FRANKFURT (dpa-AFX) - Positive Aussagen der US-Umweltbehörde EPA zum umstrittenen Unkrautvernichter Glyphosat haben am Donnerstag einem Erholungsversuch der Bayer-Aktien Kraft verliehen. Die Aktien des Agrarchemie- und Pharmakonzerns stiegen am späten Vormittag als zweitgrößter Gewinner im Dax um 3,72 Prozent auf 61,55 Euro.

Die EPA hatte am späten Dienstag amerikanischer Zeit ihre Einschätzung bestätigt, dass Glyphosat bei vorschriftsmäßiger Anwendung keine Risiken für die öffentliche Gesundheit berge und nicht krebserregend sei. "An der Einstufung der Behörde hat sich zwar nichts geändert, aber das dürfte trotzdem die Stimmung für die Aktie etwas aufhellen", sagte ein Händler.

Bayer-Aktien stehen seit der Übernahme des Glyphosat-Herstellers Monsanto stark unter Druck. Die Talfahrt beschleunigte sich vergangenen August, nachdem ein US-Geschworenengericht Glyphosat für die Krebserkrankung eines Klägers verantwortlich machte. Im März 2019 verlor Bayer dann einen weiteren Prozess. In beiden Fällen stehen mögliche Schadenersatzzahlungen von rund 80 Millionen US-Dollar im Raum. Bayer betont zwar unter Verweis auf zahlreiche Studien weiterhin die Sicherheit von Glyphosat und geht gegen die Urteile in Berufung, allerdings gibt es in den USA mittlerweile 13 400 Klagen.

Investoren sind frustriert, hat Bayer doch allein seit dem Urteil vergangenen August rund ein Drittel an Börsenwert verloren. Daran ändert auch nichts, dass laut Analysten die Glyphosat-Risiken - also mögliche Schadenersatz oder Vergleichszahlungen bereits über Gebühr in den Kurs eingepreist seien.

So ist der Leverkusener Dax-Konzern mit rund 57 Milliarden Euro nur noch in etwa so viel wert, wie er für Monsanto zahlte. Ende März fiel der Kurs bei 54,48 Euro auf den tiefsten Stand seit knapp sieben Jahren. Die Folge: Eine für den amtierenden Chef eines Dax-Konzerns nahezu einmalige Abstrafung auf der Hauptversammlung Ende April. Die Aktionäre verweigerten Werner Baumann die Entlastung.

Rechtlich hat das zwar keine Folgen - und viele große Investoren betonten auch, angesichts der komplexen Gemengelage keinen Wechsel an der Konzernspitze zu wollen -, ein herber Imageschaden bleibt aber für die Bayer-Führung. Daran ändert auch die umgehende Rückendeckung für Baumann durch den Aufsichtsrat nichts.

Das Kontrollgremium will zudem laut Informationen der "Wirtschaftswoche" in zwei bis drei Wochen zu einer außerordentlichen Sitzung zusammenkommen. Dabei solle besprochen werden, wie Bayer der Führungs- und Vertrauenskrise Herr werden könne. "Ein Weiter-so kann es nicht geben", zitiert die "Wiwo" ein Aufsichtsratsmitglied. Aufsichtsratschef Werner Wenning hatte bereits auf der Hauptversammlung durchblicken lassen, nach einer weiteren Verstärkung für den Aufsichtsrat im Agrargeschäft zu suchen./mis/elm/stk