Von Jacky Wong

SYDNEY (Dow Jones)--Chinas Straßen wurden lange von Autos deutscher Premiummarken von BMW bis Mercedes-Benz dominiert. Damit ist es vorbei. Ein aktueller Streit zwischen Porsche und seinen Händlern in der Volksrepublik wirft ein Schlaglicht auf die Probleme, mit denen selbst einige der weltweit führenden Hersteller auf dem größten Automarkt der Welt inzwischen zu kämpfen haben.

Lokalen chinesischen Medien zufolge haben sich zuletzt einige Porsche-Händler geweigert, ihre Lagerbestände aufzustocken. Sie hätten dafür zusätzliche Preisnachlässe verlangt. In einer gemeinsamen Pressemitteilung von Porsche und seinen Händlern in China las sich das in der vergangenen Woche so: Man sei mit komplexen Problemen konfrontiert, werde aber gemeinsam nach wirksamen Wegen suchen, um auf die Marktveränderungen zu reagieren.

In der Tat sind chinesische Autohäuser in einer ziemlich schlechten Verfassung. Angesichts eines brutalen Preiswettbewerbs bleibt ihnen keine andere Wahl, als den Kunden große Rabatte anzubieten, um ihre Autos verkaufen zu können. Meidong, ein Händler von Marken wie Porsche und BMW, sah seine Bruttogewinnspanne beim Verkauf von Neuwagen im vergangenen Jahr auf minus 0,6 Prozent fallen, nachdem sie 2021 noch 6,8 Prozent betrug. Das Unternehmen, das in Hongkong an der Börse notiert ist, hat seit dem Höchststand vor drei Jahren 94 Prozent seines Wertes verloren. Wenn die Autohändler also überleben sollen, müssen die Hersteller ihnen auf Kosten der eigenen Margen größere Rabatte auf die gelieferten Fahrzeuge gewähren.


   Ein Viertel weniger Autos zum Jahresbeginn verkauft 

Der Porsche-Absatz in China ist im ersten Quartal um 24 Prozent gegenüber dem Vorjahr gefallen. Mit dieser schwachen Entwicklung ist der erfolgsverwöhnte Hersteller nicht allein. Zeitgleich gingen auch die Auslieferungen von Ferrari um 25 Prozent zurück. Mercedes-Benz und BMW verkauften im Auftaktquartal ebenfalls weniger Autos in China als im Vorjahr.

Der Zusammenbruch des chinesischen Immobilienmarktes und die danach folgende Abkühlung der Wirtschaft fordern ihren Tribut nun auch bei hochpreisigen Konsumgütern. Auch für Marken wie LVMH und Gucci läuft es in letzter Zeit schlechter.

Beim Automarkt kommt hinzu, dass sich Kaufgewohnheiten mit dem rasanten Aufstieg der Elektroautos in China grundlegend verändert haben. Im April entfielen in China nach Angaben der China Passenger Car Association 44 Prozent der verkauften Autos auf Fahrzeuge mit Antrieben jenseits reiner Verbrennungsmotoren - also Elektroautos und Plug-in-Hybride. Zwar sind bei hochpreisigen Fahrzeugen ab einem Kaufpreis von 350.000 Yuan (umgerechnet knapp 45.000 Euro), wo der Markt bislang von deutsche Marken dominiert wird, Elektromodelle laut den Analysten von Bernstein nur halb so stark vertreten, wie im Gesamtmarkt. Doch selbst hier könnte sich die Situation schnell ändern.

Denn bei günstigeren Fahrzeugen haben chinesische E-Automarken schnell Marktanteile hinzugewonnen. Bernstein schätzt, dass deutsche Marken bei Fahrzeugen mit Kaufpreisen ab 250.000 Yuan, umgerechnet 32.000 Euro, im vergangenen Jahr noch 45 Prozent des Marktes gehabt haben, verglichen mit 60 Prozent im Jahr 2020.


   Kampf um Marktanteile im E-Auto-Geschäft in vollem Gange 

Tesla hat ihnen Anteile abgenommen, aber auch chinesische Elektroauto-Marken wie Li Auto und BYDs Denza brachten zunehmend Premium-Modelle auf den Markt. Deutsche Hersteller hingegen haben bei der Einführung von E-Fahrzeugen Zeit verstreichen lassen. Überdies legen chinesische Verbraucher zunehmend Wert auf technologische Funktionen wie Infotainment oder Fahrassistenzsysteme, die häufig mit E-Fahrzeugen kombiniert werden.

China war lange Zeit ein lukrativer Markt für deutsche Luxusautohersteller. Ihr Prestige hielt sie auf der Überholspur. Doch jetzt müssen sie härter arbeiten, um nicht hinter die lokale Konkurrenz zurückzufallen.

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June 05, 2024 07:58 ET (11:58 GMT)