Von Andrea Thomas

BERLIN (Dow Jones)--Die Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) will mit den jüngsten Änderungen im Energierecht eine Kettenreaktion von Insolvenzen im Gassektor verhindern. Es gehe darum, im Notfall Energieunternehmen mit staatlichen Mitteln zu helfen und die Weitergabe von Preissteigerungen nach sorgfältiger Abwägung zu ermöglichen. Eine finanzielle Obergrenze für die staatlichen Hilfen in Form von Staatsbeteiligungen oder Finanzspritzen nannte er nicht. Man gebe sich aber das "volle Arsenal der Möglichkeiten", um sie im Zweifelsfall mit Bedacht und behutsam einsetzen zu können.

"Wir werden nicht zulassen, dass wir einen systemischen Effekt im deutschen und europäischen Gasmarkt bekommen, weil dann Dominoeffekt eintreten und von einer Unternehmenspleite andere Branchen oder die Versorgungssicherheit insgesamt erfasst wird", erklärte Habeck.

Mit Blick auf die aktuell hohen Preise sagte Habeck, dass man mit den gesetzlichen Regelungen zwei Alternativen für Gasunternehmen schaffe. Man könne entweder Preissteigerungen außerhalb der normalen, vertraglich vereinbarten Anpassungen weitergeben oder in Form einer Umlage gerechter unter den Kunden verteilen. Diese alternativen Preismechanismen seien aber gebunden an die Entscheidung der Politik oder der Behörden, dass die Preissteigerungen weitergegeben werden können oder müssen. Es sei kein Automatismus und man habe den Einsatz noch nicht aktiviert.

"Diese beiden Instrumente sind scharfe Schwerter, besondere Instrumente, die wir jetzt uns geben, die wir aber noch nicht nutzen wollen und die wir nur mit großem Bedacht anwenden würden", so Habeck.


   Schwitzen zum Energiesparen 

Das Kabinett stimmte auch dem Instrument zu, dass Einzelmaßnahmen zum Energiesparen verordnet werden können bereits vor Eintritt des Krisenfalls und vor dem Einsatz der Bundeslastverteilung. Als Beispiel für solche Energieeinsparungen verwies Habeck auf Baden-Württemberg, wo in der Vergangenheit Weihnachtsferien verpflichtend für die öffentliche Verwaltung angeordnet wurden, um in dieser Zeit die Temperaturen in den Räumen zu reduzieren.

Im Bundeswirtschaftsministerium habe man bereits freiwillig die Vorgaben zur Beheizung oder Kühlung von öffentlichen Gebäuden hochgesetzt. Öffentliche Gebäude müssten ab 26 Grad gekühlt werden und bei Kälte auf mindestens 20 Grad hochgeheizt werden.

"Im Wirtschaftsministerium wird jetzt nicht nur metaphorisch, sondern auch tatsächlich ein bisschen mehr geschwitzt", so Habeck. Einsparvorschriften für private Haushalte kämen allerdings erst als letzte Option zum Zuge.

Kontakt zur Autorin: andrea.thomas@wsj.com

DJG/aat/jhe

(END) Dow Jones Newswires

July 05, 2022 08:55 ET (12:55 GMT)