(Neu: Aussagen aus Pressekonferenz zu Eurowings-Plänen, Details, Aktienkurs)

FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Lufthansa lässt trotz eines kräftigen Gewinnsprungs keine Euphorie aufkommen. "Ein Jahr, in dem 150 Menschen tot sind, kann für mich kein Rekordjahr sein", sagte Vorstandschef Carsten Spohr am Donnerstag in Frankfurt mit Blick auf den Germanwings-Absturz im vergangenen März. Billiges Kerosin und ein Sondererlös bescherten Europas größter Fluggesellschaft 2015 die höchsten Ergebnisse ihrer Geschichte. Für 2016 stellt Spohr nur eine leichte Steigerung in Aussicht, nachdem er in seinem ersten Amtsjahr mutigere Zielvorgaben seines Vorgängers Christoph Franz hatte kassieren müssen.

Die Lufthansa-Aktie reagierte mit einem deutlichen Kursverlust auf die Nachrichten. Bis zum frühen Nachmittag verlor sie mehr als sechs Prozent an Wert und lag damit am Ende des Dax .

KEROSIN WIRD BILLIGER - FLUGTICKETS AUCH

Grund für die gedämpften Aussichten ist nicht zuletzt die harte Konkurrenz von Billigfliegern wie Ryanair und Easyjet. Die Ticketpreise dürften weiter fallen, schätzt Finanzchefin Simone Menne. Zudem haben Spohr und die Piloten der Marke Lufthansa ihren Streit um die Betriebsrenten auch nach 13 Streiks nicht gelöst.

Spohrs Wachstumspläne gelten der neuen Billigmarke Eurowings: Sie soll voraussichtlich ab 2017/2018 auch in München an den Start gehen und von dort aus Nah- und Fernziele anfliegen, die sich für die Lufthansa wegen höherer Personalkosten nicht rechnen. Eurowings fliegt ihm zufolge wegen niedrigerer Gehälter mit bis zu 30 Prozent geringeren Stückkosten als etwa die Mutter Lufthansa. Bis 2018 soll sie ihre Stückkosten noch einmal um jeweils 10 Prozent senken. 2016 soll die Eurowings-Flotte um 10 auf 98 Flugzeuge wachsen.

STARKE ZAHLEN - ABER 'EMOTIONAL SCHWIERIGES JAHR'

Wirtschaftlich legte die Lufthansa im vergangenen Jahr kräftig zu. Der Umsatz wuchs um knapp sieben Prozent auf 32,1 Milliarden Euro. Der operative Gewinn (bereinigtes Ebit) stieg um 55 Prozent auf 1,8 Milliarden Euro, obwohl die Streiks von Piloten und Flugbegleitern den Konzern rund 230 Millionen Euro kosteten. Unter dem Strich ging es dank des lukrativen Verkaufs einer Beteiligung an der US-Fluglinie JetBlue sogar von 55 Millionen auf 1,7 Milliarden Euro nach oben.

Spohr und Menne sprachen von einem "emotional schwierigen Jahr", in dem ein depressiver Copilot der Germanwings einen Airbus-Jet in die französischen Alpen gelenkt hatte. Trotz der Streik-Ausfälle beförderte die Lufthansa mit knapp 108 Millionen Gästen so viele Passagiere wie nie zuvor. Die Aktionäre sollen eine Dividende von 50 Cent erhalten, nachdem sie 2014 wegen des mickrigen Gewinns leer ausgegangen waren.

PASSAGIERGESCHÄFT VERDIENT MEHR - FRACHT BRICHT EIN

Das billige Kerosin kam vor allem dem Passagiergeschäft zugute. Die Marken Lufthansa, Swiss, Austrian Airlines sowie die Billig-Ableger Eurowings und Germanwings konnten ihren operativen Gewinn von 701 Millionen auf 1,5 Milliarden Euro mehr als verdoppeln. Germanwings flog erstmals schwarze Zahlen ein, und die gesamte neue Formation unter der Marke Eurowings kam auf ein bereinigtes Ebit von 38 Millionen Euro. Auch die Wartungstochter Lufthansa Technik und die Bordverpfleger LSG Sky Chefs legten zu. Lufthansa Cargo musste wegen Überkapazitäten in der Branche jedoch einen Gewinneinbruch hinnehmen.

Konzernweit gingen die Treibstoffkosten um rund eine Milliarde auf 5,8 Milliarden Euro zurück. Im laufenden Jahr sollen sie um eine weitere Milliarde auf 4,8 Milliarden Euro sinken. Allerdings erwartet die Lufthansa, dass sie nur einen kleineren Teil davon als zusätzlichen Gewinn einstreichen kann. Bei der Eurowings-Gruppe rechnet Spohr 2016 sogar mit einem leichten Verlust - auch wegen der Investitionen in den Geschäftsausbau.

Ob die Lufthansa in diesem Jahr zur Komplettübernahme ihres belgischen Ablegers Brussels Airlines ansetzt, ließ Spohr offen. Eine Entscheidung dazu solle im zweiten Quartal fallen. Allerdings habe die Lufthansa bis 2018 jährlich das Recht, zuzugreifen. Bisher gehören der Lufthansa nur 45 Prozent der Fluglinie, die vor allem wegen der in Brüssel ansässigen EU-Kommission und dem EU-Parlament als interessant gilt./stw/ceb/men/stb