FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Trotz jüngster Erholung: Europäische Aktien hinken weiter hinter US-Werten her. ETF-Anleger entscheiden sich daher lieber für Übersee.

21. August 2018. FRANKFURT (Börse Frankfurt). US-Aktien kommen in Zeiten heftiger Handelsstreits und weiter schwelender Türkei-Krise offenbar besser an als europäische: "Wir sehen unverändert den Trend heraus aus Europa und hinein in die USA", berichtet Frank Mohr von der Commerzbank. Cornelia Schübel von der Unicredit Group meldet ebenfalls einen eindeutigen Käuferüberhang bei US-Aktien, allerdings hat sie auch Positionierungen in europäischen Aktien beobachtet.

Die Unruhe an den Märkten hat sich etwas gelegt: Ausschlaggebend sind Hoffnungen auf die in dieser Woche stattfindenden Gespräche zwischen den USA und China sowie das Ende der rasanten Talfahrt der türkischen Lira. Am vergangenen Mittwoch hatte der DAX noch bei 12.163 Punkten geschlossen, am Dienstagmorgen sind es 12.345 Punkte. Auch die US-Börsen sind wieder auf Erholungskurs. Der Nasdaq 100 ist mit zuletzt 7.400 Punkten sogar nicht mehr weit vom Allzeithoch bei 7.511 entfernt.

Mohr berichtet von hohen Umsätzen im ETF-Handel und meldet 56.000 Trades für die Vorwoche. "Die Volumen sind allerdings nicht ganz so hoch, offenbar sind viele Privatkunden unterwegs."

S&P-Tracker gesucht

Zugegriffen wurde laut Mohr etwa bei S&P 500- und Nasdaq-Indexfonds. "Der Trend zeigt sich auch in den Zahlen der ETF-Emittenten: Die verwalteten Vermögen von ETFs, die europäische Aktien abbilden, sind in den vergangenen Monaten deutlich zurückgegangen, Zuflüsse gibt es hingegen bei ETFs, die an US-Aktien gekoppelt sind." Schübel berichtet von Käufen von S&P 500-ETFs wie dem BNP Paribas Easy S&P 500 Euro Hedged (WKN A14Z68), dem iShares Core S&P 500 (WKN A0YEDG) und dem iShares S&P 500 Euro Hedged (WKN A1C5E9).

Was europäische Aktien angeht, ist das Bild weniger eindeutig: "Gerade bei Euro Stoxx 50-ETFs (WKN A0YEDJ, 593395, ETF050) haben wir hohe Abflüsse beobachtet", erklärt Mohr. DAX-ETFs (WKN 593393, ETF001) seien ebenfalls abgegeben worden. Schübel meldet hingegen einen ausgewogenen Handel für DAX-Tracker und einen Käuferüberhang für Euro Stoxx-ETFs.

Erhöhte Umsätze in türkischen Aktien

Die Lage in der Türkei hat sich nur leicht entspannt, beendet ist die Krise nicht. Nach den Rekordtiefständen zu US-Dollar und Euro hat sich die türkische Lira etwas erholen können.

Die Krise machte sich auch im Handelsaufkommen mit türkischen Aktien bemerkbar. "Die Umsätze des iShares MSCI Turkey (WKN A0LEW5) lagen deutlich über dem Durchschnitt", stellt Mohr fest. Dass in den USA die verwalteten Vermögen der Türkei-ETFs zuletzt klar gestiegen sind, liege aber nicht an der höheren Nachfrage nach türkischen Aktien. "Vielmehr ist die Nachfrage nach Short-Positionierungen in türkischen Aktien gestiegen", berichtet der Market Maker. In Europa spielten solche Strategien aber noch keine Rolle.

Außerdem sind Schübel zufolge Minimum Volatility-ETFs wieder mehr in den Fokus der Anleger gerückt: Beliebt seien MSCI Europe Minimum Volatility- und MSCI World Minimum Volatility-ETFs.

Bankenaktien zu Schnäppchenpreisen

Unter Druck geraten waren im Zuge der Türkei-Krise auch europäische Bankaktien, denn die Finanzinstitute halten zum Teil hohe Forderungen gegenüber der Türkei. Die niedrigeren Kurse nutzten einige Anleger nun offenbar für einen Einstieg, die Unicredit berichtet von Käufen im Lyxor Stoxx Europe 600 Banks (WKN LYX0AP). Der hat sich zuletzt etwas stabilisieren können, durch die Kursverluste in diesem Jahr sind alle Zuwächse aus 2017 aber wieder zunichte gemacht. Aktuell liegt der Kurs auf dem niedrigsten Stand seit Ende 2016. Beim umsatzstarken iShares Euro Stoxx Banks (WKN 628930) sieht es ähnlich aus.

Mohr zufolge setzten Anleger auf Aktien aus der Industrie- und Technologiebranche, bzw. trennten sich von solchen aus dem Energie- und Grundstoffbereich.

US-Dollar-Bonds gefragt

Im Anleihebereich schauen Anleger derzeit offenbar vor allem auf US-Treasuries, wie Schübel beobachtet hat. Ende der Woche findet das Treffen der Notenbanker im US-amerikanischen Jackson Hole statt, mit Spannung erwartet werden neue Informationen zur US-Notenbankpolitik.

Gekauft wurden laut Schübel US-Staatsanleihen mit Laufzeit von 1 bis 3 Jahren (WKN A0J202). Doch auch auf US-Dollar lautende Unternehmensanleihen würden nachgefragt, etwa der Amundi Floating Rate US-Dollar Corporate Hedged Euro (WKN A2H59D) oder die Variante ohne Währungsabsicherung (WKN A2H59C). In Europa konzentrierten sich Anleger auf Geldmarkt-ETFs (WKN LYX0B6, ETF100). Kurzlaufende Staatsanleihen wurden mal abgegeben (WKN A0J205), mal gekauft (WKN A1JKSV).

Trotz schwacher Währungen einiger Schwellenländer, waren Mohr zufolge Schwellenländer-Staatsanleihen in Lokalwährung beliebt. Ebenfalls zugegriffen wurde dem Market Maker zufolge in liquiden High Yield-Anleihen.

von: Anna-Maria Borse

21. August 2018, © Deutsche Börse AG

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)