FRANKFURT (dpa-AFX) - Die deutsche Chemieindustrie bleibt wegen der Schwäche in den Schwellenländern für das laufende Jahr weiter vorsichtig. "Das Chemiegeschäft dürfte auch in der zweiten Jahreshälfte ohne Dynamik bleiben", sagte der Präsident des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI), Marijn Dekkers, am Dienstag laut Mitteilung. Weder im Inland noch im Ausland seien nachhaltige Wachstumsimpulse erkennbar. "Unsicherheiten wie der bevorstehende Austritt Großbritanniens aus der EU kommen hinzu", sagte der ehemalige Bayer-Chef. Die zuletzt gekappten Prognosen für 2016 bestätigte er.

Nach einem vielversprechenden Jahresstart trübte sich das Geschäft der drittgrößten Industriebranche Deutschlands im Frühjahr ein. Produktion, Preise und Umsatz gingen zurück. Im Vergleich zum Vorjahr sackte der Umsatz im zweiten Quartal um 6,1 Prozent ab. Gleichzeitig blieb die Chemieproduktion um 0,5 Prozent unter dem Vorjahresniveau, während sich Chemikalien um 2,7 Prozent verbilligten. Auch im Vergleich zum Vorquartal waren die Kennzahlen rückläufig. Neben dem Geschäft im Inland entwickelten sich zuletzt auch die Auslandsmärkte schwach.

Die Chemieindustrie ist als Lieferant etwa für die Auto-, Bau- und Konsumgüterindustrie ein wichtiger Signalgeber für die Konjunktur. Die Kapazitätsauslastung der Branche war laut Verband mit 84,1 Prozent nur zufriedenstellend. Im laufenden Jahr dürfte der Umsatz der Branche um 1,5 Prozent auf 185,9 Milliarden Euro schrumpfen, bekräftigte der Verband. Dabei dürften sich Chemikalien um 2,0 Prozent verbilligen. Die Produktion dürfte sich im laufenden Jahr nur leicht um 0,5 Prozent erhöhen.

Unterdessen beendeten die Chemikalienpreise ihre Talfahrt. Von Monat zu Monat legten die Erzeugerpreise zuletzt sogar leicht zu, erklärte der Verband. Doch die Stabilisierung erfolge auf niedrigem Niveau. Auslöser waren die steigenden Rohstoffkosten der Basischemie. So hat sich der Preis für ein Fass Rohöl der Nordseesorte Brent zum Vorquartal um rund ein Drittel erhöht. Der Wind habe mittlerweile aber wieder gedreht. Die Ölpreise gaben zuletzt wieder etwas nach.

Trotz des schwierigen weltwirtschaftlichen Umfeldes blieb die Beschäftigtenzahl der Branche im zweiten Quartal mit 444 000 stabil. Wegen des leichten Beschäftigungsrückgangs zu Jahresbeginn lag die Zahl aber immer noch rund 0,5 Prozent niedriger als ein Jahr zuvor. Angesichts hoher Unsicherheiten bezüglich der weiteren Entwicklungen hielten sich die Unternehmen teilweise mit der Neubesetzung freiwerdender Stellen zurück, hieß es./jha/nmu/stb