--Unternehmen können sich um eine 15-jährige Förderung bewerben

--Fördervolumen in erster Gebotsrunde bei 4 Milliarden Euro

--Zweite Runde über maximal 19 Milliarden Euro folgt im Herbst

(NEU: weitere Aussagen von Pressekonferenz, Reaktionen)

Von Andreas Kißler

BERLIN (Dow Jones)--Das Bundeswirtschaftsministerium hat das erste Gebotsverfahren des Förderprogramms Klimaschutzverträge gestartet. "Heute ist ein guter Tag für den Industriestandort Deutschland, den Klimaschutz und nachhaltige Arbeitsplätze in unserem Land", sagte Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Unternehmen der energieintensiven Industrie, die erfolgreich am vorbereitenden Verfahren im Sommer 2023 teilgenommen hätten, könnten sich innerhalb der nächsten vier Monate um eine 15-jährige Förderung ihrer großen Transformationsprojekte bewerben. Laut Habeck beläuft sich das Fördervolumen in der ersten Gebotsrunde auf 4 Milliarden Euro, wobei die Einzelförderung auf 1 Milliarde Euro gedeckelt ist.

"Damit sind sehr viele Unternehmen ... in dem Gebotsverfahren, die mittelständische energieeffiziente Produktion haben", betonte der Bundeswirtschaftsminister bei einer Pressekonferenz. Vorgesehen seien eine zweite Gebotsrunde im Herbst, für die maximal 19 Milliarden Euro eingeplant seien, und im nächsten Jahr dann zwei weitere Runden. "Wir planen für das Gesamtprogramm mit einem mittleren zweistelligen Milliardenbetrag", erklärte Habeck. Diese Gelder würden aber nicht sofort ausgeschüttet, sondern über die 15 Jahre allmählich abfließen.

Mit den Klimaschutzverträgen fördere die Regierung erstens moderne, klimafreundliche Industrieanlagen von morgen. Dadurch entständen neue Technologien, Wertschöpfungsketten und Infrastrukturen. Das helfe zweitens der Industrie weltweit dabei, auf klimafreundliche Produktion umzuschalten. "Und drittens setzen wir mit den Klimaschutzverträgen international neue Standards für eine effiziente und bürokratiearme Förderung", betonte Habeck. "Mit den Klimaschutzverträgen stellen wir sicher, dass die Transformation in den Unternehmen gelingt." Gefördert werde nur Produktion im Inland. Teilgenommen habe an dem Vorverfahren eine hohe zweistellige Zahl an Firmen.

Deutschland ist laut Habecks Ministerium der erste EU-Mitgliedsstaat, der eine Förderung durch Klimaschutzverträge an den Start bringt. Das neue und innovative Förderinstrument hatte zuvor erfolgreich das beihilferechtliche Genehmigungsverfahren durch die Europäische Kommission durchlaufen. Klimaschutzverträge sollten moderne, klimafreundliche Produktionsverfahren in den energieintensiven Industriebranchen anstoßen, zum Beispiel in der Papier-, Glas-, Stahl- und Chemieindustrie. Dafür glichen Klimaschutzverträge dort, wo klimafreundliche Produktionsverfahren gegenwärtig noch nicht konkurrenzfähig betrieben werden könnten, die Mehrkosten im Vergleich zu konventionellen Verfahren aus - für eine Laufzeit von 15 Jahren.


   Einsparung von 350 Millionen Tonnen CO2 

Dadurch würden unmittelbar große Mengen an Treibhausgasen vermieden. Insgesamt sollen laut dem Ministerium Emissionen in Höhe von rund 350 Millionen Tonnen CO2 über die Laufzeit des Förderprogramms bis 2045 vermieden werden. Dies entspreche Treibhausgasreduktionen von bis zu 20 Megatonnen im Jahr, also etwas über einem Drittel des Sektorziels für die Industrie für das Jahr 2030. "Allein die geförderten Anlagen aus der ersten Gebotsrunde werden mehrere Millionen Tonnen CO2 einsparen", sagte Habeck.

Vor allem aber sollten die Klimaschutzverträge die dringend notwendige Markttransformation anstoßen: Klimaschutzverträge setzten einen Anreiz, die erforderlichen neuen Technologien und dafür notwendige Infrastrukturen schon jetzt in Deutschland zu entwickeln und zu bauen, etwa Produktionsanlagen und Pipelines für Wasserstoff. Auch das Know-how in der Finanzierung, beim Bau und dem Betrieb von klimafreundlichen Anlagen sowie Märkte für klimafreundliche Endprodukte (grüne Leitmärkte) würden entwickelt. Klimaschutzverträge sicherten damit die Stärke des Industrie- und Innovationsstandorts Deutschland, so das Wirtschaftsministerium.

Die Wirtschaft begrüßte den Start der Klimaschutzverträge. "Die Klimaschutzverträge werden gebraucht, um die nachhaltige Transformation voranzubringen", sagte der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried Russwurm. Umfangreiche staatliche Unterstützung sei nötig, wenn die politisch gewünschte Transformation hin zur Klimaneutralität in kurzer Zeit gelingen solle. "Wichtig ist, dass die Unternehmen mit ihren Dekarbonisierungsprojekten jetzt zügig loslegen und dabei auf die politische Unterstützung zählen können", betonte er.

Die Klimaschutzverträge seien "ein positives Signal", erklärte der Hauptgeschäftsführer des Verbands der Chemischen Industrie (VCI), Wolfgang Große Entrup. "Es wäre klug, sie als langfristiges Instrument zu etablieren." Damit sie zum Transformationsbooster werden könnten, müssten sie möglichst unbürokratisch und pragmatisch fördern. "Für den vollständigen Wandel zu klimaneutralem Wirtschaften sollten zukünftig auch neue Technologien wie chemisches Recycling unterstützt werden", forderte Große Entrup.

Kontakt zum Autor: andreas.kissler@wsj.com

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March 12, 2024 08:54 ET (12:54 GMT)