--Werner Baumann geht elf Monate vor Ende seines Vertrags

--William Anderson kommt im April und wird im Juni CEO

--Anderson soll Bayers "ganzes Potenzial entfalten"

(NEU: Durchgehend neu geschrieben, mit Hintergrund und Marktreaktion)

Von Olaf Ridder

FRANKFURT (Dow Jones)--Fünf Jahre nach der glücklosen Übernahme des Saatgutriesen Monsanto und anhaltender Kritik von Investoren sucht Bayer einen personellen Neuanfang und trennt sich vorzeitig von Vorstandschef Werner Baumann, der den Deal seinerzeit eingefädelt hatte. Sein Nachfolger soll William Anderson werden, derzeit Pharmachef des Schweizer Roche-Konzerns, wie das Unternehmen nach einer Aufsichtsratssitzung in Leverkusen mitteilte. Die Bayer-Aktie reagierte mit einem Kurssprung von 6 Prozent auf die Nachricht.

Der 56-jährige Chemieingenieur Anderson wird im April bei Bayer starten und soll Baumann, dessen Vertrag eigentlich bis April 2024 gelaufen wäre, im Juni ablösen. Der vorzeitige Wechsel und die Neubesetzung des Bayer-Chefpostens von außen gehörten zu den Forderungen, die aktivistische Investoren zuletzt verstärkt erhoben hatten.

Die Neubesetzung sei Ergebnis eines umfassenden Auswahlverfahrens, das Mitte vergangenen Jahres angestoßen wurde, erklärte Bayer. Unklar ist unterdessen, ob es unter Anderson zu der von einigen Investoren ebenfalls geforderten Aufspaltung des Bayer-Konzerns in ein Pharma- und ein Agrargeschäft kommen könnte. In der Pressemitteilung heißt es: "Der Auftrag von Bill Anderson ist klar: Bayer soll sein ganzes Potenzial entfalten und nachhaltigen Wert für unsere Aktionäre, Landwirte, Patienten, Verbraucher, Beschäftigte und alle Stakeholder des Unternehmens schaffen."

Aufsichtsratschef Norbert Winkeljohann bezeichnete Anderson, der bei Roche zunächst den Chefposten des übernommenen Biotechunternehmens Genentech hatte und davor leitende Positionen bei Biogen bekleidete, als "idealen Kandidat", um Bayer in eine erfolgreiche Zukunft zu führen. Bei Roche habe er erfolgreich ein Transformationsprogramm geleitet und den Grundstein für eine Reihe erfolgreicher Produkteinführungen, erhebliches Umsatzwachstum und Produktivitätssteigerungen gesorgt.

Baumann soll "Ende Mai 2023 nach 35 Dienstjahren bei Bayer in den Ruhestand gehen". Der 60-Jährige stand seit der Monsanto-Übernahme im Juni 2018 unter Druck, mit der sich Bayer eine Klagewelle wegen des angeblich krebserregenden Unkrautvernichters Glyphosat einhandelte. Bis heute sind die Risiken nicht komplett beseitigt, trotz Milliardenzahlungen zur Beilegung von Schadensersatzforderungen Tausender von Klägern. Bayer hat seit der Übernahme rund 26 Prozent an Börsenwert verloren. Mit knapp 60 Milliarden Euro ist der Konzern in etwa so viel wert, wie er damals für die Monsanto-Übernahme auf den Tisch legen musste.

Zuletzt waren die Stimmen, die eine Ablösung Baumanns forderten immer lauter geworden. Selbst bei deutschen Fondsgesellschaften wie Union Investment und Deka wurde ein zügiger Wechsel angemahnt. Mit der Entscheidung zum jetzigen Zeitpunkt kommt der Aufsichtsrat deshalb womöglich einer turbulenten Hauptversammlung bevor. Vor Jahren schon hatten die Aktionäre Baumann auf einer Versammlung das Misstrauen wegen der Glyphosat-Klagen ausgesprochen. Danach war es zu Vergleichsverhandlungen gekommen.

Kontakt zum Autor: olaf.ridder@wsj.com

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February 08, 2023 13:38 ET (18:38 GMT)