Seit den EU-Beitritten der CE/SEE-Länder von 2004 und 2007 bzw. 2013 wird spekuliert wann in Märkten wie Tschechien, Ungarn, Polen oder Rumänien der Euro eingeführt wird. Bis dato erfüllten sich optimistische Szenarien einer raschen Euro-Einführung nicht.

Derzeit sind 'nur' Kroatien und Bulgarien auf Eurokurs. Größere CE/SEE-Länder mit flexiblen Wechselkursen haben sich in den letzten Jahren nicht Euro-euphorisch gezeigt, es gibt keine nationalen Eurobeitrittsstrategien. Wir sehen vielerlei Gründe dafür.

Aus CE/SEE-Blickwinkel sind wachstumsfördernde (interne) Effekte der Euro-Integration eher enttäuschend ausgefallen, z. B. beim Wirtschaftswachstum, dem Intra-Euro-Handel oder der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit. Zudem erwarten die Analysten von Raiffeisen Research, trotz aktuell erreichter Niedrigzinsen in CE/SEE, dass sich die längeren Geldpolitik- und Inflationszyklen in CE/SEE und der Eurozone in den nächsten Jahren und vor allem ab 2022 deutlich voneinander entfernen. Auch flexible Wechselkurse haben den CE/SEE-EU-Volkswirtschaften in den letzten Zyklen sehr gut gedient. Für mittelgroße stabilitätsorientierte CE/SEE-Volkswirtschaften (z.B. Tschechien) ist Schweden möglicherweise sogar ein Beispiel dafür, dass es ein 'gutes Leben' außerhalb des Euroraums und innerhalb der EU mit einem flexiblen Wechselkurs gibt. Auch für größere regionale Volkswirtschaften (z.B. Polen, Rumänien) sind die Vorteile eines Euro-Beitritts möglicherweise auch begrenzter als für kleine (z.B. Bulgarien, Kroatien) und/oder Länder mit de facto oder de jure FX-Bindung.

Da wirtschaftliche Aspekte des Eurobeitritts in CE/SEE nicht so großgeschrieben werden, haben wir es vor allem mit politischen Entscheidungen zu tun. Die zunehmende 'Politisierung' der Euro-Einführung erschwert die Planbarkeit. Langfristig können sich politische Präferenzen wieder verschieben. Mit dem Austritt Großbritanniens aus der EU verringerte sich die Kluft zwischen der EU und dem Euroraum erheblich. Die Mitgliedschaft im Euroraum ist damit langfristig ein wichtiger Baustein zur Gestaltung von EU-Agenden. Wir denken, dass sich politische Präferenzen in Richtung mehr 'Eurofreundlichkeit' bzw. der Formulierung einer Eurostrategie gerade in Rumänien, vielleicht auch in Ungarn, in den späteren 2020er Jahren (wieder) verschieben könnten.

In Summe erwarten wir aber nicht, dass vor 2030 weitere CE/SEE-Länder (neben Kroatien und Bulgarien) dem Euroraum beitreten. Im Falle der Eurobeitrittskandidaten und Kroatien und Bulgarien wird es vor allem davon abhängen, inwiefern auf EU-Ebene Eurobeitritte in Zukunft stärker als bisher mit Aspekten der institutionellen Verfasstheit und Governance und hier zugesagten Reformen verknüpft werden. Denn dann könnte die Wartezeit im Euro-Warteraum (Wechselkursmechanismus II, WKM II) durchaus länger andauern als das zweijährige Minimum.

Derzeit sehen wir eine Wahrscheinlichkeit von weniger als 10%, dass der Euroraum bzw. der 'Euro-Warteraum' WKM II bis Mitte der 2020er Jahre in CE/SEE wachsen wird. Selbst bis Ende der 2020er Jahre sehen wir nur eine Chance von knapp 30%. Die skizzierten Werte implizieren, dass wir erst ab oder nach 2030 Euro-Beitritte mit einer Wahrscheinlichkeit von (über) 60% sehen. Nur in Rumänien sehen wir eine Wahrscheinlichkeit von mehr als 50%, dass ein Euro-Beitritt bis 2030 eingeleitet werden könnte, in Tschechien erwarten wir dies mit 75% nicht.

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Eine umfassende (englischsprachige) Analyse zu den Europerspektiven in CE/SEE, gemeinsam erstellt in Kooperation mit den Analystenteams in Tschechien, Ungarn, Polen und Rumänien und mit wertvollen Einblicken von vor Ort, finden Sie auf unserem Raiffeisen Research Portal hier (Login erforderlich):

€-Flirts in CE/SEE - a never-ending (love) story

Unseren (englischsprachigen) Standpunkt zum Eurobeitrittsausblick für Kroatien finden Sie (frei zugänglich) hier:

Croatia - (not so) optimal euro area candidate.

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Raiffeisen Bank International AG published this content on 28 January 2021 and is solely responsible for the information contained therein. Distributed by Public, unedited and unaltered, on 28 January 2021 17:19:00 UTC.