- von Alexander Hübner und Tim Hepher

München/Paris, 25. Jun (Reuters) - Bei Airbus ist Sand im Getriebe.

Der europäische Flugzeugbauer muss nicht nur Abstriche an seinen Produktions- und Gewinnzielen für das laufende Jahr machen, weil es nun auch bei den Triebwerks-Lieferanten knirscht. Airbus-Chef Guillaume Faury muss sich auch eingestehen, dass das ehrgeizige Ziel, in zwei Jahren eineinhalb Mal so viele A320-Flugzeuge zu bauen wie bisher, nicht machbar ist. "Wir haben jetzt Gegenwind, wir müssen in den sauren Apfel beißen", sagte Faury am Montagabend vor Analysten. Auf 75 A320 pro Monat werde Airbus wohl erst 2027 kommen, ein Jahr später als geplant. "Wir laufen hoch, aber langsamer als erwartet", so Faury. Zulieferer hatten seit längerem gewarnt, dass sie mit dem Tempo von Airbus nicht Schritt halten könnten.

An der Börse stürzte die Airbus-Aktie um elf Prozent auf 132,74 Euro ab. Auch Papiere von Triebwerkslieferanten wie MTU und Rolls-Royce, denen der Konzern die Schuld an den Problemen gibt, wurden in Mitleidenschaft gezogen. MTU brachen um sechs Prozent auf 214,30 Euro ein, Rolls-Royce verloren vier Prozent.

In diesem Jahr würden insgesamt wohl nur rund 770 statt der geplanten 800 Flugzeuge ausgeliefert und damit kaum mehr als 2023, teilte der Konzern in Toulouse mit. Der Nachschub an A320-Triebwerken habe sich über die vergangenen Monate deutlich verschlechtert - und zwar bei beiden Herstellern. Im Juni hat Airbus Branchenkreisen zufolge bisher nicht einmal halb so viele Maschinen an Kunden ausgeliefert wie geplant. Ohne die Rücknahme der Ziele hätte Airbus Ende des Monats die ersten Maschinen ohne Triebwerke bauen müssen, erklärte Faury. Die Lieferanten müssen "die Konsequenzen tragen" - ihnen drohen offenbar Strafzahlungen.

Airbus verkauft den A320neo mit zwei Triebwerks-Varianten: eine von einem Konsortium um GE und Safran, die andere von Pratt & Whitney und der Münchener MTU Aero. Pratt & Whitney wollte sich nicht äußern. CFM International, das Joint Venture von GE und Safran, erklärte: "Die Lieferketten bleiben herausfordernd, und wir arbeiten daran, die Lieferungen zu beschleunigen, um den Bedarf von Airbus zu decken." Bei den größeren Modellen kommen die Triebwerke von Rolls-Royce. Beim A350 lägen die Briten im Plan, beim A330neo nicht, sagte Faury.

UNSICHERHEIT UM ZUKUNFT VON SPIRIT BELASTET

Die Triebwerke galten bisher nicht als größter Engpass in der Lieferkette von Airbus. Auch Sitze und Kabinenteile stellten den Flugzeugbauer vor "eine sehr schwierige Lage", sagte Faury. Dazu komme die Unsicherheit um die Zukunft des Zulieferers Spirit Aerosystems, der Strukturteile für den A350 und A220 baut. Der Zulieferer steht wegen Qualitätsproblemen beim Erzrivalen Boeing unter Beschuss und soll nun wieder in den ehemaligen Mutterkonzern eingegliedert werden. Dann müssten aber die Teile, die für Airbus arbeiten, herausgelöst werden.

Eine weitere Baustelle von Airbus bleibt die Raumfahrt-Sparte. Die neue, im Frühjahr eingesetzte Spartenführung habe "weitere wirtschaftliche und technische Herausforderungen" bei Aufträgen für Telekommunikations- und Beobachtungs-Satelliten ausgemacht. Daher bucht Airbus weitere rund 900 Millionen Euro Abschreibungen. Das alles schmälert das Ergebnis: Statt eines bereinigten operativen Gewinns (Ebit) von 6,5 bis 7,0 Milliarden Euro, wie es der Vorstand vor zwei Monaten bekräftigt hatte, seien 2024 nun nur noch 5,5 Milliarden Euro zu erwarten, warnte Airbus. Der operative Mittelzufluss (Cash-flow) dürfte mit 3,5 Milliarden Euro eine halbe Milliarde niedriger ausfallen als geplant.

Die Analysten von Berenberg sprachen von einer "bedeutenden Gewinnwarnung". Damit verschlechterten sich auch die Aussichten für einen Aktienrückkauf und für Dividendensteigerungen. Bei den Satelliten werde Airbus die Lage bis zum Jahresende in den Griff bekommen, schrieb Marc Zeck von Stifel. Ein Dauerthema wie beim Militärtransporter A400M sei hier nicht zu erwarten.

(Bericht von Alexander Hübner und Tim Hepher; Redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)