Berlin (Reuters) - Die AfD plant nach Angaben der Bundessprecherin Alice Weidel, einen Kanzlerkandidaten für die nächste Bundestagswahl aufzustellen.

Weidel sagte am Mittwoch im Interview mit den TV-Sendern RTL/ntv, dass ein Bundesparteitag eine entsprechende Entscheidung fällen müsse. Hintergrund sind die hohen Umfragewerte der rechtspopulistischen Partei, die je nach Meinungsforschungsinstitut teilweise hinter der Union an zweiter oder dritter Stelle liegt. Auf die Frage, ob die AfD deshalb über einen Kanzlerkandidaten nachdenke, sagte Weidel: "Natürlich. Wir hätten das auch ohne diese Werte getan, einen Kanzlerkandidaten aufzustellen." Wer dies werden könne, sei völlig offen.

Weidel war bei der Wahl 2021 zusammen mit dem Co-Bundessprecher der Partei, Tino Chrupalla, als Spitzenkandidatin angetreten. Die Entscheidung für einen Kanzlerkandidaten oder eine Kanzlerkandidatin würde die Wahl für eine Person nach sich ziehen, was die AfD bisher vermieden hatte.

Chruppala wies das Argument zurück, dass keine andere Partei mit der AfD koalieren will und die Rechtspartei deshalb keine Chance auf eine Regierungsbeteiligung habe. Das könne sich durch die bevorstehenden Landtagswahlen schnell ändern, sagte er Welt-TV. "Am Ende muss man sehen, welche Parteien mit uns zusammenarbeiten wollen - und vor allen Dingen müssen. Und das wird vor allem in den Landtagswahlen im Osten der Fall sein, wenn keine anderen Koalitionen oder keine anderen Bündnisse ohne die AfD mehr möglich sind", sagte er in Anspielung auf die hohen Umfragewerte im Osten und die anstehenden Landtagswahlen in 2024. Die CDU hat Koalitionen mit der AfD auf Europa-, Deutschland- oder Landesebene formell ausgeschlossen. In den ostdeutschen Bundesländern ist die AfD laut einer Forsa-Umfrage mit 32 Prozent mittlerweile deutlich stärkste Kraft vor der CDU mit 23 Prozent.

Der erstmalige Schritt zu einer Kanzlerkandidatur könnte auch Auswirkungen auf die Einladungen für TV-Wahlsendungen haben. 2021 waren dort die Kanzlerkandidatinnen und Kanzlerkandidaten von SPD, Union und Grünen aufeinandergetroffen. Die nächste Bundestagwahl ist 2025 geplant.

Der Verfassungsschutz hat die Jugendorganisation der AfD mittlerweile als offen rechtsextrem eingestuft. Die Partei selbst wird als "Verdachtsfall" geführt. "Wir sehen, dass Teile der AfD sehr stark von Moskau beeinflusst sind und russische Narrative weiter verbreiten", sagte Verfassungsschutzpräsident Thomas Haldenwang am Dienstag mit Blick auf den Angriffskrieg gegen die Ukraine.

"Die AfD ist keine normale Partei", sagte die parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast. Sie betrachte die hohen Umfragwerte mit Sorge.

(Bericht von Andreas Rinke; redigiert von Hans Busemann.; Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)