Berlin (Reuters) - Der Herzogenauracher Auto- und Industriezulieferer Schaeffler stößt auch mit einem erhöhten Angebotspreis nicht auf Gegenliebe beim Regensburger Antriebsspezialisten Vitesco.

Vorstand und Aufsichtsrat hielten die neue Offerte "aus finanzieller Sicht für nicht angemessen", teilte Vitesco am Montag mit. Allenfalls für "risikoaverse oder kurzfristig orientierte Anleger" könne das Angebot im gegenwärtigen Marktumfeld eine "potenziell attraktive Ausstiegsmöglichkeit" darstellen. Schaeffler hatte zuvor seine Offerte auf 94 Euro je Vitesco-Aktie angehoben.

Mehrere Investoren hatten sich zuletzt unzufrieden mit dem ursprünglich gebotenen Preis von 91 Euro je Vitesco-Aktie gezeigt und Nachbesserungen gefordert. Auch Vitesco-Chef Andreas Wolf hatte den Preis wiederholt als langfristig zu niedrig bezeichnet. Bei der Prüfung des Angebots habe Vitesco unter anderem Einschätzungen der Investmentbanken JP Morgan, Lazard und Perella Weinberg Partners berücksichtigt, hieß es nun. Insgesamt wird Vitesco mit knapp 3,8 Milliarden Euro bewertet.

Die Aktionäre von Vitesco haben noch bis zum 15. Dezember Zeit, ihre Anteilsscheine anzudienen. Die Entscheidung, den Preis anzuheben, unterstreiche die Zuversicht Schaefflers im Hinblick auf die Synergien und das Wertschöpfungspotenzial des Zusammenschlusses, erklärte Schaeffler. Eine weitere Erhöhung des Preises lehnte Schaeffler-Chef Klaus Rosenfeld ab.

Zugleich einigten sich beide Unternehmen auf eine Verschmelzung. Damit sei ein wichtiger Meilenstein erreicht, sagte Rosenfeld. Der Antriebsspezialist Vitesco soll in Schaeffler aufgehen, mit Sitz in Herzogenaurach. Schaeffler sei sich der Bedeutung der Vitesco-Standorte, insbesondere Regensburg, für das E-Mobilitätsgeschäfts bewusst, hieß es. Wolf wird dem neuen Unternehmen allerdings nicht mehr angehören: Für die Sparte E-Mobility solle nach dem Zusammenschluss der Vitesco-Manager Thomas Stierle zuständig sein. Wolfs Vertrag läuft bis September 2024.

Die Eigentümerfamilie Schaeffler hält seit der Abspaltung von Continental knapp die Hälfte der Vitesco-Aktien. Sie hat zugesagt, ihre Vitesco-Aktien zunächst zu behalten. Im zweiten Schritt würden die Schaeffler-Vorzugsaktien in Stammaktien getauscht. Derzeit hält die Familie alle Stimmrechte; mit der Umwandlung der börsennotierten Vorzüge werden ihr die übrigen Aktionäre gleichgestellt. Am Ende könnten alle verbliebenen Vitesco-Papiere in Aktien der fusionierten "neuen" Schaeffler umgetauscht werden.

Das Umtauschverhältnis selbst ist noch offen. Es solle auf Basis einer unabhängigen Ermittlung der Unternehmenswerte im Verschmelzungsvertrag festgelegt werden, hieß es. Voraussichtlich am 24. April solle die Vitesco-Hauptversammlung über die Verschmelzung entscheiden, teilten die Regensburger mit. Die Transaktion selbst soll mit dem Eintrag im Handelsregister im vierten Quartal 2024 abgeschlossen sein.

Schaeffler will mit der Übernahme ein führender Zulieferer von Teilen von Elektroautos werden. Der Zusammenschluss biete erhebliches Synergiepotenzial; ab 2029 verspricht sich Schaeffler bis zu 600 Millionen Euro mehr Betriebsgewinn. Zusammen kommen die Unternehmen auf einen Umsatz von rund 25 Milliarden Euro und ungefähr 120.000 Mitarbeiter.

(Bericht von Christina Amann, redigiert von Ralf Banser. Bei Rückfragen wenden Sie sich bitte an unsere Redaktion unter Berlin.Newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder Frankfurt.Newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte)