Münster (Reuters) - Das Bundesamt für Verfassungsschutz darf die AfD nach einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster weiter als Verdachtsfall einstufen.

Der 5. Senat wies am Montag eine Berufungsklage der AfD zurück. "Nach Überzeugung des Senats liegen hinreichende tatsächliche Anhaltspunkte dafür vor, dass die AfD Bestrebungen verfolgt, die gegen die Menschenwürde bestimmter Personengruppen sowie gegen das Demokratieprinzip gerichtet sind", erklärte das Gericht. "Es besteht daher der begründete Verdacht, dass es den politischen Zielsetzungen jedenfalls eines maßgeblichen Teils der AfD entspricht, deutschen Staatsangehörigen mit Migrationshintergrund nur einen rechtlich abgewerteten Status zuzuerkennen."

Der Verfassungsschutzes habe bei seinen Maßnahmen die Verhältnismäßigkeit gewahrt, erklärte das Gericht bei der Urteilsbegründung. Das Vorgehen sei mit dem Grundgesetz, dem Europarecht und dem Völkerrecht vereinbar. Das Gericht betonte zugleich, dass die Einstufung als ein Verdachtsfall nicht automatisch bedeute, dass dieser Verdacht sich auch erhärte. Die durch das Gericht bestätigte Einstufung erlaubt eine Beobachtung der Partei durch den Inlandsgeheimdienst. Eine Revision wurde nicht zugelassen. Die AfD kann aber beim Bundesverwaltungsgericht Leipzig Beschwerde einlegen und sich um eine Revision bemühen.

Die AfD hatte sich gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Köln gewandt, das wegen des Verfassungsschutz-Dienstsitzes in Köln für den Fall in der Vorinstanz zuständig war. Das Kölner Gericht wies im März 2022 eine Klage der AfD gegen die rund ein Jahr zuvor erfolgte Einstufung als Verdachtsfall ab. Die Partei ging in die Berufung. Zu Beginn der Verhandlung am OVG Mitte März in Münster stellte die AfD zahlreiche Befangenheitsanträge gegen die Richter. Ein Anwalt des Verfassungsschutzes warf der AfD vor, damit das Verfahren in die Länge ziehen zu wollen.

Das Urteil fällt mitten in den Wahlkampf für die Europawahl Anfang Juni und in die Vorbereitungen für die Landtagswahlen in Brandenburg, Thüringen und Sachsen. Die AfD ist Umfragen zufolge in den ostdeutschen Bundesländern besonders stark. Die Landesverbände Thüringen und Sachsen werden - wie auch jener in Sachsen-Anhalt - von den Verfassungsschutzbehörden dieser Bundesländer als "gesichert rechtsextrem" eingestuft.

(Bericht von Elke Ahlswede, redigiert von Christian Rüttger. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)