--Prosieben senkt künftige Ausschüttungsquote

--Neuer Finanzvorstand kommt von United Internet

--Verhaltener Ausblick auf 2023

--"Erhebliche Belastungen" aus Jochen-Schweizer-Problemen möglich

(Durchgehend neu mit Ausblick 2023, Zahlen 2022, Vorstandswechsel, Jochen Schweizer)

Von Matthias Goldschmidt

FRANKFURT (Dow Jones)--Die Anleger der Prosiebensat1 Media SE müssen sich auf niedrigere Dividenden einstellen - nicht nur für 2022, sondern auch darüber hinaus. Der MDAX-Konzern strich die Ausschüttung für das vergangene Jahr zusammen und änderte die Dividendenpolitik. Zudem meldete der Konzern schwache Zahlen für 2022 sowie einen verhaltenen Ausblick und tauschte den Finanzvorstand aus.

Prosieben hatte die ursprünglich für Anfang März geplante Zahlenvorlage für 2022 wegen regulatorischer Unregelmäßigkeiten bei der Tochter Jochen Schweizer mydays verschoben. Dadurch verschieben sich auch die Hauptversammlung auf den 30. Juni und die für den 11. Mai geplante Veröffentlichung der Erstquartalszahlen auf Ende Mai.

Die Jochen-Schweizer-Angelegenheit ist für Prosieben noch nicht ausgestanden. Zwar hat die Tochter ihr Geschäft angepasst, um Bedenken der Aufsicht auszuräumen. Es läuft aber im Konzern eine interne Untersuchung, um mögliches Fehlverhalten aufzudecken. Außerdem hat die Staatsanwaltschaft München I einen Beobachtungsvorgang eingeleitet. Die möglichen finanziellen Belastungen für den Konzern seien derzeit "noch nicht abschätzbar, könnten aber erheblich sein", so Prosieben.


   Dividende sinkt auf 5 Cent von 80 Cent 

Für 2022 will Prosieben wegen der schwachen Entwicklung im vergangenen Jahr und des verhaltenden Ausblicks auf 2023 nur noch eine Dividende von 5 Cent je Aktie zahlen nach 80 Cent im Vorjahr. Künftig will der Konzern nur noch 25 bis 50 Prozent des bereinigten Konzerngewinns ausschütten. Bisher lag die Quote bei 50 Prozent. Prosieben verwies auf einen besonderen Fokus auf ein angemessenes Verschuldungsniveau sowie Investitionserfordernisse.

Der Konzern hat auch weiterhin mit einem schwachen Werbeumfeld zu kämpfen. Im vergangenen Jahr sackten die Werbeerlöse um 6 Prozent ab, allein im vierten Quartal um 12 Prozent. Auch im laufenden Jahr rechnet das Unternehmen mit einem Rückgang der Werbeerlöse in der Sparte Entertainment um rund 2 Prozent. Die TV-Werbeerlöse, die darin enthalten sind, dürften im mittleren einstelligen Prozentbereich nachgeben. Nach einem schwachen Jahresauftakt 2023 rechnet Prosieben mit einer Erholung im zweiten Halbjahr.

Dennoch erwartet Prosieben im Gesamtjahr einen in etwa stabilen Umsatz von 4,1 Milliarden Euro, wobei Abweichungen von 150 Millionen Euro nach oben oder unten möglich sind. Das bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA), die zentrale operative Steuerungsgröße, soll bei rund 600 Millionen Euro liegen, plus oder minus 50 Millionen. Nach Belastungen im ersten Halbjahr sollte das EBITDA im weiteren Jahresverlauf aufholen.


   Deutlicher Umsatzrückgang im Entertainment-Segment 

Profitieren will der Konzern dabei auch von Kostensenkungen. Der seit November vergangenen Jahres amtierende Vorstandschef Bert Habets hatte Ende März einen Stellenabbau in noch nicht genannter Höhe angekündigt.

Im vergangenen Jahr sackte der Umsatz um 7,4 Prozent auf 4,16 Milliarden Euro ab. Das bereinigte EBITDA brach um knapp ein Fünftel auf 678 Millionen Euro ein. Der bereinigte Gewinn sank um 17 Prozent auf 301 Millionen Euro.

Im größten Segment Entertainment, das das lineare Fernsehen beinhaltet, sanken die Erlöse um 7 Prozent auf 2,9 Milliarden Euro. Organisch, also bereinigt um Währungs- und Portfolioeffekte, betrug das Minus 4 Prozent.

Im Segment Commerce & Ventures, in dem der Konzern Portale und Online-Shops wie Verivox, Flaconi und Jochen Schweizer bündelt, sank der Umsatz auf 757 Millionen Euro, ein organischer Rückgang um 4 Prozent.


   Finanzvorstand mit IPO-Erfahrung 

Im Bereich Dating & Video, das die Parship Meet Group mit ihren Dating-Portalen beinhaltet, lag der Umsatz bei 518 Millionen Euro und damit 4 Prozent niedriger als im Vorjahr.

Prosieben will sich perspektivisch von Parship Meet trennen, aktuell ist ein Börsengang aber "keine realistische Option", wie Habets Ende März gesagt hatte. Wohl auch für den Fall, dass ein Börsengang wieder auf den Tisch kommt, hat sich der Konzern die Dienste eines erfahrenen Managers gesichert. Der Konzern kündigte am Donnerstagabend an, dass Martin Mildner, zuletzt bei United Internet tätig, zum 1. Mai neuer Finanzvorstand wird und damit Ralf Peter Gierig ablöst. Prosieben hob in der Mitteilung hervor, dass Mildner die United-Internet-Tochter Ionos erfolgreich an die Börse gebracht habe.

(Mitarbeit: Eric Reinhard und Jürgen Hesse)

Kontakt zum Autor: matthias.goldschmidt@wsj.com

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April 28, 2023 01:45 ET (05:45 GMT)