Brüssel, 4. Juli 2017

Die Europäische Kommission genehmigte im Rahmen des EU-Rechts und auf der Basis eines Umstrukturierungsplans eine vorsorgliche Rekapitalisierung der italienischen Bank Monte dei Paschi di Siena (MPS). Auf diese Weise ist es möglich, das Fortbestehen der Bank langfristig zu sichern und dabei Wettbewerbsverzerrungen zu beschränken.

Die Kommission genehmigte eine staatliche Beihilfe in Höhe von 5,4 Mrd. EUR für eine vorsorgliche Rekapitalisierung der italienischen Bank Monte dei Paschi di Siena (MPS). Am 1. Juni 2017 war im Vorfeld zwischen Kommissarin Vestager und dem italienischen Wirtschafts- und Finanzminister Pier Carlo Padoan eine grundsätzliche Einigung über den Plan zur Umstrukturierung der MPS erzielt worden. Diese Einigung unterlag zwei Bedingungen, die jetzt beide erfüllt sind: Die Europäische Zentralbank hat im Rahmen ihrer Aufsichtsfunktion bestätigt, dass die MPS solvent ist und die Mindestkapitalanforderungen erfüllt, Italien wiederum verfügt über eine förmliche Zusage privater Investoren, die zum Ankauf der notleidenden Kredite der Bank bereit sind.

Der Plan ermöglicht es der MPS, (präventiv) den Kapitalbedarf zu decken, der bei einer etwaigen Verschlechterung der wirtschaftlichen Bedingungen entstehen würde. Die Anteilseigner und nachrangigen Gläubiger der MPS haben 4,3 Mrd. EUR beigesteuert, damit die staatliche Beihilfe genehmigt werden kann und, wie im EU-Beihilferecht vorgeschrieben, nur beschränkt Steuergeld eingesetzt werden muss. Unabhängig davon können anspruchsberechtigte Kleinanleger, die Anleihen halten, bei der Bank einen Ausgleich beantragen, weil ihnen missbräuchlich nachrangige Anleihen verkauft wurden. Ferner wird die Bank grundlegend umstrukturiert werden, damit sie fortbestehen kann und der italienische Staat eine ausreichende Rendite für die von ihm getätigte Investition erhält.

Die für Wettbewerbspolitik zuständige EU-Kommissarin Margrethe Vestager erklärte dazu: 'Wir haben im Einklang mit dem EU-Recht die Kapitalspritze Italiens für die MPS genehmigt. Damit kann die Bank bei einer unerwarteten Verschlechterung der wirtschaftlichen Bedingungen ihren Eigenkapitalbedarf decken. Damit die MPS ihren Fortbestand langfristig sichern kann, wird sie ihr Geschäftsmodell neu ausrichten und über 26 Mrd. EUR an notleidenden Krediten aus ihrer Bilanz ausgliedern. Die Genehmigung dieser Kapitalzuführung war erst möglich, nachdem nachrangige Anleihegläubiger und Anteilseigner ihren Beitrag zu den Umstrukturierungskosten geleistet haben, so wie dies gemäß der 'Lastenverteilung' im EU-Beihilferecht vorgeschrieben ist.'

Der für Finanzstabilität zuständige Vizepräsident Valdis Dombrovskis ergänzte: 'Je nach den konkreten Umständen lassen die für die Bankenunion geltenden Vorschriften unterschiedliche Lösungen für Banken zu, die frisches Kapital brauchen. In jedem Fall sollte durch die jeweiligen Lösungen sichergestellt sein, dass die Finanzstabilität in Europa gewahrt und die Belastung für die Steuerzahler gering gehalten wird. Im Fall von MPS werden die Bedingungen für eine vorsorgliche Rekapitalisierung erfüllt. Anteilseigner und nachrangige Anleihegläubiger haben sich auch an den Kosten beteiligt.'

Die EU-Rechtsvorschriften, namentlich die Richtlinie über die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten, sieht die Möglichkeit staatlicher Kapitalzuführungen für solvente Banken vor, sofern bestimmte Kriterien erfüllt sind ('vorsorgliche Kapitalisierung'). Eine staatliche Beihilfe kann in diesem Kontext nur gewährt werden, um sich auf den etwaigen Kapitalbedarf einer Bank einzustellen, der bei einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Bedingungen entstehen könnte. Die Beihilfe löst nicht die Abwicklung der betreffenden Bank aus. Die vorsorgliche Rekapitalisierung solventer Banken nach der Abwicklungsrichtlinie ist eine Option, die zwischen dem Europäischen Parlament und dem Rat bei der Verabschiedung der Richtlinie vereinbart wurde.

Am 23. Dezember 2016 kündigte die MPS an, dass sie eine vorsorgliche Rekapitalisierung beantragen wolle, nachdem es ihr nicht in vollem Umfang gelungen war, das nötige Kapital bei privaten Anlegern zu beschaffen. Anlass für diese Kapitalbeschaffungsaktion war das Abschneiden der Bank bei dem EU-weiten Stresstest, der 2016 von der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde und der Europäischen Zentralbank durchgeführt wurde. Dabei zeigte sich, dass es der Bank beim 'ungünstigen Szenario', mit dem eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Bedingungen simuliert wird, unterkapitalisiert wäre.

Als Gegenmaßnahme plant Italien Folgendes:

  • Gemäß dem im EU-Beihilferecht vorgesehenen Grundsatz der Lastenverteilung haben nachrangige Anleihegläubiger und Anteilseigner einen Beitrag von 4,3 Mrd. EUR geleistet, der durch die Umwandlung nachrangiger Schuldverschreibungen in Eigenkapital und die Verwässerung des Aktienbestands von Altaktionären aufgebracht wurde.
  • MPS hat durch den Verkauf einiger Geschäftsbereiche 0,5 Mrd. EUR an privatem Kapital mobilisiert.
  • Der Staat wird das noch ausständige Kapital in Höhe von 5,4 Mrd. EUR zuschießen und erhält dafür MPS-Aktien (zu einem herabgesetzten Preis).

Insgesamt wird durch den Plan sichergestellt, dass ausreichend private Mittel zur Deckung derzeitiger und voraussichtlicher Verluste der MPS zur Verfügung stehen.

Gleichzeitig können kleine nachrangige Anleihegläubiger, die Opfer missbräuchlicher Verkäufe wurden, bei Erfüllung bestimmter Kriterien, einen Ausgleich beantragen: Dabei werden ihre umgewandelten Anteile gegen vorrangige MPS-Anleihen getauscht. Dieser Ausgleich ist ein von der im EU-Beihilferecht vorgesehenen Lastenverteilung vollkommen losgelöstes Konzept. Die MPS plant bis zu 1,5 Mrd. EUR für Ausgleichzahlungen an nachrangige Anleihen haltende Kleinanleger ein, die Opfer missbräuchlicher Verkäufe wurden.

Umstrukturierungsplan

Da für eine vorsorgliche Rekapitalisierung Steuergelder verwendet werden, ist durch das EU-Beihilferecht sichergestellt, dass öffentliche Gelder nur für eine Bank bereitgestellt werden können, die langfristig rentabel ist. Infolgedessen muss die Bank grundlegend umstrukturiert werden, damit ihr Fortbestehen langfristig gesichert wird. Außerdem muss der Staat eine ausreichende Vergütung für seine Kapitalspritze erhalten.

Gemäß dem Umstrukturierungsplan der MPS sind in einem Zeitraum von fünf Jahren folgende Maßnahmen geplant:

  • Die Bank will ihr Geschäftsmodell auf Privatkunden sowie kleine und mittlere Unternehmen neu ausrichten, effizienter werden und ihr Kreditrisikomanagement verbessern. Für die Spitzenmanager von MPS wird es (das gesamte Vergütungspaket umfassende) Gehaltsobergrenzen geben, so wie dies im EU-Beihilferecht vorgeschrieben ist. Diese Obergrenze entspricht dem Zehnfachen des Durchschnittsgehalts der MPS-Angestellten.
  • Dass notleidende Kredite in Höhe von 26,1 Mrd. EUR zu marktüblichen Bedingungen an eine privat finanzierte Zweckgesellschaft abgetreten werden, ist ein weiteres Schlüsselelement dieses Plans. Dieses Vorhaben wird teilweise vom Fonds Atlante II finanziert. Die MPS wird außerdem die mit einem geringeren Risiko behafteten sogenannten Senior Notes der Zweckgesellschaft an private Investoren veräußern. Für diesen Verkauf wird die MPS staatliche Garantien zu marktüblichen Bedingungen für die vorrangige Tranche beantragen. Dies erfolgt im Rahmen einer Regelung für eine italienische Staatsgarantie (der 'GACS', einer von der Kommission im Februar 2016 genehmigten beihilfefreien Regelung).

Diese Maßnahmen werden dazu beitragen, dass die MPS langfristig weiterbestehen kann. Ferner bestätigte die Kommission, dass der Umstrukturierungsplan darauf abzielt, dass der Staat eine ausreichende Rendite als Vergütung für seinen Kapitaleinsatz erhält.

Schließlich sind in diesem Plan auch mehrere Verpflichtungen zur Eindämmung von Wettbewerbsverzerrungen vorgesehen, beispielsweise ein Verbot der Werbung mit der staatlichen Beihilfe und die Untersagung aggressiver Geschäftspraktiken.

Die Kommission hat bei ihrer Entscheidung über diese staatliche Beihilfe auch nachgeprüft, dass die Kapitalaufstockung durch den italienischen Staat als vorsorgliche Rekapitalisierung im Sinne der Richtlinie über die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten gewährt werden kann. Dabei kam sie zu dem Schluss, dass alle in der genannten Richtlinie vorgesehenen Bedingungen erfüllt waren.

Hintergrund

Siehe auch das Factsheet zur Anwendung der EU-Vorschriften auf Banken mit einem Eigenkapitaldefizit: ('State aid: How the EU rules apply to banks with a capital shortfall').

Die Banca Monte dei Paschi di Siena (MPS) ist die viertgrößte italienische Bank. Ende 2016 verfügte sie in Italien über einen Marktanteil von 7,1 %. Am 23. Dezember 2016 beantragte die MPS eine Liquiditätshilfe. Die Kommission erteilte eine vorläufige Genehmigung für die Gewährung der Liquiditätshilfe (in Form staatlicher Garantien für von der Bank begebene Anleihen) vorbehaltlich - unter anderem - der Vorlage eines Umstrukturierungsplans. Mit dem nunmehr vorgelegten Umstrukturierungsplan wurde jetzt auch die Liquiditätshilfe endgültig genehmigt.

Die 'Garanzia Cartolarizzazione Sofferenze' (GACS) ist eine in Italien bestehende Regelung zur Gewährung staatlicher Garantien, die den italienischen Banken die Verbriefung notleidender Kredite und die Ausgliederung dieser Kredite aus ihren Bilanzen erleichtern soll. Wie die Kommission im Februar 2016 bestätigt hat, umfasst die Maßnahme keine staatliche Beihilfe.

Sobald alle Fragen im Zusammenhang mit dem Schutz vertraulicher Daten geklärt sind, werden weitere Informationen zu dieser Sache unter der Nummer SA.47677 im Beihilfenregister auf der Website der Generaldirektion Wettbewerb der Kommission veröffentlicht. Über neu im Internet und im Amtsblatt veröffentlichte Beihilfebeschlüsse informiert der elektronische Newsletter State Aid Weekly e-News.

Europäischen Union veröffentlichte diesen Inhalt am 04 Juli 2017 und ist allein verantwortlich für die darin enthaltenen Informationen.
Unverändert und nicht überarbeitet weiter verbreitet am 04 Juli 2017 15:09:08 UTC.

Originaldokumenthttp://europa.eu/rapid/press-release_IP-17-1905_de.htm

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