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AMELAND (dpa-AFX) - Es ist ein gespenstischer Anblick für die Urlauber auf den niederländischen Inseln Ameland und Terschelling: Dicke Rauchwolken sind am Horizont zu sehen. Noch immer brennt vor der Küste der Autofrachter "Fremantle Highway" - eine ökologische Zeitbombe. Er ist umgeben von Schleppern und Löschbooten, ab und zu kreist darüber ein Flugzeug der Küstenwache. Das unter der Flagge von Panama fahrende Schiff war unterwegs von Bremerhaven nach Singapur, als in der Nacht zu Mittwoch Feuer ausbrach. Die Besatzung konnte das Schiff verlassen. Ein Mensch starb.

Die Situation war am Donnerstag zwar stabil, doch die Spezialisten konnten nicht viel mehr tun als Abwarten. Löschen war überhaupt noch nicht möglich. Aus der Luft wurde kontrolliert, ob die Temperatur gesunken ist. Erst dann können die Bergungsspezialisten an Bord. "Wir können nichts weiter tun als zuschauen, wie sich das mit dem Feuer weiter entwickelt", sagte der Sprecher der Wasserbehörde, Edwin de Feijter.

Schuhkarton aus Stahl

Die "Fremantle Highway" ist wie ein schwimmender Schuhkarton aus Stahl. "Das ist ja eine große Hülle, in der es innen brennt. Ich kann nur von außen Wasser draufgeben, ich komme also nicht rein, ich habe keine Öffnung, wo ich irgendwo sinnvoll Löschmittel einsetzen kann", sagte Lars Tober von der Gesellschaft für Sicherheitstechnik und Schiffssicherheit Ostsee im ZDF-"Morgenmagazin".

Man kann also nur kühlen. Doch von oben geht das nicht - denn dann dringt zu viel Wasser in das Boot. Es könne instabil werden und kentern, befürchtet die Küstenwache - daher hat sie nun auch mit dem Kühlen der Seitenwände aufgehört.

"Die "Fremantle Highway" liegt nun stabil", sagte ein Sprecher der Küstenwache. Der Frachter war zwar am Donnerstag leicht nach Westen abgedriftet und liegt nun etwa 16 Kilometer nördlich der Insel Terschelling. Doch das sei nicht besorgniserregend. Das Schiff ist an einem Schlepper befestigt und liegt außerhalb der Fahrrinne. Die Vorhersagen für Wind und Strömung sind günstig, die Chancen stehen gut, dass der Frachter stabil bleibt.

Ölpest im Weltnaturerbe?

Sollte das Schiff kentern oder auseinanderbrechen, besteht die Gefahr einer Ölpest. "Dann könnten große Mengen Öl in die Nordsee geraten und zu einer Ölkatastrophe führen, die das ganze Ökosystem in Gefahr bringt", warnte der Greenpeace-Meeresbiologe Thilo Maack.

Eine Verseuchung bedroht gerade das Wattenmeer-Gebiet. Es gehört zum Weltnaturerbe der Unesco und beherbergt nicht nur Tausende Tier- und Pflanzenarten, sondern ist auch Rastgebiet für Millionen Zugvögel.

Doch positivere Nachrichten kommen inzwischen aus Den Haag. Der zuständige Minister hält die Gefahr einer Ölpest für die Inseln und Küsten zur Zeit für gering, wie er sagte. Sollte Öl aus dem Frachter ausströmen, würde es sich Richtung Norden in die offene See verbreiten, teilte Minister Harbers dem Parlament mit. Die Vorhersagen für Wind und Strömung sind günstig.

Mögliche Ursache E-Autos

Das Feuer hat möglicherweise in einer Batterie eines elektrischen Autos begonnen. Das geht jedenfalls aus dem Funkverkehr der Rettungskräfte hervor, die in der Nacht zu Mittwoch Kontakt mit dem Kapitän hatten. Das Schiff habe 3783 Autos geladen, teilte die japanische Reederei Kawasaki Kisen Kaisha in Tokio mit. 25 davon sind E-Autos. Doch ob ein E-Auto tatsächlich die Ursache des Feuers war, muss untersucht werden. Verantwortlich dafür ist der japanische Reeder.

In der Falle

Das Fragment aus dem Funkverkehr, den der niederländische TV-Sender RTL veröffentlicht hat, gibt einen Eindruck von den dramatischen letzten Stunden der Besatzung an Bord. Die 23 Männer, die meisten aus Indien, saßen in der Falle. Sie hätten keine Möglichkeit, zu den Rettungsbooten zu gelangen, sagten die Rettungskräfte per Funk. Gegen 2.15 Uhr sollte die Besatzung das Schiff verlassen, drei Rettungsboote waren inzwischen an der Stelle. Gemeinsam mit der Küstenwache und dem Kapitän wurde vereinbart, dass die Männer von Bord springen sollten - etwa 30 Meter in die Tiefe.

Sieben Menschen sprangen und wurden geborgen, doch viele waren verletzt, zeigte sich auf den Rettungsbooten. "Es ist zu hoch, um zu springen, es gibt zu viele Verletzte." Ein Mann überlebte die Evakuierung nicht, er starb auf einem Rettungsboot. Die übrigen 16 Besatzungsmitglieder wurden später per Hubschrauber von Bord geholt./DP/nas