FRANKFURT (dpa-AFX) - In der kommenden Börsenwoche werden die Unternehmen "liefern" müssen. Die Saison der Quartals- und Jahresberichte nimmt Fahrt auf. Sollten die Enttäuschungen überwiegen, dann könnte es mit dem bislang starken Jahresauftakt an den Börsen rasch wieder vorbei sein.

"In den kommenden Wochen rücken sicher die Daten der einzelnen Unternehmen stärker in den Fokus", sagte Markus Wallner, Analyst der Commerzbank. Trendsetter sind wie stets die Unternehmen aus den USA. Allein in der kommenden Woche lassen sich mehr als ein Drittel aller Schwergewichte im Dow Jones Index in die Bücher schauen. Darunter sind so illustre Namen wie Apple, Boeing, Pfizer und McDonalds. Vor allem ihre Prognosen für den weiteren Jahresverlauf dürften darüber entscheiden, ob es mit Dow und Dax weiter nach oben geht.

Der Dax hat im neuen Börsenjahr bislang um beachtliche 7 Prozent zugelegt. Analysten zufolge hat er damit den Ende September begonnenen Abwärtstrend nach oben verlassen. "Die Kaufbereitschaft der Anleger ist vergleichsweise groß", sagte Robert Halver, Kapitalmarktanalyst der Baader Bank. Es passe ins Bild, dass sich Investoren zuletzt weniger gegen Kursverluste abgesichert hätten. Der Stress an den Märkten habe nachgelassen.

Das dürfte auch daran liegen, dass Investoren jüngst auf eine Entspannung im US-chinesischen Handelskrieg gesetzt haben, vermutet Commerzbank-Analyst Wallner. Ein Blick auf das britische Pfund legt zudem die Annahme nahe, dass Anleger auch beim Brexit etwas zuversichtlicher geworden sind: Seit den Tiefständen vom Jahresbeginn hat das Pfund sowohl zum Euro als auch zum US-Dollar kräftig aufgewertet. Zum Euro sogar auf den höchsten Kurs seit Mai 2017.

Von Dauer dürfte die Erholung an den Börsen aber nur dann sein, "wenn politische Querschüsse aufhören", warnte Baader-Analyst Halver. Im Blick hat er vor allem das Gezerre um den Brexit. Der Experte vermutet wie viele an den Märkten, dass der Austritt Großbritanniens aus der EU verschoben wird. Die Finanzmärkte setzten jedenfalls auf die Vernunft der politischen Akteure. Und auch im Handelskrieg zwischen den USA und China rechnet er letztlich mit einer Lösung - "wenn die Vernunft noch irgendeine Rolle spielt".

Welche Spuren der Brexit und der Handelskrieg in den Bilanzen hinterlassen haben, dürfte die Anleger in der kommenden Woche bei den Quartalszahlen von Siemens und SAP interessieren. Beide Aktienkurse haben sich nach monatelangen Verlusten zuletzt stabilisiert. Bei den Jahreszahlen der Deutschen Bank liegt dagegen "der Fokus klar auf den Kosten", sagt Analyst Andreas Pläsier von Warburg Research. Denn die Aussichten für die Einnahmen aus dem operativen Geschäft hätten sich eingetrübt.

Die Sitzung der US-Notenbank am Mittwoch könnte als Kurstreiber ausfallen, nachdem Fed-Chef Jerome Powell vor zwei Wochen bereits eine zurückhaltende Geldpolitik signalisiert hatte. Spannend könnte es aber werden, wenn sich Powell zum "Government Shutdown" äußert. Ökonomen rechnen damit, dass die Schließung der US-Behörden das Wachstum bremst. Die Annahmen über das Ausmaß der Belastung gehen jedoch auseinander.

"Die größten negativen Auswirkungen sehen wir bei Aktien mit einem hohen Anteil an staatlichen Aufträgen oder Umsätzen", sagt Chefvolkswirt Frank Häusler von Vontobel Asset Management. Unter dem Strich werde sich der Shutdown aber wohl nur temporär auswirken. Denn Aufträge an Unternehmen werden sich vermutlich nur verzögern, nicht aber storniert werden./bek/tav/fba

--- Von Benjamin Krieger, dpa-AFX ---