auch wir schlauer. Mit dem Kenntnisstand von heute hätte man Manches bestimmt anders gemacht.

Wir alle wissen, wie schwierig es ist, die Bremse zu ziehen, wenn alles gut läuft. Wir alle wissen auch, dass gravierende Veränderungen ohne Leidensdruck nur sehr schwierig durchzusetzen sind.

Hinzu kamen zu diesem Zeitpunkt die Herausforderungen durch die Transformation unserer Industrie. Elektrifizierung, Digitalisierung, automatisiertes Fahren und Vernetzung machten erhebliche Aufwendungen für die Zukunft notwendig. Positive Ergebnisse waren nur mit Verbrennerfahrzeugen zu erreichen, Fahrzeuge mit elektrischem Antrieb hatten bei weitem nicht die Deckungsbeiträge wie Verbrenner.

Aus der Summe dieser Erfahrungen hat das Unternehmen die erforderlichen Lehren gezogen und diese ab 2019 und verstärkt in 2020 umgesetzt.

Dazu zählt, das Hauptaugenmerk auf unsere DNA und unser Kerngeschäft als Premiumhersteller zu richten, ebenso wie die Konzentrierung unseres Produktportfolios. Auch den Fokus auf das Ergebnis und Cash-Flow, nicht allein auf Absatzzahlen zu legen, ist richtig, weil es das Unternehmen dauerhaft weniger angreifbar und krisenfester macht. Wir bekennen uns ohne Wenn und Aber zu den Zielen des Pariser Klimaabkommens und haben mit der Ambition 2039 frühzeitig Wege dorthin definiert. Unsere Pkw werden wir in unseren Werken schon ab 2022 Co2-neutral produzieren. Was wir darüber hinaus brauchen, ist eine verantwortliche Balance von ökologischen, sozialen und ökonomischen Zielen. Diese Balance leitet auch unsere Strategie. Im Rahmen einer nachhaltigen Geschäftsstrategie wäre es nicht legitim, ausschließlich auf die wirtschaftliche Zielsetzung zu achten. Wir müssen auch zeigen, warum unsere Strategie ökologisch und sozial vertretbar ist. Es wird immer deutlicher, dass

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Unternehmen gefordert sind ihren Beitrag zum gesellschaftlichen Wohl - in fast allen Märkten in denen sie aktiv sind - darzulegen. Da sie sonst die Akzeptanz in der Gesellschaft, ob bei Kunden, Investoren, Politikern oder der Allgemeinheit verlieren. Unterm Strich darf kein Zweifel mehr bestehen; unser Ziel muss sein: "nachhaltiges Business", oder langfristig "out of Business". Auch deshalb ist es unsere Aufgabe, eine Vorreiterrolle im Kapitel Elektrifizierung und Digitalisierung zu erobern und diese Felder auf den Ebenen Produkt, Produktion und Vertrieb beschleunigt auszubauen. Dies gesagt, und mit den entsprechenden Aufwendungen für Zukunftstechnologien untermauert, ist die Absenkung des Break-Even Points durch Kostenreduzierung und Verringerung von Investitionen unabdingbar, um das Unternehmen auch in Zukunft krisenfester zu machen.

Der Aufsichtsrat hat zusammen mit dem Vorstand wie in den Vorjahren die geopolitischen Herausforderungen, vor allem das Spannungsverhältnis USA - China - Europa eingehend diskutiert und die potenziellen Risiken für Daimler erörtert. Nach wie vor sind wir trotz allen Risiken der Meinung, dass unser Unternehmen in den größten Automobilmärkten der Welt präsent sein muss.

Meine Damen und Herren,

unsere Gründungsväter haben die Ära des auf der Basis von Erdöl betriebenen Automobils begründet. Jetzt, da diese fossile Ära zu Ende geht, gestalten wir die neue Ära CO2-neutraler Fahrzeuge. Mercedes soll zur führenden Marke für Elektromobilität und Fahrzeugsoftware werden! Wenn ich sehe, wo unser Unternehmen heute steht, welche Entscheidungen wir in jüngster Zeit getroffen haben, bin ich befriedigt, dass ich meinen Teil dazu beitragen durfte.

[Dividende]

Aufsichtsrat und Vorstand schlagen der Hauptversammlung heute eine Dividende von 1,35 Euro je Aktie vor. Damit kommen wir unserer grundsätzlichen Politik nach, ca. 40 Prozent des Jahresergebnisses an die Aktionäre auszuschütten. Der Dividendenvorschlag berücksichtigt auch eine sorgfältige und umsichtige Abwägung der Interessen aller Stakeholder, denen das Unternehmen sich verpflichtet sieht, sowie die aktuelle Geschäftslage, insbesondere die Liquidität und die Geschäftsaussichten.

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Daimler AG published this content on 31 March 2021 and is solely responsible for the information contained therein. Distributed by Public, unedited and unaltered, on 31 March 2021 09:31:05 UTC.