FRANKFURT (DEUTSCHE-BOERSE AG) - Anleger nutzen die Vorweihnachtszeit zur Orientierung für das anstehende Jahr und zur Bereinigung ihrer Depots.

21. Dezember 2018. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Von den geldpolitischen Vorstellungen aus dem Oval Office lassen sich die US-Zentralbanker scheinbar nicht aus dem Konzept bringen. Die aus heutiger Sicht vorgesehenen zwei Zinsschritte für das kommende Jahr erwischte Akteure an den internationalen Finanzmärkten auf dem falschen Fuß. Viele Marktteilnehmer waren bis gestern von einer Zinspause in den Vereinigten Staaten für 2019 ausgegangen und reagierten mit Aktienverkäufen. Als sicher geltende Bonds konnten von der gestiegenen Risikoaversion nicht profitieren. US-Treasuries und Anleihen vieler europäischer Staaten wurden ebenfalls zumeist abgestoßen.

"Die Informationsflut kann auch verwirren", stellt Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsbank fest. Das führe wie im vorliegenden Fall schon mal zu kollektiven Fehleinschätzungen. "Unsere Kunden sollten sich aber nicht verrückt machen, denn bei Anleihen ist der Anlagehorizont in der Regel etwas länger."

Wiederkehrendes Theater

Nachdem der angepasste italienische Haushalt von der Europäischen Kommission abgesegnet wurde, rückt nun das alljährliche politische Gerangel um das US-Budget zunehmend in den Vordergrund. Zwar beschlossen sowohl der Senat als auch das Repräsentantenhaus eine Zwischenfinanzierung bis Februar. Letzterer enthalte allerdings Mittel für den Mauerbau zu Mexiko, die der Senat vermutlich nicht billigen wird. Bleibt eine Einigung aus, kommt es in der kommenden Nacht zum so genannten Government Shutdown - sprich dem Einstellen der Arbeit von US-Regierungsbehörden, da die gegenwärtig geltenden Schuldenlimits erreicht sind. Für die Finanzmärkte wäre dies nach Ansicht von Marktbeobachtern eine zusätzliche Belastung.

Raus aus Deutsche Bank-Bond

Den Handel mit Unternehmensanleihen beschreiben Händler als vorweihnachtlich reduziert. "Viele Anleger haben ihre Positionen bereits glattgestellt und die Bücher geschlossen", meint Rainer Petz von der Oddo Seydler Bank. Eine unbegrenzt laufende CoCo-Anleihe der Deutschen Bank (WKN DB7XHP) mit einem Kupon von 6 Prozent wurde im Zuge Aktienverluste verstärkt abgestoßen. Auf Wochensicht fiel der Kurs der Anleihe auf 82,36 Prozent, wie Petz feststellt. Vergangenen Donnerstag mussten Investoren noch 86 Prozent zahlen.

Achterbahnfahrt bei Südzucker-Anleihe

Einen "wilden Ritt" hat nach Beobachtung von Petz eine Hybridanleihe von Südzucker (WKN A0E6FU) hingelegt. Der Kurs der mit jährlich 2,771 Prozent verzinsten Hybridanleihe des größten europäischen Zuckerproduzenten verlor von 82 auf 70 Prozent und erholte sich im Anschluss wieder. Aktuell kostet das Papier 79 Prozent. Nachgebende Zuckerpreise und die jüngste Erholung der Ethanol-Notierungen sorgten für gegensätzliche Bewegungen der im SDAX notierten Aktie des Marktführers für Rübenzucker. Von dem Preisaufstieg würde die Südzucker-Tochter CropEnergies profitieren.

Argentinische Werte unter Druck

Daniel berichtet von Verkäufen einer bis 2025 laufenden Anleihe der argentinischen Neuquen Province (WKN A19GPQ) mit einem Kupon von 7,5 Prozent. Medienberichte über ein mögliches Scheitern des Präsidenten Mauricio Macri bei der Bewältigung der Wirtschaftskrise könnten die Ursache sein. In dem Fall setzt sich nach Auffassung der UniCredit-Analysten womöglich bei der Wahl im Herbst 2019 die vorherige Staatschefin Cristina de Kirchner durch und rücke eine erneute Staatspleite in Argentinien in Sichtweite.

Volkswagen auf beiden Seiten gefragt

Anleger verabschiedeten sich Daniel zufolge vor dem Hintergrund nachgebender Aktienkurse auch von einer 1,1 Milliarden Euro schweren VW-Anleihe (WKN A1ZYTJ) mit einem Kupon von 2,5 Prozent. Die in dieser Woche angekündigte Absicht, 75,1 Prozent der Anteile des schwedischen Telematik-Spezialisten WirelessCar zu übernehmen, habe der Aktie der Wolfsburger nicht auf die Sprünge helfen können. Fast nur Käufe gebe es hingegen für einen bis Oktober 2026 laufenden VW-Bond (WKN A2LQ6C), der jährlich 2,25 Prozent abwirft.

Otto-Anleihe beliebt

Interesse verbucht die Oddo Seydler Bank an einer mit jährlich 4 Prozent verzinsten, nachrangigen Otto-Anleihe (WKN A2LQ0B) "Hier gab es fast ausschließlich Käufe, was durchaus mit dem Weihnachtsgeschäft des deutschen Online-Händlers zusammenhängen könnte."

von: Iris Merker 21. Dezember 2018,

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