Basel (awp) - Der Pharmakonzern Novartis hat sich 2019 mit der Milliarden-Übernahme des US-Biotechunternehmens The Medicines den Cholesterinsenker Leqvio (Inclisiran) ins Portfolio geholt. Zwar wurde das Mittel später als geplant in den USA zugelassen, an das Blockbusterpotenzial glaubt das Management aber weiterhin.

Kurz vor Weihnachten hat auch die US-Zulassungsbehörde grünes Licht für das Mittel gegeben. Wie Marie-France Tschudin im Gespräch mit "Finanz und Wirtschaft" erklärt, will der Konzern im Vertrieb des Wirkstoffs neue Wege gehen. So werde Novartis versuchen, Gesundheitsbehörden und Krankenkassen für den breiten Einsatz des Cholesterinsenkers zu gewinnen, statt wie normalerweise üblich die Marketinganstrengungen auf einzelne Ärzte auszurichten, kündigte die Leiterin des Bereichs Pharmaceuticals im Interview an.

Einen ersten Vertrag hat sie mit der britischen Gesundheitsbehörde NHS geschlossen, die als besonders kostenbewusst gilt. Ziel dieser Vereinbarung ist es, in drei Jahren 300'000 Patienten mit Leqvio zu behandeln. "Für uns ist die Zusammenarbeit bahnbrechend", so Tschudin.

Gleichzeitig betont die Managerin aber auch, dass man mit Blick auf den Umsatz noch nicht zu viel erwarten sollte. So würden derzeit erst einmal Patienten über ihre Hausärzte identifiziert. "Wir schaffen auch Anreizsysteme, damit die Hausärzte ihre Patienten zu uns bringen." Dabei übernehme der NHS sogar viele Aspekte der Identifizierung und Aufklärung der Patienten.

"Im Moment sind allerdings viele Ärzte mit dem Boostern von Covid- Impfstoffen beschäftigt", schränkt Tschudin ein. "Aber wir treffen alle Vorkehrungen, damit es Anfang 2022 losgehen kann."

An der Prognose, dass Leqvio ein Megablockbuster werden könne mit einem Spitzenumsatz von mehr als 5 Milliarden US-Dollar hält auch die Managerin weiter fest. Dabei verweist sie auf Prognosen, wonach "Herz-Kreislauf- Erkrankungen die Gesundheitssysteme bis 2030 weltweit über eine Billion US-Dollar kosten werden." Das sei eine enorme Kostenbelastung für etwas, das in den meisten Fällen vermeidbar sei. "Ein präventives Handeln ist also auch für die Gesundheitssysteme sehr wünschenswert", so Tschudin. Der Wandel werde allerdings nicht von heute auf morgen geschehen und brauche etwas Zeit.

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