Von Ed Frankl

NEW YORK (Dow Jones)--Den europäischen Banken droht kein neuer Crash "à la Lehman". Das sagen mehrere Analysten angesichts der Flut von Negativmeldungen und Marktturbulenzen, die den Schweizer Bankenriesen Credit Suisse Group AG treffen.

Seit dem Wochenende wird in sozialen Medien über einen möglichen Zusammenbruch des in Zürich ansässigen Instituts und Auswirkungen auf den gesamten Finanzsektor diskutiert. Credit-Default-Swaps (CDS) - eine Art Versicherung, die Anleger gegen den Ausfall eines Unternehmens abschließen - schnellten in die Höhe, nachdem ein Memo in Umlauf gebracht worden war, in dem der Vorstandsvorsitzende der Bank, Ulrich Koerner, die Mitarbeiter aufforderte, den fallenden Aktienkurs des Unternehmens nicht mit seiner Liquiditäts- und Kapitalposition zu verwechseln.

Die Aktien der Bank waren am Montag innerhalb eines Tages um bis zu 12 Prozent gefallen, bevor sie sich erholten. Sie haben im bisherigen Jahresverlauf mehr als die Hälfte ihres Wertes verloren.

Analysten wiesen jedoch die Befürchtung zurück, dass die Credit Suisse zusammenbrechen und dies einen Dominoeffekt auf andere Finanzinstitute haben könnte.


  Risiko nicht an CDS messen 

Credit-Default-Swaps (CDS) seien kein perfekter Gradmesser für das Risiko, gerade weil sie Spekulationen unterliegen, so Ipek Ozkardeskaya, Analystin bei Swissquote. Das Thema beeinflusse jedoch die Stimmung der Anleger und könne die finanzielle Belastung einer Bank erhöhen, was in letzter Zeit bei der Credit Suisse der Fall gewesen sei. Dennoch fügte Ozkardeskaya hinzu, dass die Turbulenzen, von denen die Bank betroffen ist, kaum eine Gefahr darstellen, die auch andere Institute schädigen könnte, also für eine Ansteckung der ganzen Branche sorgen könnte.

In der Tat sieht Santander-Chef Jose Antonio Alvarez keine Ansteckungsgefahr, die von der Credit Suisse ausgehe, berichtete Reuters. Dem Bericht zufolge ist die Liquidität in der Branche "außerordentlich hoch".

Trotz der Bedenken bezüglich des Unternehmens sei die Common Equity Tier 1 Ratio der Credit Suisse - ein Maß für die finanzielle Stärke gegenüber Krisen - im Vergleich zu anderen Unternehmen hoch, so Citi-Analyst Andrew Coombs in einer Mitteilung. Ende Juni lag sie bei 13,5 Prozent und damit höher als die 13 Prozent bei der Deutschen Bank AG und die 12,9 Prozent bei der Societe Generale SA.


  Neue Strategie muss her 

Dennoch steht die Credit Suisse weiterhin unter Druck, da die Anleger auf eine überzeugende Strategie warten. Dazu gehörten auch Neuigkeiten zu den Plänen für die angeschlagene Investmentbank, sagte Suvi Platerink Kosonen, Senior Strategist bei ING, da die Bank ihre laufende schmerzhafte Umstrukturierung vorantreibt.

Das Strategie-Update ist fällig, wenn die Bank am 27. Oktober ihre Ergebnisse für das dritte Quartal veröffentlicht. Die Credit Suisse kündigte am Mittwoch an, es sei verfrüht, sich vor diesem Zeitpunkt zu möglichen Ergebnissen der Strategieaktualisierung zu äußern.

Die Bank könnte das Update aber vorziehen, da es Details über den Weg der Bank zurück zur Profitabilität enthalten sollte.

Die Bedenken der Anleger dürften jedoch auch nach der Aktualisierung bestehen bleiben, da die Risiken für die Umsetzung eines jeden Plans hoch bleiben, so ING-Strategin Kosonen. Ein Großteil der Besorgnis um die Credit Suisse sei zwar unternehmensspezifisch. Anleger würden aufgrund des Ausmaßes der jüngsten Aktienkursbewegung der Schweizer aber wahrscheinlich auf der Hut bleiben, insbesondere wenn es darum geht, sich an riskanteren Banken zu beteiligen, sagte Kosonen.

Kontakt zum Autor: unternehmen.de@dowjones.com

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October 06, 2022 02:26 ET (06:26 GMT)