BERLIN (dpa-AFX) - Der Bildungsdirektor der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), Andreas Schleicher, hält die Pläne des Berliner Senats zur schrittweisen Schulöffnung trotz des verlängerten Lockdowns für richtig. "Es sind immer schwierige Abwägungen. Aber gerade in den ersten Schul- und Lebensjahren ist der Präsenzunterricht einfach nicht ersetzbar", sagte der Bildungsforscher am Freitag dem rbb-Inforadio. "Insofern ist der Ansatz in Berlin, wenn das die Gesundheitslage zulässt, sehr vernünftig, dass man gerade bei den kleinsten Kindern schnell anfängt, auch in begrenzten Klassen."

Bildung sei immer Beziehungsarbeit und nicht nur Wissensvermittlung, erläuterte Schleicher. Und in den ersten Schuljahren sei schon deshalb Präsenzunterricht nötig, weil man bei Grundschülern kein selbstständiges Lernen zu Hause erwarten könne. Hier könne digitale Wissensvermittlung also "nicht sehr viel erreichen". Bei höheren Jahrgängen hingegen könnten Wechselunterricht und Digitalisierung mehr bringen.

Der Senat hatte am Mittwoch beschlossen, ab 11. Januar schrittweise zumindest wieder Wechselunterricht anzubieten, also eine Kombination aus Lernen zu Hause und in den Schulen in kleinen Gruppen. Den Anfang sollen die abschlussrelevanten Jahrgänge machen, die in anderen Bundesländern schon länger wieder an den Schulen sind; bereits eine Woche später sollen Grundschüler der Klassen 1 bis 3 folgen. Nach den Winterferien, so die Hoffnung, soll der Präsenzunterricht ab dem 15. Februar für alle wieder regulär wie vor dem Lockdown laufen. Die Pläne riefen Kritik etwa bei der Lehrergewerkschaft GEW, einigen Schulleitern, Eltern- und Schülervertretern hervor.

Schleicher forderte bundesweit so viel wie möglich Ersatzunterricht und Zusatzangebote in den Ferienzeiten. "Jetzt einfach zu sagen, das Schuljahr ist verloren und wir setzen das einfach irgendwann obendrauf, ist keine akzeptable Lösung."/kr/DP/jha