Der "Zickzack-Kurs" der letzten Jahre müsse endlich vorbei sein, schimpfte Hans-Christoph Hirt vom Aktionärsberater Hermes am Donnerstag auf der Hauptversammlung in Frankfurt. Es gehe nun darum, das Versprochene konsequent umzusetzen. Ingo Speich vom Top-20-Aktionär Union Investment blies ins selbe Horn und sprach von einem verlorenen Jahrzehnt für die Anteilseigner. "Zwischen Anspruch und Wirklichkeit klafft bei der Deutschen Bank eine riesige Lücke."

Rund 3600 Aktionäre waren in die Festhalle gekommen. Einige machten ihrem Ärger mit lautstarken Zwischenrufen Luft, als Aufsichtsratschef Paul Achleitner betonte, es lohne sich, für die Deutsche Bank zu kämpfen. Vor allem das vergangene Jahr, in dem die Bank eine öffentliche Debatte um Staatshilfe zu überstehen hatte, habe Kraft gekostet, räumte Achleitner ein. "Doch es hat sich gelohnt und es wird sich weiter lohnen. Die Deutsche Bank steht heute eindeutig besser da als noch vor zwölf Monaten."

Das Institut habe dank der jüngsten Kapitalerhöhung um acht Milliarden Euro ein komfortables Polster und mit der neuen Strategie eine klare Perspektive, sagte Achleitner. Die Postbank soll integriert werden, die Vermögensverwaltung möglichst schnell an die Börse gehen. Aktionärsvertreter Klaus Nieding von der DSW forderte den Vorstand auf, mit dem "Herumbasteln" an der Strategie aufzuhören. "Wir wollen jetzt endlich mal geliefert haben." Achleitner sagte, die Führungsmannschaft sei beinahe komplett ausgetauscht worden. Nun sei Kontinuität wichtig, warb er um seine Wiederwahl für weitere fünf Jahre an der Aufsichtsratsspitze.

WER ZAHLT FREIWILLIG?

Allein seit 2012 hat die Deutsche Bank elf Milliarden Euro Kapital bei den Aktionären eingesammelt - und umgekehrt fast 15 Milliarden Euro für die Beilegung von juristischen Altlasten ausgegeben. Einen Teil des Geldes will sich die Bank nun von früheren Top-Managern zurückholen - auf freiwilliger Basis, wie Achleitner sagte. Die Gespräche dazu seien fortgeschritten. In den nächsten Monaten erwarte der Aufsichtsrat eine Regelung, "die einen wesentlichen finanziellen Beitrag der Betroffenen sicherstellt". Namen nannte Achleitner nicht. Finanzkreisen zufolge geht es um etwa zehn Personen, darunter die früheren Vorstandschefs Anshu Jain und Josef Ackermann, Ex-Finanzchef Stefan Krause und Ex-Rechtsvorstand Stephan Leithner. Leithner und Krause waren für eine Stellungnahme nicht erreichbar, Jain und Ackermann wollten sich nicht äußern.

Achleitner hatte Jain, der bei wichtigen Investoren der Bank, aber auch bei den Aufsehern in Ungnade gefallen war, vor zwei Jahren durch den Briten John Cryan ersetzt. Dieser hatte seither quasi nur mit der Vergangenheitsbewältigung zu tun und präsentierte wegen der Umbauarbeiten zwei Milliardenverluste in Folge. Damit soll nun Schluss sein, warb Cryan um das Vertrauen der Anleger. Die größten Skandale seien nun aufgearbeitet. Am schwersten schlug der US-Hypothekenstreit ins Kontor, der allein sieben Milliarden Dollar kostete. "Wir gehen davon aus, dass wir das Schlimmste hinter uns haben", sagte Cryan.

Eine kritische Aktionärin hatte Sonderprüfungen, vor allem zum Skandal über manipulierte Zinsen und zur Geldwäsche-Affäre in Russland gefordert, um die Verantwortung dafür zu klären. Das lehnt die Bank ab, weil sie endlich einen Schlussstrich ziehen will. Cryan betonte, die Deutsche Bank wolle sich wieder auf das Geschäft fokussieren und auf Wachstum umschalten. "Und das in allen Geschäftsbereichen und in den großen Regionen - das heißt: in Asien ebenso wie in Nordamerika und Europa." Großinvestoren wünschen sich mehr Klarheit, wie die Angriffsstrategie genau aussieht. "Wie wollen Sie Marktanteile im Investmentbanking zurückgewinnen? Wie wollen Sie im traditionell hart umkämpften und margenschwachen deutschen Privatkundengeschäft profitabler werden?", fragte Union-Investment-Mann Speich.

KEIN BLANKOSCHECK MEHR

Bauchschmerzen haben große deutsche Fondsgesellschaften mit einem weiteren Freibrief für große Kapitalerhöhungen. Neben Union Investment gehört dazu auch die Fondsgesellschaft Deka aus dem Sparkassenlager, einer der Top-10-Aktionäre der Deutschen Bank. Deka-Fondsmanager Andreas Thomae kündigte an, gegen den Vorratsbeschluss zu stimmen, mit dem die Bank ihr Grundkapital in den nächsten Jahren um 39 Prozent erhöhen könnte, ohne die Aktionäre zu fragen. Die Deka befürworte grundsätzlich maximal 20 Prozent. "Größere Beträge sollten auf einer außerordentlichen Hauptversammlung begründet und beschlossen werden." Damit wollen die großen Fonds mehr Mitsprache bei Fusionen oder anderen strategischen Schritten erzwingen.