Frankfurt (Reuters) - Die Kreditnachfrage der Unternehmen wird nach einer Umfrage der Europäischen Zentralbank (EZB) unter Geldhäusern in der Euro-Zone voraussichtlich im Sommer erstmals seit längerem wieder zulegen.

Sollte sich diese Erwartung der Banken für das dritte Jahresviertel bestätigen, wäre dies der erste Anstieg der Firmenkreditnachfrage seit dem Sommerquartal 2022, teilte die EZB am Dienstag zu den Ergebnissen ihrer vierteljährlichen Kreditumfrage unter Banken mit. Insgesamt werde für die zweite Jahreshälfte ein moderater Anstieg der Kreditnachfrage in den meisten Wirtschaftszweigen erwartet. Ausnahmen blieben die Bauwirtschaft und der Gewerbeimmobiliensektor. Im zweiten Quartal schwächte sich die Nachfrage der Firmen nach Krediten wie schon im Auftaktquartal des Jahres ab.

Aus Sicht von Bert Colijn, Volkswirt des Bankhauses ING, zeigt die EZB-Erhebung nur eine bescheidene Verbesserung der Kreditnachfrage an. Die Vergabestandards der Banken seien weiterhin streng. "Für die EZB sollte die Umfrage daher darauf hinweisen, dass es noch viel Spielraum gibt, den Fuß von der Bremse zu nehmen, bevor es wieder zu einer deutlichen Belebung der Kreditvergabe kommt" führte er aus.

Die EZB hatte im Juni die Zinswende vollzogen und erstmals seit 2019 die Zinsen gesenkt. Der am Finanzmarkt richtungsweisende Einlagensatz, den Banken erhalten, wenn sie bei der Notenbank überschüssige Gelder parken, wurde um einen Viertelprozentpunkt auf 3,75 Prozent nach unten gesetzt. Dies sorgt dafür, dass sich die Finanzierungsbedingungen in der Wirtschaft wieder etwas lockern. Die nächste Zinssitzung der Währungshüter findet an diesem Donnerstag statt. Erwartet wird, dass die EZB auf dem Treffen nicht sofort einen zweiten Schritt nach unten beschließen, sondern an den Zinsen erst einmal nicht rütteln wird.

Die Nachfrage der Haushalte nach Immobilien- und nach Verbraucherkrediten nahm im zweiten Quartal zu. Es war das erste Nachfrageplus seit 2022. Dazu trugen laut EZB sich verbessernde Aussichten auf dem Wohnimmobilienmarkt bei. Für den Dreimonatszeitraum Juli bis September erwarteten Banken nun eine weiter anziehende Nachfrage.

Laut der EZB-Umfrage gehen die Geldhäuser zudem für das dritte Quartal von einer moderaten Verschärfung ihrer Vergabestandards für Kredite an Unternehmen aus. Bei den Darlehen an Haushalte werde hingegen mit unveränderten Vergabestandards gerechnet. Im zweiten Quartal verschärften die Institute der Erhebung zufolge ihre Vergabe-Richtlinien sowohl für Unternehmens- wie auch Verbraucherkredite etwas, während sie ihre Vergabestandards für Immobilienkredite an Haushalte weiter lockerten.

KREDITNACHFRAGE STEIGT IN DEUTSCHLAND

Die EZB befragt viermal im Jahr die Banken zu ihrer Kreditvergabe. Der jüngste sogenannte Bank Lending Survey (BLS) fand zwischen dem 10. und 25. Juni statt. Insgesamt nahmen 157 Finanzinstitute daran teil. Die Ergebnisse liefern den Währungshütern stets wichtige Informationen zu den Finanzierungsbedingungen in der 20-Länder-Gemeinschaft.

In Deutschland sei die Kreditnachfrage in allen Segmenten - Firmendarlehen, Immobilienkredite der Haushalte und Verbraucherdarlehen - im zweiten Quartal gestiegen, teilte die Bundesbank zu den im Rahmen der Umfrage befragten deutschen Geldhäusern mit. Die Nachfrage nach Bankkrediten sei in Deutschland im Firmenkundengeschäft erstmals seit knapp zwei Jahren wieder gestiegen. Dahinter steht nach Einschätzung der Banken ein gestiegener Finanzierungsbedarf bei Großunternehmen für Anlageinvestitionen sowie für die Lagerhaltung und Betriebsmittel. Bei den Krediten an Haushalte habe sich die Belebung aus dem ersten Quartal fortgesetzt.

(Bericht von Frank Siebelt, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)