Zürich (awp) - Mit dem Zinsentscheid der Europäischen Zentralbank vom Vortag ist ein grosser Unsicherheitsfaktor aus den Märkten. Das hat bereits am Donnerstag die Kurse gestützt und sorgt auch zu Wochenschluss für feste Notierungen. Für den hiesigen Leitindex SMI zeichnet sich damit aktuell ein Wochenplus von mehr als 2 Prozent ab. Wie ein Händler sagt, sei der Markt froh, dass diese zehnte Zinserhöhung in Folge voraussichtlich die letzte sei - auch wenn die EZB-Chefin Christine Lagarde auf der Pressekonferenz keine Garantie über den erreichten Zinsgipfel geben wollte.

"Die letzten 0,25 Prozentpunkte machen den berühmten Kohl nicht fett und sind nicht verantwortlich dafür, dass die Eurozone und allen voran die deutsche Wirtschaft in die Rezession rutschen - das waren die neun aggressiven Zinserhöhungen davor", so der Händler weiter. Nach der EZB ist vor dem Fed und der Schweizerischen Nationalbank, die beide in der kommenden Woche auf der Agenda stehen. Während das Fed pausieren dürfte, rechnet die Mehrzahl der Ökonomen bei der SNB mit einem weiteren Schritt um 25 Basispunkte auf dann 2 Prozent.

Der SMI zieht gegen 11.10 Uhr um 1,12 Prozent an auf 11'222,41 Punkte. Der SLI, in dem die 30 wichtigsten Aktien enthalten sind, gewinnt 1,06 Prozent hinzu auf 1765,51 und der breite SPI 1,01 Prozent auf 14'713,33 Zähler. Im SLI gewinnen alle 30 Titel bis auf VAT und Temenos hinzu.

Neben der Erleichterung angesichts der sich abzeichnenden Zinserhöhungspause in der Eurozone und möglicherweise sogar des Erreichens des Zinsgipfels wird der Markt zum Wochenschluss noch von zwei weiteren Aspekten gestützt. So sind die jüngsten Konjunkturdaten aus China, vor allem die Industrieproduktion, besser als erwartet ausgefallen. Und auch der Hexensabbat, also der grosse quartalsweise Verfall von Optionen und Futures auf Aktien und Indizes an der Eurex trage seinen Teil zum Geschehen bei.

Die chinesischen Daten zünden bei den Uhrenherstellern Richemont (+3,9%) und Swatch (+2,3%) ein Kursfeuerwerk. Die Daten deuten darauf hin, dass sich die zuletzt schwächelnde Wirtschaft in China stabilisiert. Für die Luxusgüterbranche sind das positive Nachrichten.

Weit vorne im Gewinnerfeld sind zudem Titel wie Alcon, Sika, Lonza und Geberit zu finden, die sich um bis zu 2,1 Prozent verteuern. Sie alle weisen auf Sicht der vergangenen fünf Handelstage eine negative Kursentwicklung auf, so dass einzelne Investoren diese Schwäche nun zum Aufstocken nutzten.

Beim Baustoffkonzern Sika stützen die anstehenden Änderungen sowohl im Verwaltungsrat als auch im Management-Team. Wie es in einem Analystenkommentar heisst, beeindrucke mit einem Pool von erfahrenen Führungspersonen, welche eine vollumfängliche interne Besetzung der Rochaden möglich machten.

Im Fokus steht auch der Pharmakonzern Novartis (+0,9%). Zur Stunde findet die ausserordentliche Generalversammlung statt, an der die Aktionäre die Abspaltung von Sandoz beschliessen sollen. Mit der Trennung von Sandoz vollzieht Novartis den Wandel in einen reinen, fokussierten Pharmakonzern.

Mit Julius Bär, Swiss Re und der UBS, die allesamt um mehr als 1 Prozent hinzugewinnen, stehen auch verschiedene Finanzwerte auf den Einkaufszetteln. Beim Rückversicherer setzt sich damit der starke Lauf seit Wochenbeginn fort - die Anfang Woche am Branchentreffen in Monte Carlo oft erwähnte Notwendigkeit höherer Rückversicherungspreise hallt nach.

Bei der UBS wiederum stützt einerseits ein weiters Kursziel mit Marke 30 Franken, das die Citigroup am Morgen neu ausgegeben hat. Aber auch die Aussagen von CEO Sergio Ermotti, mindestens bis 2026 an der Spitze bleiben zu wollen, besänftige die Gemüter.

Die Abgaben von VAT (-2,9%) begründen Händler mit einer Abstufung vom Vortag durch Kepler Cheuvreux. Bei Temenos (-0,7%) wirft das Ausscheiden aus dem SLI mit Ende des heutigen Handelstages seine Schatten voraus. Zusammen mit AMS Osram (+1,0%) werden sie am Montag durch SIG (+2,1%) und Roche I (+0,4%) ersetzt. Im SMIM ersetzen dann die BKW-Aktien (-0,9%) jene von DocMorris (-2,5%).

hr/ra