Düsseldorf (Reuters) - Die erste Reform des deutschen Postgesetzes seit 26 Jahren ist besiegelt: Mit der Novelle erhält die Deutsche Post mehr Zeit für die Zustellung von Briefen, zugleich sollen diese die Verbraucher aber zuverlässiger erreichen. Der Bundesrat stimmte den Plänen am Freitag zu. DHL-Chef Tobias Meyer sagte, die Reform schaffe für die Konzerntochter Deutsche Post endlich Klarheit, enthalte aber auch bittere Pillen. Es werde noch Monate dauern, bis die Zustellnetze auf die längeren Laufzeiten umgestellt seien. Am Ziel eines operativen Gewinns (Ebit) von einer Milliarde für das Brief- und Paketgeschäft in der Bundesrepublik hält der Bonner Konzern fest.

In Deutschland werden täglich 60 Millionen Briefe und zehn Millionen Pakete versendet - doch die Zahl der Briefe sinkt, die Verbraucher nutzen verstärkt E-Mails. Mit der Novelle soll weiter eine flächendeckende und erschwingliche Versorgung sichergestellt werden. Um den Wettbewerb auf dem Markt zu verbessern, bekommt die Bundesnetzagentur mehr Kompetenzen. "Wir werden diese Instrumente nutzen und auch weiterhin eine zukunftsfähige Postversorgung und einen fairen Wettbewerb sicherstellen", sagte der Chef des Regulierers, Klaus Müller. Die Arbeitsbedingungen für Paketboten sollen zudem mit dem Gesetz verbessert werden. Die Gewerkschaft Verdi zeigte sich indes enttäuscht, dass ein einzelner Zusteller unter bestimmten Voraussetzungen auch künftig Pakete mit einem Gewicht von mehr als 20 Kilo zu den Verbrauchern bringen muss. Die Zustellung dürfe nicht zu Lasten der Gesundheit gehen.

Bislang mussten mindestens 80 Prozent der Briefsendungen in Deutschland am folgenden Werktag ausgeliefert werden, 95 Prozent mussten nach zwei Werktagen beim Empfänger ankommen. Künftig sollen Standardbriefsendungen zu 95 Prozent am dritten Werktag nach Einwurf und zu 99 Prozent am vierten Werktag den Empfänger erreichen. Damit verzichtet die Post auch auf Nachtflüge in der Briefzustellung. "Längere Laufzeiten machen Nachtflüge nicht mehr erforderlich", hatte DHL-Chef Meyer gesagt. Die Verbraucher werden künftig wohl zu anderen Formaten als dem Massenprodukt Standardbrief greifen müssen, wenn sie sicherstellen wollen, dass eilige Sendungen einen Werktag nach dem Einwurf beim Empfänger sein sollen. Der von der Post angebotene Prio-Brief könnte dies aus preislichen Gründen aber vielleicht nicht sein - nach dem neuen Gesetz fällt hier wohl die Befreiung von der Mehrwertsteuer weg, sagte der DHL-Chef. Vielleicht weichen die Kunden dann auf Einschreiben aus. Denn auch diese werden von der Post als priorisierte Sendungen behandelt.

POST WILL BRIEFPORTO IN DIE HÖHE SCHRAUBEN

Wettbewerber der Post haben dem Dax-Konzern im Großkundengeschäft immer wieder Preisdumping vorgeworfen. Bei der Festlegung des Briefportos für Privatkunden durch die Netzagentur soll es nun neue Regeln geben - und eine Art Preisdeckel. Über die Grenze von maximal einem Euro soll das Porto für den Standardbrief bei der nächsten Runde 2025 nicht steigen können, hieß es zuletzt in Kreisen des Wirtschaftsministeriums. Aktuell kostet das Massenprodukt noch 85 Cent - schon im kommenden Jahr könnte sich das ändern. Die Post drängt auf eine Erhöhung des Portos.

Konkurrenten der Post geht die Novelle nicht weit genug. Der Wettbewerb werde nicht ausreichend gestärkt, erklärte der Bundesverband Paket- und Expresslogistik (BPEX). "Die Wettbewerber im Paketmarkt unterliegen bedauerlicherweise weiterhin nicht den gleichen Bedingungen", kritisierte der BPEX. Ebenso wie DHL begrüßte der Verband aber, dass mit der Novelle eine jahrelange Hängepartie mit Unsicherheiten über die künftige Regulierung der Branche beendet wurde.

(Bericht von Matthias Inverardi und Christian Krämer. Redigiert von Olaf Brenner. Bei Rückfragen wenden Sie sich bittean unsere Redaktion unter berlin.newsroom@thomsonreuters.com (für Politik und Konjunktur) oder frankfurt.newsroom@thomsonreuters.com (für Unternehmen und Märkte).)